Frankfurter Rundschau, 21.3.2000

Zwang zur "freiwilligen" Ausreise

Menschenrechtler gehen Berliner Flüchtlingspolitik scharf an

BERLIN, 20. März (epd). Die Berliner Flüchtlingspolitik fördert nach Ansicht der Internationalen Liga für Menschenrechte und des Flüchtlingsrates Berlin die Ausgrenzung von Asylsuchenden und Bürgerkriegsflüchtlingen. Rassistisch motivierte Angriffe würden indirekt unterstützt, indem Gruppen von Menschen aus der übrigen Gesellschaft ausgeschlossen und isoliert werden, heißt es in einer am Montag in Berlin verbreiteten Erklärung der beiden Organisationen zum Anti-Rassismus-Tag der UN am Dienstag. So würden beispielsweise in den Berliner Abschiebegefängnissen Migranten "unter menschenunwürdigen Bedingungen" gefangen gehalten. Inhaftierung und Kriminalisierung seien zum "regelmäßigen Begleitumstand" zur Durchsetzung der Ausreisepflicht geworden. Besonderes kritisierten der Flüchtlingsrat und die Liga für Menschenrechte die Arbeit des Polizeiärztlichen Dienstes gegenüber Hungerstreikenden in der Abschiebehaft. Betroffene erhielten oftmals eine nur unzureichende Versorgung. Das Asylbewerberleistungsgesetz schließe Gruppen "vom üblichen sozialen Versorgungssystem" aus. In Berlin werde es dazu angewandt, um Flüchtlinge systematisch durch Kürzung oder Entzug sozialer Leistungen zur "freiwilligen" Ausreise zu zwingen.

Zur "Altfallregelung" heißt es weiter, sie sei völlig unzureichend und verkenne die Situation von Flüchtlingen, die sich seit Jahren im Asylverfahren befinden. Die Koppelung der Aufenthaltsgenehmigung an ein Arbeitsverhältnis führe dazu, dass es kaum Flüchtlinge gibt, die davon profitieren können. Die Menschenrechtler fordern unter anderem eine Aufhebung der rechtlichen Sonderstellung von Flüchtlingen und eine "menschenwürdige Umsetzung" der Gesetze.