Frankfurter Rundschau, 21.3.2000

Iran: Kurden angeblich reserviert gegen Reformer

aud FRANKFURT A. M., 20. März. In den kurdischen Regionen Irans haben die als Reformer eingestuften Anhänger von Staatspräsident Mohammad Khatami bei den jüngsten Parlamentswahlen nicht die Mehrheit der Sitze erreichen können. Das ist das Ergebnis einer Analyse der Fach-Agentur "Kurdish Media". Anders als in Teheran und dem übrigen Iran konnten vielmehr konservative Abgeordnete die Schlüssel-Sitze erringen und sie erhielten ebenso viele Stimmen wie die Reformer, heißt es dort. Insgesamt sei die Wahlbeteiligung der Kurden von 70 Prozent bei der Präsidentenwahl auf 60 Prozent zurückgegangen. Habe Khatami selbst noch 70 Prozent der abgegebenen Stimmen erhalten, so hätten es seine Parteigänger jetzt nur noch auf 40 Prozent gebracht. Das ergebe hochgerechnet auf die Gesamtzahl kurdischer Wahlberechtigter einen Rückgang von 50 auf 24 Prozent. Dies sei umso erstaunlicher, als die beiden großen Kurdenparteien, die Demokratische Partei (KDP/I) und die linke Komala aufgerufen hätten, sich an der Wahl zu beteiligen. Immerhin hätten kurdische Parteien erst zum zweiten Mal Kandidaten aufstellen können, von denen allerdings die Mehrheit vom konservativen Kontrollgremium nicht zugelassen worden seien. Einige Kandidaten müßten sich auch noch der Stichwahl stellen, von der ungewiss sei, ob sie überhaupt durchgeführt werde. Die Reserviertheit der Kurden gegenüber Khatami geht der Analyse zufolge darauf zurück, dass dieser seine Versprechungen besonders im Hinblick auf die Zulassung kurdischsprachigen Unterrichts noch nicht erfüllt habe. Nicht erst seit den Morden an Kurdenpolitikern und sunnitischen Geistlichen im Kurdengebiet herrsche dort Reserviertheit gegenüber der islamischen Führung. Auch sei Khatamis Vergangenheit als Kultusminister in der Zeit ultra-konservativer Mehrheiten nicht vergessen.