Tagesspiegel, 18.3.2000

USA reichen Irans Führung die Hand

Außenministerin Albright kündigt Lockerung der Sanktionen an

Die USA wollen nach dem Sieg der Reformer bei der Parlamentswahl in Iran einen Neuanfang in den bislang sehr gespannten Beziehungen zur Teheraner Führung einleiten. Außenministerin Madeleine Albright kündigte am Freitag in einer als bedeutetend eingestuften Rede eine Lockerung der Wirtschaftssanktionen an. Außerdem entschuldigte sie sich indirekt für die Rolle der USA bei einem Putsch im Jahr 1953 und im Krieg zwischen Iran und Irak. In ihrer Ansprache vor dem Amerikanisch-Iranischen Rat in Washington rief Albright die iranische Führung dazu auf, zusammen mit den USA ein neues Kapitel in der Geschichte der bilateralen Beziehungen aufzuschlagen. Sie lobte den "erfrischenden Wind" der Demokratisierung in Iran. In den vergangenen Jahren habe es drei demokratische Wahlen gegeben, iranische Frauen hätten sich inzwischen mehr Rechte erkämpft und die Presse berichte immer selbstbewusster.

Allerdings gebe es auch noch Schattenseiten. So seien im Herbst 1998 mehrere kritische Journalisten und Schriftsteller ermordet worden, und es gebe noch immer religiöse Unterdrückung. Dennoch hätten sich die USA nach dem Sieg der Reformer bei den Wahlen zu einer Annäherung entschlossen.

Als Zeichen des guten Willens kündigte sie eine schnelle Lösung für die eingefrorenen iranischen Guthaben in den USA an. Eine Freigabe der 1979 nach der Besetzung der amerikanischen Botschaft eingefrorenen Guthaben gilt als ein besonders wichtiges Signal für die iranische Führung. Nach Angaben aus Teheran handelt es sich um zehn Milliarden Dollar (20 Milliarden Mark). Die US-Regierung spricht von deutlich weniger. Außerdem kündigte sie die Aufhebung der Sanktionen für Teppiche, Kaviar und Pistazien an. Das sind nach Öl die wichtigsten iranischen Ausfuhrgüter.

Albright baute den iranischen Reformern eine weitere Brücke, indem sie die Rolle der USA in der Geschichte Irans kritisch kommentierte. So kritisierte sie die Rolle des amerikanischen Geheimdienstes CIA beim Putsch von 1953 gegen die damalige linke iranische Regierung und die Wiedereinsetzung des Schahs. Bei der Unterstützung des Schahs gestand die US-Außenministerin auch Fehler ein. Damit sei das Land wirtschaftlich weitergekommen, doch habe das Regime die Opposition brutal unterdrückt.

Die Unterstützung Bagdads im iranisch-irakischen Krieg von 1980 nannte Albright "kurzsichtig". Allerdings hätten auch die USA tragische Ereignisse hinnehmen müssen, etwa die Besetzung der US-Botschaft in Teheran 1979. Jetzt gehe es darum, die Mauer des Misstrauens niederzureißen. "Wir können keine umfassende Beziehung auf der Basis von Teppichen und Weizen allein aufbauen." Aber es sei wichtig, einen neuen Weg einzuschlagen. Dazu seien die USA bereit.