Süddeutsche Zeitung, 18.3.2000

"Keine Entscheidung der Türkei für Leopard"

Von Kurt Kister

Berlin - Die Rüstungsfirma Krauss-Maffei-Wegmann hat bei der Bundesregierung eine Voranfrage über die Lieferung von 1000 Kampfpanzern des Typs Leopard II A 5 an die Türkei gestellt. Zwar hat Ankara noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob es den in einem Wettbewerb mit anderen Panzern befindlichen Leopard kaufen will. Nach Auskunft eines Sprechers von Krauss-Maffei ist damit erst im Sommer zu rechnen. Eine Voranfrage aber ist beim Export von Rüstungsgütern der erste Schritt im politischen Prüfprozess, an dessen Ende eine Entscheidung im Bundessicherheitsrat (BSR) steht. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye sagte, an den "Bedingungen und Erwartungen der Bundesregierung" gegenüber der Türkei habe sich nichts geändert.

Der Beschluss zur Lieferung eines Testpanzers an die Türkei hatte im Oktober zu einer schweren Koalitionskrise geführt. Im BSR waren damals Außenminister Joschka Fischer und Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul von Bundeskanzler Gerhard Schröder sowie den Ministern für Verteidigung und Wirtschaft, Rudolf Scharping und Werner Müller, überstimmt worden. In der Folge dieses Krachs änderte die rot-grüne Koalition die Richtlinien für den Rüstungsexport, in denen jetzt die Menschenrechtslage in einem Empfängerland ein zentrales Entscheidungskriterium ist.

Die Grünen lehnen den Export der Kampfpanzer an die Türkei nach wie vor entschieden ab. Der seit Freitag in Karlsruhe tagende Bundesparteitag der Grünen wird vermutlich einen negativen Beschluss dazu fassen. Auch im Kanzleramt wird darauf hingewiesen, dass seit der Lieferung des Testpanzers keine wirkliche Verbesserung der Menschenrechtslage in der Türkei eingetreten sei. Der Eingang der Voranfrage sowie deren promptes Bekanntwerden zu diesem Zeitpunkt wird in Schröders Umgebung als "nicht gerade förderlich" für das Anliegen von Krauss-Maffei gesehen.