Frankfurter Zeitung, 17.3.2000

EU-Parlament fordert Grundrechte-Charta

Ruf nach Klagerecht für Unionsbürger vor Gerichtshof / Menschenrechtsverletzungen gerügt

STRASSBURG, 16. März (afp). Das Europaparlament hat einen verbindlichen und von den EU-Bürgern einklagbaren Grundrechts-Katalog als Teil der Unionsverträge gefordert. Die geplante Grundrechte-Charta, die derzeit von einer Arbeitsgruppe unter Leitung des früheren deutschen Bundespräsidenten Roman Herzog erarbeitet wird, dürfe nicht nur eine "informelle Erklärung" bleiben, mahnte die EU-Volksvertretung am Donnerstag in einer Entschließung. Vielmehr müssten die Bewohner der Union die Möglichkeit erhalten, ihre Bürgerrechte vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg einzuklagen. Zugleich beklagte die Straßburger Versammlung eine Reihe von Menschenrechtsverletzungen in EU-Mitgliedstaaten. Nach Auffassung der Euro-Abgeordneten sollte die EU-Charta auch "politische, soziale und wirtschaftliche" Grundrechte auflisten, die in der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht enthalten sind. Außerdem müsse der "innovative" Text Schutzmechanismen gegen Missbräuche durch neue Technologien, vor allem im Bereich von Gentechnik und Kommunikation, enthalten.

Verankert werden sollten nach Aufassung der EU-Volksvertretung auch das Recht der Bürger auf Schutz ihrer Umwelt. Die Charta müsse schließlich das Recht der Frauen auf Gleichstellung enthalten. Der Text solle den "Grundstein zu einer gemeinsamen europäischen Verfassung" legen, betonte der österreichische Grüne Johannes Voggenhuber, der den Bericht erarbeitete.