taz, 17.3.2000

AUSLÄNDISCHE FRAUEN ERHALTEN EIGENES AUFENTHALTSRECHT

Respekt vor der Würde der Frau

Da können die Kerle von der Unionsfraktion noch so viel meckern: Die Änderung des Paragrafen 19 des Ausländergesetzes ist ein großer Schritt nach vorn - vor allem für die Frauen. Auch wenn es formal um das Aufenthaltsrecht von Ehegatten geht, in der Praxis waren bislang vor allem die Frauen die Leidtragenden. Bisher galt: Entweder die Frauen ließen sich weiter von ihren Ehemännern verprügeln und vergewaltigen, weil bleibende körperliche Schäden angeblich nicht zu erkennen wären, oder sie riskierten, zurück in ihre Heimat geschickt zu werden. Dorthin, wo sie als geschiedene Frau geächtet sind oder gar ihr Leben bedroht ist. Mit der Neuregelung müssen Migrantinnen sich also nicht länger zwischen Pest und Cholera entscheiden.

Nach dem neuen Gesetz haben sie ein Recht darauf, in Deutschland zu bleiben und ein menschenwürdiges Leben zu führen. Sie können sich von ihrem Mann trennen, ohne Angst haben zu müssen, ausgewiesen zu werden. Egal in welchem Bundesland sie leben. - Für eine moderne Zivilgesellschaft ist das ein längst überfälliges Recht.

Erstmals wird im Ausländergesetz auch das Wohl des Kindes mit dem Aufenthaltsrecht von Vater oder Mutter verbunden. Das kommt einer kleinen Revolution gleich. Auch Migrantenkindern wird nun das Recht zugesprochen, mit ihren Eltern in Kontakt zu bleiben, selbst wenn diese sich trennen. Für die Interessen von Kindern bedeutet das Gesetz einen wichtigen und richtigen Schritt nach vorn.

Problematisch bleibt die Situation für Ausländerinnen, die per Katalog an einen deutschen Ehepartner vermittelt worden sind. Der deutsche Mann, dem seine georderte Ehefrau nicht gefällt, wird sie auch weiterhin ohne größere Konsequenzen "umtauschen" können - wenn auch nur noch in den ersten zwei Jahren und nur dann, wenn sie keine besondere Härte geltend machen kann. Um diese Unmenschlichkeit zu unterbinden, müssen andere Gesetze her. Also heißt es weitermachen auf dem Weg, den die rot-grüne Regierung eingeschlagen hat: Gewalt gegen Frauen deutlich stärker zu sanktionieren, als das bisher der Fall war.

KARIN NINK