Bieler Tagblatt (CH), 11.3.2000

«Dies ist ein Komplott gegen uns»

Die Festnahme von drei Bürgermeistern der Pro-Kurden-Partei Hadep sorgte im Januar in der Türkei und im Ausland für Aufsehen. Feridun Celik, Diyarbakirs Bürgermeister, kam inzwischen wieder frei.

Interview: Jan Keetman

Wie wurden Sie zum Bürgermeister von Diyarbakir gewählt? Feridun Celik: Wir hatten hier einen sehr schwierigen Wahlkampf zu bestehen. Wir konnten keine Plakate aufhängen, und wir konnten keine Wahlveranstaltungen abhalten; aber alle anderen Parteien konnten dies tun. Trotzdem haben über 65 Prozent der Wählerinnen und Wähler in Diyarbakir mich schliesslich gewählt. Können Sie schildern, wie es zu Ihrer Festnahme kam? Ich war auf einer kommunalpolitischen Tagung in Hannover. Als ich zurückkam, erfuhr ich, dass die schwedische Aussenministerin Lindh mich sprechen wollte; so fuhr ich nach Ankara, um sie zu sehen. Zurückgekehrt nach Diyarbakir, besuchten mich zwei Vertreter der Botschaft von Kanada. Am Mittag des gleichen Tages fuhr ich dann mit dem Auto am Gebäude des Gouverneurs vorbei. Vier Personen mit Funkgeräten stoppten dort mein Auto. Sie sagten, ich sei festgenommen. Aber ich antwortete, dies könne nicht sein. Inzwischen kamen Gendarmen mit einem zivilen Fahrzeug. Ich sagte erneut, dass ich die Festnahme nicht akzeptieren würde. Es strömte viel Volk zusammen. Ich verlangte, dass wir zur Staatsanwaltschaft gingen. Weder der diensthabende Staatsanwalt noch der Oberstaatsanwalt waren an ihrem Platz. Zwar war der Dienstwagen da, aber das Büro war abgeschlossen. Ich versuchte den Innenmi- nister anzurufen, der war aber an einer Sitzung. Man nahm mir dann das Telefon weg und brachte mich auf die Gendarmerie. Diese ganze Sache ist ein völliges Komplott gegen uns - es gibt keine konkreten Erkenntnisse oder Beweise gegen uns.

Ministerpräsident Bülent Ecevit hat Sie heftig kritisiert und Ihnen vorgeworfen, sich in die Politik einzumischen. Dies stünde einem Bürgermeister nicht zu. In Diyarbakir haben ungefähr 50 Prozent der Wähler bei den Parlamentswahlen die Hadep-Partei gewählt. Und wenn es nicht diese landesweite 10-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament gäbe, hätte die Hadep-Partei in Diyarbakir sieben Parlamentarier bekommen. So konnte nur ein Hadep-Bürgermeister vom Volk gewählt werden. Das Volk sieht den Bürgermeister nicht nur als Bürgermeister, sondern auch als seinen Politiker an. Die Leute haben mich nicht nur für lokale Dienstleistungen gewählt. Wir haben auch als lokale Politiker das Recht, Politik zu machen. Wir haben keine schlechte Politik gemacht. Wir haben bei unseren Gesprächen mit ausländischen Botschaften immer gesagt, dass wir Frieden, Demokratie und den Eintritt der Türkei in die Europäische Union wollen. Aber nun wird so getan, als hätten wir in unsern Gesprächen den Separatismus gefördert, als würden wir versuchen, einen anderen gesetzlichen Status für uns zu gewinnen. Dabei ist alles, was wir tun, klar und offen. Wenn es einem Bürgermeister verboten sein soll, sich mit Botschaftern zu treffen, so soll man es wirklich verbieten und das Verbot schriftlich festhalten.