taz, 4.3.2000 Seite 2

Raus ist raus ist raus

"Mehmet" darf nicht zurückkehren. Seine Abschiebung durch die Stadt München ist nicht zu beanstanden, urteilt das Verwaltungsgericht

von CHRISTIAN RATH

Der "Mehmet" genannte jugendliche Serienstraftäter Muhlis A. darf nicht nach Deutschland zurückkehren. Dies entschied gestern das Verwaltungsgericht München. Der in Deutschland aufgewachsene Junge war 1998 im Alter von 14 Jahren ohne seine Eltern in die Türkei abgeschoben worden. Als strafunmündiges Kind hatte Mehmet bereits rund 60 Straftaten begangen.

Die Stadt München versuchte zuerst, Mehmets Eltern (und damit auch den Sohn) in die Türkei abzuschieben. Den Eltern, die schon mehr als 25 Jahre in Deutschland lebten, warf sie eine Verletzung ihrer Erziehungspflicht vor. Dieses groteske Vorhaben wurde jedoch von den Gerichten gestoppt. Die Stadt unternahm allerdings sofort einen neuen Anlauf, Mehmet loszuwerden. Als dieser bereits kurz nach seinem 14. Geburtstag erneut einen Raub verübte, wurde er ohne seine Eltern abgeschoben. Im einstweiligen Rechtsschutz war dies von den bayerischen Verwaltungsgerichten gebilligt worden, auch das Bundesverfassungsgericht wollte aus formalen Gründen nicht eingreifen.

Mit der gestrigen Entscheidung hat sich nun erstmals ein Gericht im Hauptverfahren geäußert. Das Münchener Verwaltungsgericht unterstützte dabei die Sicht der Stadt. Deren "Ermessensentscheidung" sei nicht zu beanstanden.

In der Verhandlung war es - unter Ausschluss der Öffentlichkeit - vor allem um die Frage gegangen, ob man mit Mehmet mehr Geduld hätte haben müssen. Sein Anwalt Alexander Eberth nannte die Abschiebung "vorschnell" und forderte eine Rückkehr seines Schützlings, der inzwischen "geläutert" sei. Die Stadt hielt dagegen, dass es auf Mehmets straffreies Leben in der Türkei nicht mehr ankomme.

Anwalt Eberth will nun den Weg durch die Instanzen gehen, zuerst zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Dort wird es dann stärker um die Grundsatzfrage gehen, unter welchen Umständen ein hier aufgewachsener Jugendlicher überhaupt in ein fremdes "Heimatland" abgeschoben werden kann. Die Stadt München hatte den besonderen Ausweisungsschutz für Jugendliche umgangen, indem sie einfach Mehmets Aufenthaltserlaubnis nicht verlängerte. Auf diesem Weg könnten Jugendliche sogar leichter abgeschoben werden als Erwachsene, da sie rechtlich gar nicht die Möglichkeit haben, unbefristete Aufenthaltsrechte zu erlangen. Die Leiterin des Münchener Ausländeramtes, Claudia Vollmer, hält dies für sachgerecht: "Man muss ja erst mal sehen, wie die Jugendlichen sich entwickeln."