Frankfurter Rundschau, 3.3.2000

Die Schotten dicht

Wie Dänemarks "Liberale" das harte Ausländerrecht noch härter machen wollen

Von Hannes Gamillscheg (Kopenhagen)

Der Vorschlag, das Asylrecht ganz abzuschaffen, ist der jüngste Auswuchs der immer hysterischer werdenden dänischen Ausländerdebatte: Flüchtlinge sollen nun nicht mehr in Dänemark um Schutz bitten, sondern nur noch von Flüchtlingslagern aus ihren Asylantrag stellen dürfen.

Der Vorschlag stammt von der rechtsliberalen Venstre, der laut allen Umfragen zur Zeit stärksten Partei, deren Chef Anders Fogh Rasmussen alle Chancen hat, nächster Regierungschef zu werden. Der von Venstres Justizsprecherin Birthe Hornbech vorgelegte Plan für eine neue Flüchtlingspolitik löste heftige Proteste auch jener bürgerlichen Parteien aus, die als künftige Koalitionspartner der Rechtliberalen im Gespräch sind. Nur die rechtspopulistische Dänische Volkspartei pries den Vorschlag als "hervorragend". Geht es nach Hornbech, sollen Asylanträge künftig nur noch in Flüchtlingslagern im Nahbereich des Fluchtlandes gestellt werden dürfen. Wer nach Dänemark kommt und dort um Asyl bittet, wird in ein solches Lager zurückgeschickt. Dies sei kein Bruch der Flüchtlingskonvention, meint Hornbech: "Wir sind nur verpflichtet, Flüchtlinge nicht dorthin zurückzuschicken, wo sie verfolgt werden, nicht aber, ihnen Aufenthalt in Dänemark zu gewähren." Die jetzige Politik, in der Flüchtlinge ihr Gastland selbst aussuchten, diene "nur den Menschenschmugglern" und sei "sozial ungerecht".

Doch auch die Insassen der Flüchtlingslager können nicht mit großzügiger Behandlung rechnen: Die Flüchtlinge sollten prinzipiell dort bleiben, bis sie in ihre Heimat zurückkehren könnten, fordert Venstre. Dänemark solle nur "einzelne, besonders bedürftige Familien" aufnehmen, die zum Beispiel besondere ärztliche Hilfe benötigten, sowie gewisse andere, denen man eine Ausbildung anbieten könne, wenn sie sich schriftlich verpflichteten, anschließend wieder heimzukehren.

Die Verwirklichung dieser Vorschläge wäre eine beispiellose Verschärfung der dänischen Asylpolitik, die jetzt schon als die härteste in der EU gilt. Bereits heute hat Dänemark mit administrativen und juristischen Mitteln die Möglichkeit von Asylbewerbern, legal nach Dänemark zu kommen, eliminiert. Da Dänemark keine Grenze zu Fluchtländern hat, kann jeder Einreisende in ein "sicheres Drittland" abgeschoben werden.

Fluggesellschaften, die Asylbewerber ohne gültige Papiere nach Dänemark bringen, werden mit hohem Bußgeld bestraft, weshalb sie sich weigern, Menschen ohne Visa mitzunehmen. Visa aber sind an dänischen Botschaften in "Flüchtlings produzierenden" Ländern praktisch nicht zu bekommen. Birthe Hornbechs Schluss lautet daher: Wer in Dänemark einen Asylantrag stellt - im Vorjahr warenes 5700 -, ist illegal ins Land gekommen. Und das soll nicht belohnt werden.

Als potenzielle Regierungspartner den Vorschlag mit Bemerkungen von "unrealistisch" bis "ungeheuerlich" abkanzelten, relativierte Parteichef Fogh Rasmussen, Dänemark solle die Regeln nicht im Alleingang einführen. Sie sollten vielmehr Grundlage einer künftigen EU-Flüchtlingspolitik sein.