Frankfurter Rundschau, 25.2.2000

Menschenrechtsausschuss stichelt gegen Schily

Streit über Flüchtlingskinder verschärft / PDS scheitert mit Antrag gegen Flughafenverfahren

Von Jörg Schindler

Der Menschenrechtsausschuss des Bundestages hat sich verklausuliert dafür ausgesprochen, unbegleiteten Flüchtlingskindern das umstrittene Flughafenasylverfahren zu ersparen. Unmittelbare Folgen hat das Votum nicht, stellt aber erneut die unnachgiebige Haltung von Bundesinnenminister Otto Schily in Frage.

FRANKFURT A. M., 24. Februar. Die PDS hat im Menschenrechtsausschuss vergeblich beantragt, das Flughafenverfahren abzuschaffen. Der Alltag von Asylsuchenden, die unter haftähnlichen Bedingungen am Flughafen hausen müssen, sei "weitgehend unerträglich"; besonders Minderjährige litten unter den "entwürdigenden" Zuständen, erklärte die PDS. Ihr Antrag wurde von SPD und Union abgeschmettert. Einstimmig wurde dagegen eine Erklärung auf den Weg gebracht, in der der Ausschuss daran erinnert, dass der Bundestag im September eine Rücknahme der deutschen Vorbehalte gegen die UN-Kinderrechtskonvention gefordert habe. Dies müsse für unbegleitete Kinder "materielle Folgen" bei Flughafenverfahren bedeuten. Die verschwommene Formulierung sei durchaus beachtlich, sagte ein Mitarbeiter der grünen Ausschuss-Vorsitzenden Claudia Roth der FR: Mit "materiellen Folgen" sei "nicht gemeint, dass die Tapeten am Flughafen grün gestrichen werden". Vielmehr verberge sich dahinter der Wunsch, unbegleitete Kinder aus dem Flughafenverfahren herauszunehmen. Damit stichele der Ausschuss, inklusive der SPD-Mitglieder, gegen Schily, den das Thema schon jetzt "sichtlich nervt".

Der SPD-Minister behauptet, eine Rücknahme der Vorbehalte gegen die UN-Konvention bliebe folgenlos für das restriktive Ausländerrecht. Der Streit, so ließ Schily am Mittwoch via Sprecher verlauten, gehe um "pure Symbolik", die Vorbehaltserklärung habe nur "deklamatorischen Charakter"; Kindern solle dort geholfen werden, wo sie bedroht seien, das sei "sicher nicht in Deutschland der Fall". Damit, schimpft Pro-Asyl-Sprecher Heiko Kauffmann, widerspreche Schily allen SPD-Äußerungen der letzten Jahre. "Wenn die Vorbehalte wirklich nur symbolischen Charakter hätten, müsste man sich fragen, warum sie die damalige Regierung überhaupt eingelegt hat." Schily offenbare derzeit "beste Kanther-Manier".