Die Zeit online, 24. Februar 2000 - 14.55 Uhr

Haftstrafen für Chefs der HADEP-Partei in Türkei

- Haftbefehl gegen Bürgermeister wegen angeblicher PKK-Nähe

Die türkische Justiz geht weiter hart gegen die pro-kurdische HADEP-Partei vor. Der Parteivorsitzende Ahmed Turan und sein Amtsvorgänger Murat Bozlak wurden am Donnerstag in Ankara wegen Unterstützung der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu Haftstrafen von drei Jahren und neun Monaten verurteilt, wie die Nachrichtenagentur Anadolu meldete. Sie wollen die Urteile anfechten. Wenige Stunden zuvor war gegen drei HADEP-Lokalpolitiker ebenfalls wegen Unterstützung der PKK Haftbefehl erlassen worden. Die Europäische Union protestierte im türkischen Außenamt in Ankara gegen die Inhaftierung der Politiker. Die PKK warf der Türkei eine Kampagne gegen kurdische Organisationen vor.

Demir und Bozlak wurden von einem Staatssicherheitsgericht in Ankara gemeinsam mit 16 weiteren HADEP-Mitgliedern und mehreren anderen Angeklagten wegen ihrer Teilnahme an Hungerstreiks und Protestaktionen verurteilt, mit denen sie Ende 1998 und Anfang 1999 PKK-Chef Abdullah Öcalan unterstützen wollten, der damals auf der Flucht vor dem türkischen Geheimdienst war. Die Urteile in dem Prozess wurden von Richter Turgut Okyay gesprochen, der im vergangenen Jahr auch das Todesurteil gegen Öcalan fällte. Der HADEP droht ein generelles Verbot durch die türkische Justiz, die sie als Ableger der PKK betrachtet.

Mit den Haftbefehlen gegen die drei Bürgermeister von der HADEP setzte sich ein Gericht in der südosttürkischen Stadt Diyarbakir über Forderungen Deutschlands und anderer europäischer Staaten nach Freilassung der drei festgenommenen kurdischen Lokalpolitiker hinweg. Vertreter der EU wurden am Donnerstag im türkischen Außenministerium vorstellig, um gegen die Festnahmen zu protestieren. Die türkische Regierung hatte die Kritik aus dem Ausland in den vergangenen Tagen mit dem Hinweis zurückgewiesen, es handele sich um ein juristisches Verfahren, in die sie sich nicht einmischen könne. Ministerpräsident Bülent Ecevit hielt den Europäern vor, Partei für die PKK und deren Anhänger zu ergreifen.

Die HADEP-Bürgermeister wurden unterdessen in ein Hochsicherheitsgefängnis gebracht, wie einer ihrer Anwälte mitteilte. Bei einer Verurteilung drohen ihnen bis zu fünf Jahre Haft. Die Haftbefehle richten sich gegen den Bürgermeister der Millionenstadt Diyarbakir, Feridun Celik, sowie die Bürgermeister der Städte Bingöl und Siirt, Feyzullah Karaaslan und Selim Özalp. Die HADEP-Lokalpolitiker waren am vergangenen Wochenende festgenommen und dann mehrere Tage verhört worden.