Wiesbadener Tagblatt, 22.2.2000

Akyüz-Anwalt bleibt bei Kritik an Behörden

Kirchengemeinden über Abschiebung "bestürzt"

Winfried Möller, der Anwalt des am Donnerstag in die Türkei abgeschobenen Kurden Abdulcabbar Akyüz, bleibt bei seiner Auffassung, dass die Wiesbadener Ausländerbehörde "vollendete Tatsachen schaffen wollte" und deshalb auf eine schnelle Abschiebung von Akyüz gedrungen habe.

"Vollendete Tatsachen"

Wie berichtet hatte der Gießener Anwalt am Mittwoch erfahren, dass das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Folgeantrag des Kurden abgelehnt hatte. Seinen Eilantrag ans Verwaltungsgericht Wiesbaden habe er nicht per Fax übermittelt, weil er nicht mit einer sofortigen Abschiebung seines Mandanten gerechnet habe.

Mit Unverständnis reagiert der Jurist darauf, dass im ablehnenden Bescheid des Bundesamtes die eidesstattliche Erklärung von Akyüz anscheinend überhaupt nicht zur Kenntnis genommen wurde. Selbstverständlich habe er diese, in der der Kurde erklärt, nach seiner Abschiebung 1998 in der Türkei gefoltert worden zu sein, ans Bundesamt weitergeleitet. Er will gegen den Entscheid klagen. Möller weiß nicht, wo Akyüz sich aufhält. Sein Mandant war nach Istanbul abgeschoben worden.

In einer gemeinsamen Presseerklärung zeigen sich die katholische St. Elisabeth- und die evangelische Kreuzkirchengemeinde "bestürzt" über die Abschiebung. Beide Gemeinden haben seit neun Monaten Kontakt zu der Familie. Man habe den Eindruck, für die Entscheidung des Bundesamt habe das, was der Kurde bei seinem jüngsten Türkei-Aufenthalt erlebt habe, "so gut wie keine Rolle gespielt." "Was muss einem Menschen noch alles zugefügt werden, damit er als politischer Flüchtling gehört und anerkannt wird?" fragen Pfarrer Endter, Pastoralreferent Groß, die Vorsitzende des Kirchenvorstands der Kreuzkirchengemeinde, Christa Graff, und Jochen Herlt, Pfarrgemeinderatsvorsitzender der St. Elisabethgemeinde.

"Verfahren neu aufrollen"

Man erwarte "von den deutschen Behörden, dass Herrn Akyüz ein Visum ausgestellt und seine Sache zweifelsfrei vor einem deutschen Gericht geklärt wird. Wir fordern, das Petitionsverfahren für den Rest der Familie positiv zu entscheiden, damit sie nicht weiter in Angst und Schrecken leben muss, heißt es in dem gemeinsamen Schreiben. Gegebenenfalls müsse das Verfahren neu aufgerollt werden.hol