Süddeutsche Zeitung, 17.2.2000

Einen Tag nach dem Ausscheiden Hans von Sponecks:

Leiterin des Nahrungsmittel-Programms für Irak tritt zurück

Jutta Burghardt kritisierte wiederholt UN-Sanktionen / Diskussion über Strafmaßnahmen neu entfacht

Von Heiko Flottau

Kairo - Nach Hans von Sponeck, dem Koordinator der Vereinten Nationen (UN) für die humanitäre Hilfe im Irak, ist auch Jutta Burghardt, die Vertreterin des UN-Welternährungsprogramms in Bagdad, von ihrem Posten zurückgetreten. Burghardt, die ursprünglich aus dem Ministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit kommt, gehört wie Sponeck zu den Kritikern der gegen den Irak erlassenen Sanktionen. Beide UN-Diplomaten argumentieren, dass die Sanktionen dem irakischen Volk schadeten. Auch erfülle das UN-Hilfsprogramm die Grundbedürfnisse der meisten Iraker nicht. Im Rahmen des Programms darf das Land Öl exportieren und dafür Lebensmittel und Medikamente einkaufen.

Im amerikanischen Außenministerium stießen die Rücktritte der beiden deutschen UN-Diplomaten auf Unverständnis. Sprecher James Rubin sagte, wenn "diese beiden Personen mit ihren guten Absichten über das Schicksal des irakischen Volkes besorgt sind, dann sollten sie unserer Meinung nach ihre Bedenken und ihre Vorwürfe an das irakische Regime richten". Dagegen haben die Rücktritte in Teilen des amerikanischen Kongresses sowie in Frankreich und Russland die Diskussion über die Sanktionen gegen den Irak neu entfacht. In Washington setzten sich 70 Kongress-Abgeordnete bei Präsident Bill Clinton für die Aufhebung des Embargos ein.

Bisher, so argumentierten die Abgeordneten, hätten die Sanktionen nicht zum Sturz von Staatschef Saddam Hussein geführt, sondern lediglich zur Verschlechterung der Situation des Volkes beigetragen. Das französische Außenministerium ließ erklären, die Demissionen der beiden UN-Beamten zeige erneut die Problematik des gegen den Irak gerichteten Embargos. Sponeck und Burghardt hätten nur ausgesprochen, was Beobachtern im Irak ohnehin bekannt sei. Aus dem russischen Außenministerium verlautete, die Rücktritte seien "betrüblich und besorgniserregend". Russland forderte eine Verbesserung der humanitären Situation im Irak.

Das Auswärtige Amt hat die Rücktritte Sponecks und Burghardts "mit einem Ausdruck des Bedauerns" zur Kenntnis genommen, wie es in Berlin hieß. Beide hätten hervorragende Arbeit geleistet. Das Auswärtige Amt habe ein starkes Interesse am Funktionieren des humanitären Programms für den Irak, sagte ein Sprecher. Gleichzeitig forderte Berlin den Irak auf, mit den UN zu kooperieren und die Möglichkeiten der im Dezember vom Sicherheitsrat verabschiedeten UN-Resolution 1284 voll zu nutzen.