Berliner Zeitung, 16.2.2000

Bundesregierung bleibt bei Haltung zum Panzerexport

Türkischer Außenminister Cem nennt den Streit um deutschen Leopard II übertrieben / CSU: Berlin hat intern bereits zugesagt

Ralf Beste BERLIN, 15. Februar. Auch bei einer beschleunigten Entscheidung über Panzerexporte in die Türkei will die Bundesregierung am Kriterium der Menschenrechtslage festhalten. "Die Regierung hat ihre Auffassung und Position nicht geändert", sagte Außenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) am Dienstag nach einem Treffen mit seinem türkischen Amtskollegen Ismail Cem in Berlin. Im Dezember hatte Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) in Ankara erklärt, dass eine Lieferung derzeit nicht in Betracht komme. Auf die Frage nach den Fortschritten bei den Menschenrechten erläuterte Cem, die Türkei habe "sehr viele Reformen im politischen Bereich" eingeleitet und werde noch "einige Beschlüsse der Vereinten Nationen" unterzeichnen. Die Türkei hat zwei Konventionen der Vereinten Nationen von 1966, die die bürgerlichen, sozialen und kulturellen Rechte der Menschen betreffen, nicht unterzeichnet.

Cem beschränkte sich darauf, die türkischen Forderungen im Panzergeschäft anzudeuten. Es liege in der "freien Entscheidung der betreffenden Länder und Firmen", ob sie sich an Ausschreibungen für Waffengeschäfte beteiligen wollen. Die Firmen müssten aber auch die Zusage geben, dass sie das Gerät liefern könnten. Nach Angaben der Minister ist das Rüstungsgeschäft im Gespräch nicht erörtert worden.

In den letzten Tagen hatte es Verwirrung um die Forderung Ankaras nach einer "Exportgarantie" im Falle eines Zuschlages für den deutschen Leopard-II gegeben. Diese Forderung wird offenbar nicht erhoben, weil eine Garantie ohne Einigungen über vertragliche Details wie zum Beispiel dem Weiterverkauf von Waffensystemen nicht gegeben werden kann. Der deutsche Hersteller Krauss-Maffei Wegmann will eine Voranfrage an die Bundesregierung stellen, die laut einem Unternehmenssprecher Teil des Vergabeverfahrens ist. Die türkische Armee will bis Juli entscheiden, welchen Panzer sie in einer Stückzahl von bis zu 1 000 beschaffen will.

Der CSU-Außenpolitiker Christian Schmidt wertete das Verhalten der Bundesregierung als Beleg dafür, dass das Kanzleramt intern bereits eine Zusage an Ankara für die Lieferung der Panzer gegeben habe. "Aus außenpolitischer Sicht muss Kanzler Schröder ein Interesse haben, dass geliefert wird. Er wartet nur auf einen günstigen Zeitpunkt", mutmaßte Schmidt. Schröder hatte einen Türkei-Besuch abgesagt, um eine öffentliche Diskussion über die Panzerexporte zu verhindern.

Über den Kauf von Kampfhubschraubern will die Regierung in Ankara nach Berichten türkischer Zeitungen erst am 6. März entscheiden. An der Ausschreibung mit einem Wert von umgerechnet rund acht Milliarden Mark beteiligt sich auch die deutsch-französische Gemeinschaftsproduktion "Tiger".