Die Welt, 17.2.2000

"Es gibt keinen absoluten Schutz"

Interview mit Berlins Polizeipräsidenten Hagen Saberschinsky

Ein Jahr nach den tragischen Ereignissen am israelischen Generalkonsulat sprach DIE WELT mit Polizeipräsident Hagen Saberschinsky. Das Interview führte Matthias Bieder

DIE WELT: Herr Polizeipräsident, welche Lehren hat die Berliner Polizei aus dem Vorfall gezogen ?

Hagen Saberschinksy: Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir am 17.2.1999 grundsätzlich richtig gehandelt haben. Bis um 13.20 Uhr hatten wir keine konkreten Hinweise auf die Gefährdung israelischer oder jüdischer Einrichtungen. Trotzdem haben wir zu diesem Zeitpunkt über 480 Objekte, darunter 50 jüdische und israelische, zusätzlich geschützt. Als wir dann über den anstehenden Angriff informiert wurden, hatten wir innerhalb von zehn Minuten zusätzlich 23 Mitarbeiter vor Ort, die dann von etwa 75 Kurden brutal zusammengeprügelt wurden. Kurz darauf waren insgesamt 180 Mitarbeiter dort. Dennoch war die polizeiliche Präsenz letztlich nicht groß genug. Wieviel Polizisten man gebraucht hätte, ist fiktiv. Es ist in hohem Maße bedauerlich, dass zum Schluss vier Tote zu beklagen waren. Wir haben ja Menschenleben zu schützen.

Eine Konsequenz, die wir gezogen haben, ist, dass wir uns seit diesem Geschehen bei drohender Gefahr intensiver mit dem Objektbetreiber zusammensetzen. Der Grundschutz wird aber nach wie vor von der Wachpolizei gewährleistet. Wenn eine besondere Gefährdungslage besteht, steht natürlich die gesamte Berliner Polizei zur Verfügung. Aber es gibt eben keinen absoluten Schutz.

DIE WELT: Wie sehen heute die Sicherungssmaßnahmen aus?

Saberschinksy: Wir haben die Sicherung an gefährdeten Orten erhöht und zusätzliche Maßnahmen getroffen, um personell reagieren zu können.

DIE WELT: Erwarten Sie erneute Übergriffe?

Saberschinksy: Wir haben keine konkreten Informationen. Die Gesamtsituation mit der PKK ist den vergangenen Monaten deutlich entspannter. Aber als gebranntes Kind haben wir unsere Maßnahmen deutlich hochgefahren.

DIE WELT: In Zusammenarbeit mit den Kurdenvertretern?

Saberschinksy: Gespräche sind mit einer ganzen Reihe von Leuten geführt worden. Die Berliner Polizei hat da keine Berührungsängste.

DIE WELT: Woran denken Sie im Hinblick auf den 17. Februar?

Saberschinksy: Mir fallen zunächst die vier toten Kurden ein, aber auch die Vielzahl der zum Teil schwer verletzten Polizeibeamten. Als nächstes erinnere ich mich daran, wie man später mit der Polizei umgegangen ist. Das tut einem Verantwortlichen schon sehr weh.