web.de, 15.2.2000

Leiterin des Nahrungsmittelprogramms für Irak zurückgetreten

Jutta Burghardt folgt der Entscheidung Sponecks

Bagdad (AP)

Innerhalb weniger Tage sind zwei deutsche Spitzenfunktionäre der Vereinten Nationen in Irak zurückgetreten. Nach Hans von Sponeck legte am Dienstag die Leiterin des Nahrungsmittelprogramms für Irak, Jutta Burghardt, ihr Amt unter Protest nieder, wie ein Sprecher des Welternährungsprogramms (WFP) der Vereinten Nationen in Rom bestätigte. Die französische Regierung unterstützte unterdessen die Bewertung Sponecks, der die UN-Sanktionen gegen Irak scharf kritisierte und deswegen die Leitung des humanitären Hilfsprogramms in Bagdad niedergelegt hat.

WFP-Sprecher Francis Mwanza sagte, Burghardt habe ihren Entschluss mit persönlichen Motiven begründet. Ein europäischer Diplomat in Bagdad sagte jedoch, Burghart habe dem WFP geschrieben, dass sie ihre Aufgabe angesichts der Leiden der Bevölkerung aufgrund der UN-Sanktionen nicht fortführen könne. Ähnlich wie Sponeck protestiere auch Burghardt mit ihrem Schritt gegen die jüngste Irak-Resolution des UN-Sicherheitsrates. Burghardt selbst war am Dienstag zunächst nicht zu erreichen.

Den Rücktritt Sponecks nahm UN-Generalsekretär Kofi Annan am Montag an. Der Diplomat war unter anderem für das Programm Öl-für-Lebensmittel verantwortlich, das es Irak erlaubt, in begrenztem Ausmaß Öl zu exportieren und mit dem Erlös Lebensmittel für die Bevölkerung einzuführen. Von Sponeck hatte die Sanktionen und das Öl-für-Lebensmittel-Programm öffentlich kritisiert, das nach seinen Worten nicht einmal die Grundbedürfnisse der Iraker erfüllt. Außerdem sprach er sich wiederholt dafür aus, die humanitäre Hilfe von der Frage der Abrüstung Iraks zu trennen. Damit traf er auf heftigen Widerspruch der USA und Großbritanniens.

Eine Sprecherin des französischen Außenministeriums, Anne Gazeau-Secret, sagte jedoch am Dienstag, von Sponeck habe eine zutreffende Bewertung der humanitären Lage in Irak gegeben. Seine Einschätzung entspreche der Meinung aller Beobachter vor Ort. Deswegen dürfe er wegen seines Rücktritts nicht kritisiert werden. Der Sprecher des US-Außenministeriums, James Rubin, sagte hingegen am Dienstag, «diese Individuen mit guten Absichten» hätten ihre Besorgnis über das Schicksal der irakischen Bevölkerung besser dem Regime in Bagdad vorgetragen. Das Programm Öl für Lebensmittel werde planmäßig fortgesetzt.

In einem Interview der Nachrichtenagentur AP sagte von Sponeck, die irakische Regierung trage ebenfalls Verantwortung für das Leiden der einfachen Iraker, die die Last des Ringens mit den Vereinten Nationen zu tragen hätten. «Die wahren Opfer sind auf den Straßen von Bagdad, Basra und Mossul zu finden.»

Die irakische Presse lobte die Entscheidung des UN-Diplomaten. Die Tageszeitung «Al Irak» schrieb, die USA handelten so, als ob die Vereinten Nationen einer ihrer Staaten sei. Von Sponeck habe sich wie sein Vorgänger Denis Halliday geweigert, sich an Amerika zu verkaufen. Der irakische UN-Botschafter Said Hassan sagte in New York, die Rücktritte seien eine Reaktion auf den «Völkermord, der in Irak stattfindet».