Die Presse (A), 15.2.2000

Rücktritt aus Protest gegen "humanitäre Katastrophe"

Irak. Hans von Sponeck, Leiter des UN-Hilfsprogramms in Bagdad, nahm seinen Hut.

Von unserem Mitarbeiter KARIM EL-GAWHARY

KAIRO/BAGDAD. Der UN-Koordinator für Humanitäre Fragen im Irak, Hans von Sponeck, hat um seine Ablösung gebeten - UN-Generalsekretär Kofi Annan hat nur wenige Stunden später angenommen. Der Deutsche hatte zuletzt kein Hehl aus seinem Unmut über die gegen den Irak verhängten Strafmaßnahmen gemacht. Die Sanktionen seien eine "humanitäre Katastrophe", erklärte er unlängst öffentlich. Sponeck ist bereits der zweite Inhaber dieses Amtes, der frustriert aufgibt. Als er vor eineinhalb Jahren die Nachfolge von Dennis Halliday antrat, gab er sich noch zuversichtlich. Am Ende ist auch Sponeck an den Widersprüchen seiner Position gescheitert. Als Koordinator des Öl-für-Nahrungsmittel-Programms sollte er im Namen der UNO die Folgen jener Sanktionen mildern, die von der UNO selbst ausgerufen worden waren. Wie er stets selbst zugab: mit geringem Erfolg. Das Programm decke nicht einmal das Minimum der Bedürfnisse der irakischen Bevölkerung, erklärte er mehr als einmal. Andere Berichte, wie der des UN-Kinderhilfswerks Unicef vom letzten Sommer, faßten Sponecks Frustration in Zahlen. Demnach hat sich die Sterblichkeitsrate der irakischen Kinder unter fünf Jahren seit Beginn der Sanktionen verdoppelt. Über eine halbe Million Kinder sollen im Zusammenhang mit den Sanktionen gestorben sein.