Süddeutsche Zeitung, 15.2.2000

Bericht über Beschaffung neuer Panzer:

Türkisches Militär verzichtet auf Exportgarantien

Die Anbieter aus Deutschland und vier weiteren Staaten sollen lediglich "feste Zusicherungen" geben

Von Wolfgang Koydl

Istanbul - Das türkische Militär hat sich offenbar amerikanischem Druck gebeugt und will bei der Bestellung einer neuen Generation von Kampfpanzern auf die Vorlage von Exportgarantien verzichten. Wie die in rüstungspolitischen Fragen gut unterrichtete englischsprachige Zeitung Turkish Daily News berichtete, sollen die Anbieter nun lediglich "feste Zusicherungen" vorlegen, dass das Waffensystem im Falle eines Zuschlages auch wirklich ausgeliefert wird. Nach diesen Angaben hatte die türkische Botschaft in Washington Ankara darauf hingewiesen, dass es "unrealistisch" sei, auf solchen Garantien zu bestehen.

Kurz nachdem vor einer Woche die neuen Bedingungen bekannt geworden waren, hatten die USA Ankara darauf hingewiesen, dass ein solches Vorgehen unüblich sei. Das Weiße Haus könne keine Garantien abgeben, da Rüstungsexporte vom Kongress gebilligt werden müssten. In diesem Sinne wurde auch der türkische Vize-Generalstabschef Edip Baser unterrichtet, der kürzlich die USA besuchte.

Auch die Bundesregierung hatte es abgelehnt, eine Exportgarantie abzugeben. In der rot-grünen Koalition sind Waffenlieferungen an die Türkei stark umstritten, weil die Grünen und Teile der SPD weiterhin Verletzungen der Menschenrechte bei dem Nato-Partner und EU-Beitrittskandidaten registrieren.

Die Türkei will Mitte dieses Jahres über den Kauf von bis zu 1000 neuen Kampfpanzern mit einem Gesamtwert von 14 Milliarden Mark entscheiden. An der Ausschreibung beteiligt sich neben amerikanischen, französischen, italienischen und ukrainischen Unternehmen auch die deutsche Firma Krauss-Maffei- Wegmann mit dem Panzer vom Typ Leopard 2. Derzeit erprobt das türkische Heer Testpanzer der fünf Anbieter.

Außerdem warten die türkischen Streitkräfte weiter auf die Auslieferung von 150 Panzern des älteren Typs Leopard 1, die vor einem Jahr vom Inspekteur der Bundeswehr grundsätzlich in Aussicht gestellt worden war. In Berlin ist jedoch politisch noch keine Entscheidung gefällt worden. Laut der Turkish Daily News hat das türkische Militär deshalb mittlerweile auch die ursprünglich geplante Modernisierung ihrer eigenen 397 Leopard 1-Panzer in Frage gestellt. Stattdessen könne man die wesentlich größere Flotte amerikanischer M-60-Panzer modernisieren, hieß es unter Berufung auf Militärkreise.

Bereits am 21. Februar will die Türkei über den Kauf von bis zu 145 Kampfhubschraubern entscheiden. Auch in diesem Geschäft war zunächst an die Vorlage von Exportgarantien gedacht worden. An dieser Ausschreibung nehmen außer den US-Firmen Boeing (Apache) und Bell Helicopter (King Cobra), Agusta aus Italien (A-129-I), eine russisch-israelische Firma und das französisch-deutsche Gemeinschaftsunternehmen Eurocopter mit dem Hubschrauber Tiger teil. Gegen eine Lieferung dieses Waffensystems gab es in Deutschland keine Proteste. Berlin könnte das Geschäft gegen den Widerstand der federführenden Franzosen auch nicht verhindern.