Berliner Zeitung, 15.2.2000

Schröder sagt Türkei-Besuch wegen "Leo" ab

Panzerhersteller will bald Export-Anfrage stellen

Ralf Beste und Ulrich Deupmann

BERLIN, 14. Februar. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat wegen der öffentlichen Diskussionen um Panzerlieferungen an die Türkei eine für Anfang März geplante Reise nach Ankara verschoben. Offiziell wurde als Grund eine für April geplante Reise des Bundespräsidenten in die Türkei angegeben, der man nicht vorgreifen wolle. Inoffiziell wurde dagegen bestätigt, dass der eigentliche Grund im Druck der türkischen Regierung wegen des Rüstungsgeschäfts gesehen werde. "Ein Besuch muß das richtige Klima haben und braucht das richtige Signal", hieß es am Montag in Regierungskreisen. Der eigentliche Funktion der Schröder-Reise solle darin bestehen, das Vertrauen der Türkei in den Integrationswillen der Europäischen Union zu demonstrieren.

Die Bundesregierung muss sich schneller mit der Entscheidung über die Lieferung der bis zu 1000 Leopard-Panzer befassen als ursprünglich erwartet. Zwar meldete die in Ankara erscheinende "Turkish Daily News" am Wochenende, dass die Regierung in Ankara auf eine vorab ausgestellte, so genannte Exportgarantie verzichte. Nach Angaben des Leopard-Herstellers Krauss-Maffei Wegmann vom Montag ändert das aber nichts an der Planung des Unternehmens, in den nächsten Tagen eine Exportanfrage an die Bundesregierung zu stellen.

Diese Exportanfrage ist nach Angaben des Krauss-Maffei-Sprechers üblicher Bestandteil eines Angebotes. Die türkische Regierung wolle erfahren, ob sie beim Zuschlag für das deutsche Angebot mit einer Lieferung rechnen könne. Von der Forderung nach der weiter gehenden "Exportgarantie" sei Krauss-Maffei Wegmann ohnehin nichts bekannt gewesen.

Das Panzerproblem tauchte vorige Woche wieder auf der Tagesordnung auf, als die türkischen Forderungen nach einer Exportgarantie bekannt wurden. Krauss-Maffei Wegmann hatte darauf hin angekündigt, das eine Voranfrage an die Bundesregierung gestellt werden solle. Im Herbst hatte die Lieferung eines Panzers zur Erprobung durch das türkische Heer Streit in der rot-grünen Koalition ausgelöst.

Die Grünen zeigten sich angesichts der aktuellen Entwicklungen im Panzerstreit gelassen. Verteidigungspolitikerin Angelika Beer führte am Montag den Verzicht der türkischen Regierung auf eine Exportgarantie darauf zurück, Ankara wolle keine Ablehnung riskieren. "Wenn jetzt eine Voranfrage kommt, ist das die endgültige Entscheidung", sagte sie. Führende Grüne zeigten sich zuversichtlich, dass die Koalition sich wegen der Panzerlieferung nicht wieder zerstreiten werde. Je eher die Entscheidung falle, desto wahrscheinlicher sei die Ablehnung, glauben sie. Sie verweisen auf einen SPD-Parteitagsbeschluss vom Dezember, der Panzerausfuhren ausschloss. Dadurch sei Kanzler Schröder gebunden. Das Berliner Regierungsbündnis hatte im vorigen Herbst beschlossen, über die Lieferung "im Lichte erkennbarer Fortschritte" bei der Menschenrechtslage zu entscheiden.

Der Verkauf des Kampfhubschraubers "Tiger", der in deutsch-französischer Kooperation hergestellt wird, kann nach Ansicht Angelika Beers nicht von der Bundesregierung verhindert werden. Wenn die Türkei den "Tiger" bestelle, werde er "aufgrund der Vertragssituation auch geliefert". Wegen der deutschen Minderheitsbeteiligung könne die Bundesregierung kein Veto einlegen.