Der Spiegel, 14.2.2000

R Ü S T U N G S E X P O R T E I N D I E T Ü R K E I

Neue Konflikte für Rot-Grün drohen

"Wer sich an der Ausschreibung beteiligt, gibt auch eine Liefergarantie." Falls Ankara sich für den Leopard II entscheidet, geht die Türkei davon aus, dass die deutsche Regierung der Lieferung von 1000 Kampfpanzern zustimmt.

Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums sagte dazu am Samstag in Berlin, die Bundesregierung habe immer klar gemacht, dass die Lieferung eines Testpanzers "kein Präjudiz" für die endgültige Lieferung sei. Die verteidigungspolitische Sprecherin der Grünen, Angelika Beer, forderte unterdessen die Bundesregierung auf, in Paris darauf zu drängen, den französisch-deutschen Kampfhubschrauber Tiger nicht an die Türkei auszuliefern. Der Sprecher des türkischen Verteidigungsministeriums, Kemal Baglum, sagte der "Welt am Sonntag": "Das türkische Gesetz für öffentliche Ausschreibungen sieht klar vor: Wer sich an der Ausschreibung beteiligt, gibt auch eine Liefergarantie." Die Menschenrechtsdiskussion in Deutschland bezüglich der Türkei sei "für den Panzerkauf irrelevant und interessiert die Türkei nicht". Der Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums wies darauf hin, dass im Moment kein Antrag aus Ankara vorliege und deshalb auch keine Entscheidung anstehe.

Das türkische Militär testet derzeit außer dem Leopard II auch Konkurrenzmodelle aus den USA und aus Frankreich. Im Juli soll die Kaufentscheidung nach einer Ankündigung von Verteidigungsminister Sabahattin Cakmakoglu fallen. In Deutschland ist das Panzergeschäft mit der Türkei vor allem bei den Grünen und in Teilen der SPD umstritten. Die Kritiker halten der Türkei vor, die Menschenrechte nicht ausreichend zu beachten.

Beer will aus genau diesem Grund den Türken auch den Kampfhubschrauber vorenthalten. In einem Interview der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte sie, gemessen an den neuen deutschen Richtlinien komme ein solcher Rüstungsexport wegen der Menschenrechtslage in der Türkei nicht in Frage.

Cakmakoglu hatte am Freitag angekündigt, Ankara werde über den Auftrag zum Bau eines Kampfhubschraubers für die eigenen Streitkräfte bereits Anfang März entscheiden. Zu den Bewerbern gehört die mehrheitlich französische Eurocopter mit dem Modell Tiger.