junge Welt, 14.2.2000

Ist Hilfe für Kurden kriminell?

jW sprach mit Ewald Groth, grüner Landtagsabgeordneter in Nordrhein-Westfalen und Mitglied in der Hilfsorganisation Promondial

F: Ende Januar hat die Polizei Wohnungen von zwei Mitgliedern der Hilfsorganisation Promondial durchsucht. Dabei wurden unter anderem in Bochum Unterlagen des Vereins beschlagnahmt. Warum?

Es gibt keinen logischen Grund für diese Durchsuchungen. Das alles ist völlig absurd. Die Ermittlungsbehörden behaupten, bei Promondial handele es sich um eine Tarnorganisation der verbotenen PKK. Dieser Vorwurf ist so lächerlich, daß ich mich wirklich fragen muß, wie die darauf gekommen sind.

F: Wie kommt Licht ins Dunkel der Ermittlungsakten?

Neun Angehörige und Freunde des Vereins, darunter die PDS-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke, haben sich wegen der Durchsuchungen selbst angezeigt. Wir hoffen, das wird einiges zur Klärung der Vorwürfe beitragen. Sollte dies nicht der Fall sein, werde ich eine offizielle Anfrage an die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen richten. Wir müssen herausbekommen, warum die Justiz hier derartig weit daneben schlägt.

F: Welche Ziele hat Promondial tatsächlich?

Promondial ist noch in der Gründungsphase und will insbesondere den Wiederaufbau vom Krieg zerstörter kurdischer Dörfer und Städte in der Türkei fördern. Die dafür benötigten Gelder sollen zum einen aus Spenden und zum anderen aus öffentlichen Mitteln kommen. In den kurdischen Kommunen der Türkei fehlt es an Selbstverwaltungsstrukturen. Es gibt kein föderales Gefüge, alles wird vom übermächtigen Zentralstaat geregelt. Das wurde von Krieg und Ausnahmezustand noch weiter begünstigt.

Jetzt braucht es einen demokratischen Neuanfang. Dafür gilt es nicht nur finanzielle Hilfe zu leisten, sondern auch Inhalte zu vermitteln. Das heißt, wir wollen bei der Aus- und Weiterbildung der kommunalen Verwaltung helfen. Dabei können auch Städtepartnerschaften eine wichtige Rolle spielen. Kommunen, die von Grünen oder PDS mitregiert werden, haben bereits signalisiert, daß sie an Partnerschaften mit Städten in Türkisch-Kurdistan Interesse haben. Promondial sieht sich dabei in der Funktion eines Vermittlers.

F: Aber wenn man in den kurdischen Gebieten der Türkei tätig sein will, braucht man doch die Unterstützung der PKK.

Ich will gar nicht ausschließen, daß man für eine effektive Arbeit Kontakt zu denen aufnehmen muß, die in dieser Region Krieg geführt haben. Dazu gehört neben dem türkischen Staat nun einmal auch die PKK. Das war bisher aber noch nicht notwendig. Aktuell liegt unser Hauptaugenmerk auf Beziehungen zu den demokratisch gewählten Bürgermeistern aus der »Partei der Demokratie des Volkes« (HADEP).

F: Erschweren die Vorwürfe deutscher Ermittlungsbehörden die Arbeit von Promondial?

Momentan erschwert das sicher unsere Arbeit. Durch die Vorwürfe der Justiz könnte auch das Vertrauen des Auswärtigen Amtes in Berlin, welches finanzielle Unterstützung für unsere Projekte signalisiert hat, gestört werden. Auch unsere Bewegungsfreiheit in der Türkei ist gefährdet. Ich bin aber fest davon überzeugt, daß sich das ganze Ermittlungsverfahren in nichts auflösen wird und daß wir dann unsere Arbeit ungehindert fortsetzen können.

Interview: Jörg Hilbert