Wiesbadener Tageblatt, 11.2.2000

Kurde steht erneut vor Abschiebung

Abdulcabbar Akyüz in Haft/ Gutachter warnen: Selbstmordgefahr/Wartet wieder die Folter?

bär. - Erneut sind die Angehörigen von Abdulcabbar Akyüz in Sorge. Denn nun sitzt der Kurde in Höchst in Abschiebehaft. Anfang der Woche versuchte sein Anwalt, der bereits Haftbeschwerde eingelegt hat, ihn in Begleitung einer Dolmetscherin zu besuchen. Doch ein Treffen in der Haftanstalt sei ihnen verweigert worden, weil die Dolmetscherin nicht vereidigt war, hieß es. Wie zu erfahren war, hat auch die Familie, die in Anbetracht seiner psychischen Situation sehr wichtig für Abdulcabbar Akyüz wäre, nicht ohne Einschränkungen Zugang zu ihm. Erschüttert über die Bedingungen, unter denen Akyüz "wie ein Strafgefangener behandelt" werde, blieb dem Anwalt nichts anderes übrig, als sich ohne Dolmetscherin zu verständigen. Eine vereidigte Dolmetscherin hätte den Abschiebehäftling sofort 350 Mark in bar gekostet.

Unklar sei, so erklärte die zurückgewiesene Dolmetscherin, weshalb Akyüz nicht in die Abschiebehaft nach Ingelheim gekommen ist, die ja nach dem Umbau für die Abschiebehäftlinge von Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Hessen zuständig sein solle.

Am 26. Januar war der 45-Jährige auf Grund eines anonymen Hinweises, er halte sich illegal in Wiesbaden auf, in der Unterkunft seiner Familie festgenommen worden. Hier sei er stets für das "Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge", bei dem er einen Asylfolgeantrag gestellt hat, erreichbar gewesen.

Laut eines vorläufigen Gutachtens des "Psychosozialen Zentrums für Folteropfer" in Frankfurt besteht nun durch die erneute Inhaftierung für Akyüz "akute Suizidgefahr". Zweifelsfrei, so das Gutachten, leide Akyüz wegen Gewalterfahrung und Folter unter einer "schweren Traumatisierung". Laut seiner Eidesstattlichen Versicherung war Abdulcabbar Akyüz am 31. Juli 1998 nach seiner Abschiebung aus Deutschland (wir berichteten) noch auf dem Flughafen in Istanbul verhaftet und dort, wie auch später in der Haft in Midyat, gefoltert worden.