Berliner Zeitung, 9.2.2000

Türkischer Botschafter sieht Fortschritte bei der Integration

"Doppelte Staatsbürgerschaft langfristig akzeptieren"

Christiane B. Newlin

BERLIN, 8. Februar. Die bisherige Politik der rot-grünen Regierung hat nach Meinung des türkischen Botschafters Tugay Ulucevik die Integration der in Deutschland lebenden Ausländer erleichtert. Dazu habe insbesondere das neue Staatsbürgerschaftsrecht beigetragen, sagte Ulucevik am Dienstag der "Berliner Zeitung". Das neue Gesetz sei jedoch nur ein Schritt in die richtige Richtung. "Langfristig sollte die deutsche Regierung die doppelte Staatsbürgerschaft akzeptieren", erklärte der Botschafter. Für die Türken in Deutschland sei es eine herbe Enttäuschung gewesen, dass die doppelte Staatsbürgerschaft nur sehr bedingt möglich sein soll.

Deutsch zu lernen sei für seine Landsleute unumgänglich. Aber ebenso empfehle er, die türkische Sprache zu pflegen. Wenn von Integration gesprochen werde, muss nach Ansicht des Botschafters der Unterschied zur Assimilation herausgestellt werden. Es müsse darum gehen, Werte und Sprache der neuen Heimat kennen zu lernen, ohne die eigene Identität und Tradition zu verlieren.

Es ist laut Ulucevik nicht hinnehmbar, dass die Arbeitslosigkeit unter der türkischen Bevölkerung noch immer viel höher liege als beim Durchschnitt. Förderlich wäre es, wenn an den hiesigen Hauptschulen mehr Nachhilfeunterricht für ausländische Schüler angeboten würde. Seit den 80er-Jahren habe in Bezug auf die Ausbildung ein Umdenken eingesetzt, weil es für viele Türken klar wurde, dass sie hier bleiben. Daher sei die Zahl der Ausbildungsabbrecher in den 90er-Jahren auch gesunken, sagte der Diplomat. Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck, wird heute einen Bericht zur Lage der Ausländer in Deutschland vorlegen.