Süddeutsche Zeitung, 10.2.2000

Meinungsseite

Sklavenmarkt in Deutschland

Ein Berliner Priester hat sich jüngst auf Baustellen der Haupstadt herumgetrieben, als illegaler Arbeitnehmer. Er fand massenweise Menschen, die für niedrigsten Lohn schuften, ohne Arbeitsverträge, Aufenthaltsgenehmigungen und Krankenkassenbeiträge. Erstmals hat nun eine Ausländerbeauftragte der Bundesregierung einen Blick auf diesen modernen Sklavenmarkt geworfen. Die Zahlen, die ihr Bericht über verstärkte Kontrollen und verhängte Bußgelder enthält, sind beeindruckend. Nur an den Problemen hat dies nichts geändert. Der Markt mit der Illegalität funktioniert weiter, die Kontrollen sorgen nur für immer kürzere Beschäftigungszeiten und immer niedrigere Löhne.

Die Ausländerbeauftragte weist nur auf Problemfelder hin, Lösungen hat auch sie nicht anzubieten. Amnestien für lange in Deutschland lebende Illegale, wie es sie für einige der Sans Papiers in Frankreich gab, hätten in Deutschland, da hat Beck Recht, angesichts hoher Arbeitslosigkeit kaum Chancen auf Zustimmung. Dies entbindet eine Gesellschaft, die sich auch von illegal arbeitenden Köchen und Putzfrauen gern bedienen lässt, jedoch nicht von jeder Sorge etwa um die Kinder dieser Migranten. Die einzigen, die darauf gelegentlich hinweisen, sind die Kirchen.

Becks Bericht kann neben Schatten auch ein wenig Licht verbreiten. So ist die Zahl der fremdenfeindlichen Straftaten zurückgegangen - auch in den neuen Bundesländern. Aber die Zahl dieser Delikte ist immer noch höher als Anfang und Mitte der 90er Jahre. Von "befreiten Gebieten" hatten radikale Rechte in den östlichen Bundesländern getönt. In Becks Bericht darf dieser schreckliche Begriff nun wieder fehlen.

csc