Süddeutsche Zeitung, 9.2.2000

Meinungsseite

Der andere Nato-Partner

Man stelle sich vor, jemand brüstete sich im Kreise seiner autoverliebten Freunde damit, zur Zeit einen Ferrari als Probewagen zu fahren. Zwar habe er schon andere Sportwagen ausprobiert, aber der Ferrari sei das Nonplusultra, den werde er sich wohl kaufen. Ein paar Wochen später muss er kleinlaut einräumen, dass das mit dem Ferrari doch nichts geworden ist. Die Nobelmarke hat ihn gesellschaftlich für nicht ferrariwürdig erachtet. Der ganze Tresen feixt sich eins.

Ein vergleichbares Schicksal will sich die Türkei ersparen. Das Land möchte nicht düpiert dastehen, wenn es unter allen Testpanzern den deutschen Leo 2 A 5 auserwählt, von Deutschland jedoch kühl beschieden bekommt: Daraus wird leider nichts, liebe Türkei, verehrter Nato-Partner. Denn die Menschenrechte - es steht nicht gut um sie in eurem Land. Das Drängen der Türkei ist also zu verstehen. Es ruft vor allem hierzulande schmerzhaft in Erinnerung, mit welch windigem Konstrukt sich die Koalition in dieser Frage aus der Affäre ziehen wollte. Testpanzer ja, Export mal sehen - mit diesem Kompromiss beendete RotGrün eine Koalitionskrise, ohne in der Sache einen Schritt weiter zu sein. Auch der Glorienschein neuer Exportrichtlinien wird schnell verblassen, wenn die Türkenpanzer diese Regeln demnächst dem Praxistest unterziehen.

Argumentativ hat sich die Bundesregierung fürchterlich verstrickt. In der Nato gälten hohe Standards von Demokratie und Humanität, war Schröder-Berater Steiner mit Blick auf Haider-Österreich zu vernehmen. Die Türkei ist in der Nato. Wie kann sie aber gleichzeitig diese Mitgliedschaft verdienen, deutsche Panzer jedoch nicht?

swn