Süddeutsche Zeitung, 9.2.2000

Rüstungsgeschäft mit Ankara

Berlin lehnt Exportgarantie für "Leopard"-Panzer ab

Regierungssprecher Heye: Waffenlieferung an die Türkei hängt von Fortschritten bei den Menschenrechten ab

Von Christoph Schwennicke

Berlin - Auf die Forderung der Türkei nach einer Exportgarantie für deutsche Leopard-Panzer hat die rot-grüne Koalition mit Befremden reagiert und sie zurückgewiesen. Anlässlich der Lieferung eines Testpanzers im Herbst vergangenen Jahres sei der türkische Botschafter darüber informiert worden, dass das keinesfalls eine Vorentscheidung über den eigentlichen Waffenexport sei, sagte Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye der Süddeutschen Zeitung. "Das ist die Haltung der Bundesregierung, und sie gilt unverändert." Verändert habe sich die Lage nur insofern, als der Türkei auf Betreiben der Bundesregierung eine Perspektive in der Europäischen Union eröffnet werde. Sie sei jedoch geknüpft an die Kriterien von Demokratie und Menschenrechte, wie sie in Maastricht und Kopenhagen festgelegt worden seien. Die Türkei kenne die Haltung der Bundesregierung. Diese Haltung sei nicht durch die Forderung nach Garantien zu verändern, sondern nur durch Fortschritte bei den Menschenrechten in der Türkei selbst. Heye sagte, es habe vor den Zeitungsberichten über die Exportgarantien keine Kontakte mit der Bundesregierung in dieser Frage gegeben.

Der Hintergrund der Forderung ist das Testverfahren von Kampfpanzern, mit dem die Türkei gegenwärtig prüft, in welchem Land sie bis zu 1000 Panzer eines Typs bestellen will. Auch der deutsche Leopard 2 A5 wird getestet und gilt in der Türkei als das bevorzugte Modell. Wie die SZ berichtete, fürchtet die türkische Regierung nun, bei der Entscheidung für den deutschen Panzer von Deutschland düpiert zu werden, wenn das Geschäft dennoch nicht zustande kommen kann. Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte wiederholt dargestellt, dass die Lieferung der Panzer geknüpft sei an die Entwicklung der Menschenrechte in dem Nato-Land. Nur mit knapper Not war an dieser Frage ein Bruch der rot-grünen Koalition verhindert worden. Schröder hatte unter anderem vor der SPD-Bundestagsfraktion gesagt, nach derzeitigem Stand der Menschenrechtslage in der Türkei komme ein Export nicht in Frage.

Die verteidigungspolitische Sprecherin der Bündnisgrünen im Bundestag, Angelika Beer, bekräftigte am Dienstag, eine Lieferung an die Türkei sei angesichts der Menschenrechtslage derzeit nicht möglich. Darüber gebe es in der Koalition einen Konsens. Außerdem müsse abgewartet werden, wann die Türkei über die Bestellung der Kampfpanzer nach Abschluss der Tests entscheide.

Das Wirtschaftsministerium erklärte, es liege weder ein Antrag der Türkei noch der deutschen Herstellerfirma Krauss-Maffei-Wegmann über eine Exportgarantie vor. Das Unternehmen hatte mit Billigung des Bundessicherheitsrates einen Testpanzer exportieren dürfen. Möglicherweise rückt die Türkei in der Zwischenzeit aus finanziellen Gründen von ihren Plänen ab, 1000 Panzer auf einmal zu bestellen. Es werde erwogen, zunächst nur 250 Panzer zu kaufen, wurde Anfang der Woche berichtet. Nach SZ-Informationen zeichnet sich ab, dass die Tests früher als zunächst angegeben abgeschlossen sein könnten. Danach würde die Entscheidung der Türkei auf Mitte Juli vorgezogen. Zunächst war von Ende des Jahres die Rede.