Frankfurter Rundschau, 29.1.2000

Für Recht auf Asyl einsetzen

Flüchtlingsrat fehlt Geld

Von Volker Trunk

Er setzt sich ein für die Verbesserung der rechtlichen und sozialen Bedingungen der Flüchtlinge und vermittelt zwischen der Landespolitik und den Basisgruppen: Der Hessische Flüchtlingsrat, dessen Arbeit auf ehrenamtlichem Engagement beruht, benötigt Spenden und neue Mitglieder, um das Angebot aufrecht zu halten.

FULDA. Im aktuellen Vierteljahresheft des Flüchtlingsrates (hfr) hat der Schatzmeister des Fördervereins, Konrad Rüssel, einen Hilferuf platziert: Die Finanzlage des Vereins sei äußerst angespannt, "hochgradig kritisch". Im Herbst habe der Vorstand noch darüber nachgedacht, ob man demnächst nicht den Konkurs des Vereins anmelden müsse. Doch mit dem Geld von privaten Kreditgebern habe man das Schlimmste abwenden können. Die finanzielle Misere geht zurück auf das Jahr 1998, das der Verein nur mit einem Defizit hatte abschließen können. "Es gelang nicht, Gelder von der Landesregierung zu erhalten, obwohl sie noch von Rot-Grün gebildet wurde", sagt Rüssel. Also muss der Verein, der seit 1992 seinen Sitz mit eigenem Büro und Geschäftsführer in Fulda hat und von rund 100 Mitgliedern getragen wird, den Rotstift ansetzen. Die Zeitschrift Gegenwehr wird künftig nicht mehr kostenlos versendet werden. Außerdem rührt kräftig die Werbetrommel. "Wir werden Gerichte anschreiben, um für unseren gemeinnützig anerkannten Förderverein möglichst auch Bußgelder aus Strafsachen zu bekommen", sagt Krummeich-Dural.

Allein für den Bürobetrieb (Telefon, Fax, Pressemitteilungen, Verbreitung von Informationsmaterial zu aktuellen Themen, Miete, eine 630-Mark-Stelle) wird einiges an Geld benötigt. Zuschüsse gibt es im Wesentlichen von Pro Asyl, der evangelischen Kirche von Hessen und Nassau, dem Bistum Mainz und dem Bischof von Limburg. "Von einer institutionellen Förderung durch das Land wie in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen können wir nur träumen", sagt Schatzmeister Konrad Rüssel. Doch ohne Infrastruktur und Netzwerke zu anderen Institutionen und Flüchtlingsorganisationen ist eine erfolgreiche Arbeit nicht denkbar.

Von Stellungnahmen zu Altfallregelung und Kirchenasyl bis hin zu rechtskundiger Beratung reicht die Liste der Aktivitäten. Nach dem Regierungswechsel in Hessen sei die Arbeit insgesamt nicht einfacher geworden, sagt Krummeich-Dural. "Es gibt da schon einen Bruch." Denn natürlich liegt man mit der konservativen Politik der CDU/FDP-Koalition politisch über Kreuz. Der Kontakt freilich zu Mitarbeitern in den Ministerien und zum Petitionsausschuss des Landtags sei "nach wie vor eng und gut". Die Schwerpunkte haben sich in den vergangenen Jahren verlagert. Krummeich-Dural: "Der Bedarf an konkreter Beratung ist größer geworden." Als neues Angebot will der hfr auf seinem Plenum am 26. Februar in Kassel parallel zur Tagesordnung eine Einzelfallberatung für Personen anbieten, die in der Flüchtlingsarbeit tätig sind.

"Duldung von Volkes Gnaden oder Recht auf Asyl?", lautet das Thema eines Vortrags, den Günter Renner, Vorsitzender Richter am Kasseler Verwaltungsgerichtshof, während des Plenums in Kassel halten wird. Ein brisantes Thema: Forderungen des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) im November nach Schnellprüfverfahren an den EU-Außengrenzen und Aussagen des Bundesinnenministers Otto Schily (SPD) zur "Zielgenauigkeit von Asylentscheidungen" haben die Debatte über die Zukunft des deutschen Asylrechts neu entfacht. Sich für das "Recht auf Asyl einzusetzen", ist für den hfr die zentrale Aufgabe.

Kontakt: Hessischer Flüchtlingsrat, Telefon 0661/24 16 39; Fax 0661/24 25 84.