Volksblatt Würzburg, 27.1.2000

Europaratsabgeordnete: Asylrecht nicht verschärfen

STRASSBURG (KNA)

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat Einschränkungen beim Asylrecht in den 41 Mitgliedstaaten und besonders in der Europäischen Union (EU) kritisiert. Es dürfe nicht zu einer weiteren Verschärfung kommen, heißt es in einer am Dienstagabend in Straßburg verabschiedeten Entschließung.

Die Mahnung richtet sich insbesondere an die EU, weil diese im Begriff sei, die Asylgesetzgebung der Mitgliedsländer zu harmonisieren. In dem Bericht werden die Europarats-Staaten im Gegenteil aufgerufen, "aufmerksam" die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention anzuerkennen und in ihrem Asylrecht noch weiter zu gehen.

So solle sichergestellt werden, dass Flüchtlinge auch dann aufgenommen würden, wenn sie wegen nicht-staatlicher Verfolgung ihre Heimat verließen. Gleiches gelte für Krieg und Gewalt, die ebenfalls Mittel der Verfolgung sein könnten.

Von Asylbewerbern dürfe nicht der Nachweis verlangt werden, dass sie in ihrem Heimatland selbst keine sichere Zuflucht gefunden hätten. Ebenso müsse gewährleistet werden, dass Frauen unabhängig von ihrem Ehemann einen Asylantrag stellen könnten.

In der Begründung wird Kritik an den Konzepten von sicheren Herkunfts- und Drittländern geäußert. Unter dem Verweis auf sichere Herkunftsländer würden Asylbegehren oft zu rasch als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen. Die Ausweisung von Asylsuchenden in sichere Drittländer führe oft zu Menschen unwürdigen Situationen.

Zitiert wird der Fall eines Asylbewerbers, der in Großbritannien anerkannt wurde, in Deutschland aber abgewiesen worden war, weil in der Bundesrepublik eine nicht-staatliche Verfolgung kein Asylgrund sei. Damit sei Deutschland im konkreten Fall kein sicheres Drittland gewesen.

Im schlimmsten Fall komme es zu einem Domino-Effekt, bei dem Flüchtlinge immer weiter abgeschoben würden. So gebe es den Fall einer somalischen Flüchtlingsfamilie, die aus Belgien in die Tschechische Republik, von dort in die Slowakei, anschließend nach Polen und schließlich in die Ukraine ausgewiesen worden sei. Dort habe sich ihre Spur verloren.