Hannoversche Allgemeine Zeitung, 25.1.2000

Bartling will Reform des Asylrechts

Innenminister Heiner Bartling (SPD) peilt eine Reform des Asylrechts an. Familien sollen künftig als ein einziger Antragsteller angesehen werden können. Anträge für die Kinder solle die Behörde in ein Verfahren der Eltern einbeziehen können. "Wir wollen auf diese Weise verhindern, dass nach und nach ein Familienmitglied nach dem anderen einen Antrag auf Asyl stellt und das Verfahren so künstlich in die Länge gezogen wird", sagte der Minister vor Journalisten. Bartling meint, über eine entsprechende Änderung des Asylverfahrensgesetzes könne der Bundesrat bereits im Februar beraten. Fast alle Bundesländer, auch das CSU-geführte Bayern, stimmten seiner Ansicht zu. Auch die niedersächsische CDU-Landtagsfraktion habe bereits einen ähnlichen Vorschlag unterbreitet. Bedenken gibt es laut Bartling allerdings noch bei der Bundesregierung. Sie stehe auf dem Standpunkt, das Asylrecht sei auf Individuen zugeschnitten und könne deshalb nicht auf Familien bezogen werden. Nach den Worten des niedersächsischen Innenministers muss diese Rechtsauffassung jedoch kein Hindernis für die Reform sein. Schließlich gehe es im wesentlichen um die Bündelung von zeitaufwendigen Verfahren und um eine straffere Entscheidung. Das sei auch im Interesse der Asylantragsteller, weil ihnen nicht jahrelang eine Aufnahme in der Bundesrepublik vorgegaukelt werden dürfe, die hinterher womöglich dann nicht einzuhalten sei. Das Innenministerium schätzt die durchschnittliche Dauer eines Asylverfahrens bei 14 Monaten. In Einzelfällen könne sich so etwas jedoch auch bis zu zehn Jahre hinziehen. Ein Entgegenkommen des Bundes sieht Bartling in einem anderen Punkt. Sein Versuch, das Arbeitsverbot für die nach dem Mai 1997 eingereisten Flüchtlinge zu lockern, stoße bei Bundesarbeitsminister Walter Riester durchaus auf Wohlwollen. Denkbar sei, dass das Arbeitsverbot zwar nicht aufgehoben, aber auf ein oder anderthalb Jahre befristet werde. Dies sei auch ein Weg, Sozialhilfe zu sparen, sagte Bartling. Vor Weihnachten hatte der niedersächsische Innenminister Aufregung ausgelöst, weil er sich für eine vorurteilsfreie Diskussion über das Asylrecht ausgesprochen hatte. Nach Bartlings Meinung soll Zuwanderung von Ausländern nach Deutschland kontrolliert geschehen und nicht lediglich ñ wie bisher ñ über das Asylrecht.

kw, Hannover