Frankfurter Rundschau, 21.1.2000

Protest gegen strenge Einzelhaft für den Türken Y.

Demonstranten dringen in Hamburger Rathaus ein / Hungerstreiks in Gefängnissen

Von Karsten Plog

HAMBURG, 20. Januar. Die Aufhebung der gerichtlich verhängten strengen Einzelhaft für den Türken Ilhan Y. im Hamburger Untersuchungsgefängnis haben am Mittwoch Mitglieder der "Internationalen Initiative für die Menschenrechte politischer Gefangener" gefordert. Sie enthüllten bei einer Sitzung der Hamburger Bürgerschaft ein Transparent und verteilten Flugblätter. Nach einem Gerangel wurden sie des Plenarsaals verwiesen. Die Demonstranten wollten auf das nun 53 Tage währende "Todesfasten" des 34-Jährigen aufmerksam machen. Der Türke, Mitglied der verbotenen linken Revolutionäre Volksbefreiungsparteifront (DHKP-C), war im November in einem Indizienprozess wegen Mordes an einem Kioskbesitzer und Geiselnahme zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Wegen besonderer Haftauflagen wurde Y. von seinen Mitgefangenen getrennt. Zu den Auflagen gehören der Einzelhofgang, Verbot von Sport, die Einschränkung des Besuchsrechts und regelmäßige Zellendurchsuchungen. Begründet werden die Maßnahmen vor allem mit der richterlichen Einschätzung, Y. werde in der Haft versuchen, für seine Partei zu agitieren, und er werde Mithäftlinge zum Hungerstreik anstiften. Dazu erklärte Verteidiger Eberhard Schulz: "Tatsächlich richtet sich der Hungerstreik gegen die Trennung von den anderen Gefangenen. Wenn die Trennung aufgehoben wird, ist auch der Hungerstreik beendet." Die Verteidigung sieht in der Isolation eine Verletzung der Grundrechte seines Mandanten und hat sich an das Bundesverfassungsgericht gewandt.

Unterdessen haben sich in mehreren deutschen und ausländischen Strafanstalten Gefangene mit Y. solidarisiert. Zudem sollen in den vergangenen Tagen in der Türkei 1000 Gefangene an einem dreitägigen Hungerstreik teilgenommen haben.