Süddeutsche Zeitung, 20.1.2000

Kabinett erschwert Waffenverkäufe:

Neue Rüstungsexport-Richtlinien

Lage der Menschenrechte bei Ausfuhr besonderes Kriterium

Von Christiane Schlötzer

Berlin - Das Bundeskabinett hat am Mittwoch neue Rüstungs-Exportrichtlinien verabschiedet. Sie sollen zu einer restriktiveren Praxis der Waffenverkäufe in Nicht-Nato-Länder führen. Für den Export in Nato-Staaten gilt weiterhin grundsätzlich keine Beschränkung. Es wird aber auf Einzelfälle verwiesen, in denen dies aus "politischen Gründen" geboten sein könne. Bei allen anderen Staaten ist die Ablehnung des Exports künftig der Regelfall, Ausnahmen müssen begründet werden. Damit werden nun auch die ASEAN-Staaten nicht mehr den Nato-Mitgliedern gleichgestellt.

Die Neufassung der Richtlinien entstand nach der schweren Koalitionskrise wegen der Lieferung eines Test-Panzers vom Typ Leopard II an die Türkei, die im Oktober 1999 gegen den Willen von Außenminister Joschka Fischer vom Bundessicherheitsrat genehmigt worden war. Die "Beachtung der Menschenrechte" im Bestimmungsland der Kriegswaffen erhält in den neuen Grundsätzen nun "besonderes Gewicht". Spannungsgebiete werden zudem präziser umschrieben als in den alten Richtlinien aus dem Jahr 1982. So ist die Ausfuhr künftig schon verboten, wenn in einem Land eine bewaffnete Auseinandersetzung droht. Außerdem muss die Regierung künftig jährlich in einem Bericht für das Parlament die erteilten Exportgenehmigungen aufschlüsseln.

Die Grünen hätten zudem gern ein Mitwirkungsrecht des Parlaments bei den Exporten; darüber ließ der Koalitionspartner aber nicht mit sich verhandeln. Claudia Roth, die für Grünen die Gespräche führte, lobte dennoch die neuen Richtlinien als "deutliche Verbesserung". SPD-Fraktionsvize Gernot Erler nannte sie "überfällig". Die SPD wolle nun Initiativen zu einer europäischen Angleichung der Exportkriterien ergreifen. Streitpunkt bleibt jedoch die immer engere europäische Rüstungskooperation. Bei Neuverträgen sollen von deutscher Seite künftig "Einwendungen wirksam geltend" gemacht werden können.

Heftige Kritik an den Richtlinien kam von der CDU. Ihr Verteidigungsexperte Paul Breuer sprach von einem "schädlichen nationalen Alleingang". Bei aller Bedeutung der Menschenrechte gehe es auch um andere europäische Werte wie die Stabilität und die Bündnisfähigkeit. Der CDU-Experte sah die Planungssicherheit der Rüstungsindustrie beeinträchtigt.