Frankfurter Rundschau, 19.1.2000

Kommentar

Nicht zu glauben

...und dann hat das Pentagon noch gesagt, die Frankfurter Rundschau arbeite nicht sauber

Von Arnd Festerling

Zuallererst hat General Wesley Clark geredet, und er hat uns falsche Dinge über zwei Videos erzählt, die zwei Kameras aufgenommen hatten, die in zwei Bomben montiert waren, die einen Personenzug getroffen hatten, in dem mindestens 14 Menschen starben. Dann hat die Nato geredet und ihre militärische Zweigstelle in Europa, Shape, und die US-Luftwaffe und das US-Verteidigungsministerium Pentagon auch. Sie haben uns erzählt von einem Fehler in einem Computer und dass die besagten Videos 2,7-mal schneller laufen und dass das alles sowieso keinen Unterschied mache bei der Beurteilung des Angriffs. Das Pentagon hat dann noch gesagt, die FR arbeite nicht sauber. Jetzt redet keiner mehr. Vielleicht, weil nicht mehr viel zu sagen ist, vielleicht, weil es "eine alte Story ist". Aber es bleibt: Die zwei Videos liefen 4,7-mal so schnell, noch wesentlich schneller, als die Nato zugegeben hatte. Alle ursprünglichen Zeitangaben müssen mit 4,7 multipliziert werden. Die Nato sagt, das entspreche nicht ihren Erkenntnissen.

Aber ein paar Fragen gibt es dennoch: Wie viele Fehler können gemacht werden, ohne dass von inakzeptabler Schlamperei gesprochen wird? Wie häufig kann man sich irren, ohne dass der Verdacht aufkommt, da stecke Absicht dahinter? Wie oft kann man unwissentlich Falsches sagen, ohne dass der Verdacht aufkommt, man lüge? Kopf einziehen, wenn es schießt, lernt man beim Militär. Übersetzt in die Informationspolitik heißt das offenbar: Wir sagen nichts mehr. Mit dem Ergebnis: Wir glauben nichts mehr.