Frankfurter Rundschau, 11.1.2000

Kommentar: Vernünftig

Mit einer "einmaligen" Amnestieregelung hofft Belgien, das Phänomen der illegalen Immigration in den Griff zu bekommen

Von Thomas Roser

Angeblich will sie keiner, trotzdem kommen sie: Durch Schlepperorganisationen eingeschmuggelte Ausländer, die sich im reichen Westen Arbeit und ein besseres Leben erhoffen. Für die Wirtschaft als billige Arbeitskräfte oft unentbehrlich, fällt dem Staat der Umgang mit den nicht registrierten Ausländern schwer. Eigentlich müssten sie des Landes verwiesen werden. Andererseits sprechen nicht nur humanitäre Gründe gegen die Abschiebung von Immigranten. Mit einer "einmaligen" Amnestieregelung hofft Belgien, das Phänomen der illegalen Immigration in den Griff zu bekommen. Einzigartig ist dieses Vorgehen keineswegs. In den südeuropäischen Ländern, aber auch in Frankreich oder den Niederlanden wurden ähnliche Programme oft schon mehrere Male aufgelegt. Die Hoffnung, mit einer Amnestie und gleichzeitiger Verschärfung der Asylpolitik die illegale Immigration endgültig zu unterbinden, erfüllte sich allerdings in keinem Falle.

Als Akt der Vernunft ist Belgiens Amnestievorhaben dennoch zu werten: Die Kluft zwischen gesetzgeberischen Anspruch und gesellschaftlicher Realität wird verkleinert, Tausende der Betroffenen von dem Damoklesschwert der drohenden Ausweisung erlöst. Eher zur Beruhigung der Öffentlichkeit sind hingegen die verschärften Grenzkontrollen gedacht. Es ist kaum anzunehmen, dass Menschenhändler sich die bereits im Juli angekündigte Amnestie ausgerechnet im letzten Moment zu Nutze machen.