Kölner Stadtanzeiger, 10.1.2000

Erprobung nächste Woche Test-Panzer "Leo" in der Türkei

Berlin (dpa) - Das Testmodell des deutschen Kampfpanzers "Leopard" ist in der Türkei eingetroffen. Dies erfuhr die dpa am Samstag in Berlin. Wie die Berliner Zeitung "Tagesspiegel" unter Berufung auf diplomatische Quellen in Ankara berichtete, wollen die türkischen Streitkräfte in der kommenden Woche mit der Erprobung beginnen. In der türkischen Hauptstadt war wegen der Feiertage zum Ende des Fastenmonats Ramadan keine Stellungnahme zu erhalten.

Trotz massiver Bedenken in den Koalitionsfraktionen hatte der Bundessicherheitsrat am 20. Oktober vergangenen Jahres der Lieferung eines Leopard 2A5-Panzers an die Türkei für Vergleichstests zugestimmt. Die türkischen Armee, die in den nächsten Jahren rund 1000 neue Panzer anschaffen will, kann damit den als modernsten Panzer der Welt geltenden "Leo" ein Jahr lang im Vergleich zu Panzern anderer Nationen prüfen. Die Türkei hatte aus mehreren Ländern, darunter Frankreich, USA und Ukraine, Panzer zum Vergleich angefordert.

Der Bundessicherheitsrat wollte sein Votum über die Lieferung des Musterpanzers aber nicht als Vorentscheidung über das von der deutschen Rüstungsindustrie angestrebte Hauptgeschäft in Milliarden- Höhe verstanden wissen. Es sollte der Türkei in einer eindeutigen diplomatischen Note deutlich gemacht werden, dass über die von Ankara angestrebte Lizenzproduktion des Leopard II gesondert abgestimmt wird. In dieser Entscheidung - voraussichtlich im Jahr 2001 - will der Rat offenbar auch die Entwicklung der Menschenrechtslage in der Türkei berücksichtigen.

Unter Führung der Münchner Rüstungsunternehmens Krauss-Maffei Wegmann strebt die deutsche Rüstungsindustrie mit der Türkei eines der größten Rüstungsgeschäfte der letzten Jahre an. Ein Firmensprecher hatte 1999 erläutert, deutsche Firmen würden dadurch in den nächsten zehn Jahren Aufträge in Höhe von sechs Milliarden Mark erhalten. Es könnten 10.000 Arbeitsplätze gesichert werden.