yahoo, 7. Januar 2000, 16:34 Uhr

Türkische Nationalisten bestehen auf Hinrichtung Öcalans

«Jede Schuld muss bestraft werden» - Zum Tode verurteilter PKK-Führer fordert Verbesserung der Kurdensituation

Ankara (AP) Der Koalitionspartner des türkischen Regierungschefs Bülent Ecevit dringt gegen dessen Willen auf die Hinrichtung von PKK-Führer Abdullah Öcalan. Jede Schuld müsse bestraft werden, sagte der Vorsitzende der rechtsextremen Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP), Devlet Bahceli, am Freitag in der Stadt Osmaniye. Der zum Tode verurteilte Öcalan forderte unterdessen die Regierung in Ankara auf, die Probleme in den Kurdenprovinzen im Südosten der Türkei ernst zu nehmen.

Falls nichts gegen die Verarmung der Region getan werde, könnten sich dort Tragödien entwickeln, teilte Öcalan in einer von seinen Anwälten veröffentlichten Erklärung mit. «Während die Welt eine friedliche Entwicklung nimmt, wird in der Türkei jeden Tag über die Frage diskutiert: Hinrichtung, ja oder nein?», erklärte Öcalan.

Die Forderung Bahcelis nach Vollstreckung der Todesstrafe kam überraschend. Vor wenigen Tagen hatte er gegenüber der Zeitung «Milliyet» angedeutet, dass die Partei nicht mehr auf einer raschen Vollstreckung des Urteils besteht. Am Freitag sagte er jedoch, dass um des Friedens im Südosten willen nicht auf «die Hinrichtung eines Terroristen, der Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat und das Land in einen See voll Blut getaucht hat, verzichtet werden kann».

Ministerpräsident Ecevit hatte seine Koalitionspartner am Donnerstag aufgerufen, nicht auf eine Vollstreckung des Todesurteils gegen den Öcalan zu dringen. Sollte der Chef der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei (PKK) hingerichtet werden, setze die Türkei ihre jüngsten Erfolge aufs Spiel, sagte er. Am 12. Januar soll bei einem Treffen der Koalitionspartner geklärt werden, ob vor einem Parlamentsbeschluss über die Vollstreckung des Urteils die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte abgewartet werden soll.

In einer am Freitag von dem der PKK nahe stehenden Kurdistan Informations-Zentrum in Berlin veröffentlichten Erklärung kritisierte die Arbeiterpartei das Verhalten der MHP. Sie solle sich im Interesse der Türkei vernünftig verhalten, hieß es. «Was wir den vernünftigen Führungspersonen der Türkischen Republik sagen, ist, dass sie es nicht zulassen dürfen, dass negative Dinge eintreten, die das gesamte türkische Volk in eine Katastrophe führen», hieß es weiter.