Neues Deutschland 5.1.2000

Streit über Tagesordnung

Sicherheit oder Grenzen zuerst? /Weiterer Abzug aus Westjordanland klar

Israel hat Syrien vorgeworfen, die Friedensgespräche in den USA in eine erste Krise gestürzt zu haben.

Shepherdstown/Tel Aviv (Reuters/dpa/ND). Die syrische Delegation halte sich nicht an die, vereinbarte Tagesordnung, kritisierte Haim Ramon, Minister im Büro von Ministerpräsident Ehud Barak.
Israel bestehe darauf, dass zuerst über Sicherheitsfragen gesprochen werde. Syrien wolle jedoch zuerst über die Grenzen sprechen. Syrien äußerte sich weiter zuversichtlich über die Chancen für ein Friedensabkommen. Am Montag war es USA-Präsident Bill Clinton nicht gelungen Barak und Syriens Außenminister Faruk el Schara an einen gemeinsamen Tisch zu bekommen. USA-Außenministerin Madeleine Albright wollte am Dienstag erneut vermitteln. Es mache keinen Sinn zuerst Gespräche über Grenzen zu führen, sagte Ramon und fügte hinzu: »Der Umfang des Rückzugs hängt davon ab, was für Sicherheitszusagen erreicht werden« Vor den Gesprächen sei vereinbart worden, erst über die Sicherheitsgarantien, dann über die Normalisierung der Beziehungen, dann über die Grenzfrage und schließlich über die Wasserprobleme zu sprechen.
Die amtlichen syrischen Zeitungen zeigten sich trotz der Anfangsprobleme weiter optimistisch. Es gebe nach wie vor Hoffnung, die Schwierigkeiten auszuräumen, schrieb »EI Thaura«. Die »Syria Times zeigte sich überzeugt, dass es Clinton gelingen werde; Barak zu präziseren Aussagen als bisher in der Frage eines Rückzugs von den Golan-Höhen zu bewegen. Der von den Syrern geförderte und auch von Israel im Prinzip gebilligte Abzug von den Golan-Höhen ist Hauptthema der Friedensverhandlungen. Israel hält den Höhenzug seit 1967 besetzt, will aber nur gegen Sicherheitsgarantien und die Klärung der Wasserversorgung territoriale Zugeständnisse machen.
Unterdessen haben sich Israel und die Palästinenser über den seit sieben Wochen verzögerten Truppenabzug aus weiteren fünf Prozent des. Besetzten Westjordanlands geeinigt. Dies gab der palästinensische Unterhändler Sajeb Erekat am Dienstag nach einem Treffen mit seinem israelischen Gesprächspartner Oded Eran bekannt. Erekat sagte, es sollten die vereinbarten Landkarten unterzeichnet werden auf denen die zu räumenden Gebiete erscheinen. Der Abzug werde innerhalb von 40 Stünden umgesetzt. Bei dem neuen Truppenabzug handelt es sich um den zweiten von insgesamt drei Abzugsschritten, die beide Seiten Im, vergangenen September vereinbart hatten. Vereinbarungsgemäß hätte der Abzug bereits am 15. November erfolgen müssen. Beide Seiten konnten sich jedoch bislang nicht auf die zu räumenden Gebiete einigen.
Während Israel sich aus unbewohnten Gebieten zurückziehen wollte, forderten die Palästinenser die Räumung von Bevölkerungszentren. Es war zunächst unklar, worauf sich beide Seiten letztlich einigten. Der dritte Abzugsschritt aus weiteren 6,1 Prozent des Gebiets soll laut Abkommen am 20, Januar erfolgen.