AP 04.01.2000 13:16

Nationalisten beschuldigen türkischen Außenminister Cem

Streit um Zulassung der kurdischen Sprache

Ankara (AP)
Die türkische Generalstaatsanwaltschaft prüft nach einem Zeitungsbericht, ob Außenminister Ismail Cem mit Äußerungen zur Benutzung der kurdischen Sprache gegen das Gesetz verstoßen hat. Cem hatte im Dezember gefordert, jeder Bürger in der Türkei müsse in Fernsehsendungen seine Muttersprache sprechen können. Die Zeitung «Sabah» schrieb am Dienstag, ein Apotheker aus Ankara habe deswegen eine Eingabe bei der Staatsanwaltschaft eingereicht, in der Cem «separatistische Propaganda» vorgeworfen werde. Im Fall einer Anklage drohen dem Außenminister drei Jahre Haft.

Seine Äußerungen waren bei Nationalisten auf Kritik gestoßen, nach deren Ansicht die Gewährung kultureller Rechte für Kurden ein Nachgeben gegenüber Separatisten der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) bedeuten würde. Das Sprechen der kurdischen Sprache wurde 1983 in der Türkei verboten, das Verbot 1991 aber gelockert. Seitdem darf Kurdisch bei inoffiziellen Gelegenheiten wieder benutzt werden. Dutzende Journalisten, Intellektuelle und Menschenrechtler sitzen wegen Unterstützung kurdischer Rechte oder wegen der Forderung nach einer friedlichen Lösung des Konflikts mit den Kurden im Gefängnis. Die Türkei steht unter wachsendem Druck der EU, den zwölf Millionen Angehörigen der kurdischen Minderheit mehr Rechte einzuräumen.