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Que Se Vayan Todos

- Argentinas Popular Uprising -


Ein Augenzeugenbericht des finanziellen Zusammenbruchs und der fortschreitenden Grasswurzelrebellion

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Der Kochtopfaufstand

Der 19. Dezember war der Wendepunkt, der Tag an dem die argentinischen Menschen "genug!" sagten. Die Bühne war bereits am Vortag bereitet worden, als Luete anfingen die Läden und Supermärkte zu plündern um ihre Familien ernähren zu können. Präsident Fernando De La Rua geriet in Panik. Vor 12 Jahren hatten ausgedehnte Plünderungen die Regierung zu Fall gebracht, und nun sind Plünderungen im argentnischen kollektiven Gedächtnis mit dem Sturz von Regimen verknüpft. De La Rua erklärte den Ausnahmezustand, hob alle verfassungsmäßigen Rechte auf, und verbot Versammlungen von mehr als drei Personen. Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Nicht nur weil er traumatische Erinnerungen an die siebenjährige Militärdiktatur weckte, in der über 30000 Menschen getötet wurden, es bedeutete auch daß der Staat den letzten Rest Würde einer hungrigen und verzweifelten Bevölkerung nahm - ihre Freiheit.
Am Abend des 19. Dezember, telefonierte unser Freund Ezequiel mit seinem Bruder der auf der anderen Seite von Buenos Aires wohnt. Sie tratschten gelassen, als sein Bruder plötzlich sagte: "Halt mal, hörst Du diesen Lärm?" Ezequiel strengte sich an um ein Art metallernes Klopfen durch den Telefonhörer zu hören. "Ja, ich höre etwas in Deinem Stadtteil, aber hier nicht." Sie unterhielten sich weiter, und dann hielt Ezequiel inne, und sagte: "Warte, jetzt höre ich etwas in meiner Nachbarschaft, das selbe Geräusch...". Er rannte zum Fenster.
Leute standen auf ihen Balkonen und schlugen auf Kochtöpfe, kamen heraus auf die Gehsteige Töpfe schlagend; wie ein virulenter Virus der Hoffnung infizierte der cacerolazo, der als Antwort auf den Ausnahmezustand begann, die ganze Stadt. Noch bevor die Fernsehübertragung der Ankündigung des Ausnahmezustandes durch den Präsidenten vorbei war, waren Menschen auf der Straße und setzten sich über das Verbot hinweg. Über eine Million Menschen nahmen in Buenos Aires selbst daran teil, schlugen auf ihre Töpfe und Pfannen und forderten das Ende der neoliberalen Maßnahmen und korrupten Regierungen. In jener Nacht dankte der Finanzminister ab. Während der nächsten 24 Stunden Straßen-protest töteten Zivilpolizisten sieben Demonstrierende in der Stadt, und 15 weitere wurden in den Provinzen ermordet. Der Präsident trat wenig später zurück und wurde per Helikopter aus dem Präsidentenpalast evakuiert.
Innerhalb von vierzehn Tagen fielen vier weitere Regierungen. Argentinien befand sich nun mit hoher Geschwindigkeit auf einem massiven Kollisionskurs, mit den Bedürfnissen und Nöten ihrer Bevölkerungen auf der einen Seite, und den Forderungen des IWF, die gelähmte Regierung und dem Kapitalismus auf der anderen Seite.

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