Dieses Dokument ist Teil des Buches „Wie geschmiert - Rüstungsproduktion und Waffenhandel im Raum Hamburg“, 1998

vorheriger Firma

Firmenverzeichnis

nächste Firma

Suche im Buch

Startseite

Impressum



Noske-Käser GmbH

22525 Hamburg (Bahrenfeld), Schnackenburgallee 47-51

Stammkapital: 11 Mio. DM
Beschäftigte: 825 (1982), 608 (1989), 529 (1995)
Umsatz: 100-130 Mio. DM (Anfang der 80er Jahre), 157 Mio. DM (1994/95)
Geschäftsführer: Lothar Dräger (bis 1996), Dr. Rolf B. Francke (seit 1980), Dr.-Ing. Reinhard Kunow (seit 1996), Udo Hütten (seit 1997)



Noske-Käser befasst sich mit der Planung, Konstruktion, Installation und Wartung von Anlagen für Schiffe, Fahrzeuge, Gebäude und Industriekomplexe in den Bereichen Klima-, Kälte und Wärmetechnik, Umweltsimulation, Rohrleitung und Feuerschutz. Es wird ein Reparatur- und Kundendienst unterhalten, der Wartung, Ersatzteillieferungen, Instandsetzungen und Umbauten für Eigen-und Fremdanlagen übernimmt.

Die Noske-Käser GmbH ist eine Tochterfirma von -> Blohm + Voss und gehört damit zum Thyssen-Konzern. Seit Anfang der 80er Jahre hat die Blohm + Voss AG einen Anteil von 96,4 Prozent am Stammkapital gehalten; dieser Anteil ist 1995 auf die Blohm + Voss Maschinenbau GmbH übergegangen. Die übrigen 3,6 Prozent liegen bei der schwedischen Gesellschaft ABB Flaekt Marine AB. Nachdem Noske-Käser über mehrere Jahre Gewinne gemeldet hat, ist für das Geschäftsjahr 1994/95 erstmals ein negatives Ergebnis ausgewiesen worden (Verlust: 1,4 Mio. DM).23

Den Geschäftsbereich Technische Gebäudeausrüstung hat die Firma 1996 zur Noske-Käser Gebäudetechnik GmbH, Düsseldorf, verselbständigt. In Deutschland hat Noske-Käser darüber hinaus Niederlassungen in Bremerhaven, Dresden, Frankfurt, Moers, München und Rostock. Auslandsvertretungen besitzt die Firma in 23 Ländern, darunter in Argentinien, Australien, Griechenland, Indien, Indonesien, Japan, Malaysia, Neuseeland, Singapur, Südkorea, Taiwan, der Türkei und Vietnam (Stand Juni 1996).

Beteiligung am Rüstungsgeschäft

Ein wesentliches Tätigkeitsfeld von Noske-Käser ist weiterhin die Produktion klimatechnischer Anlagen für Kriegsschiffe. Der lüftungstechnische Aufwand ist bei Kriegsschiffen wesentlich höher als bei Handelsschiffen, da erstere "immer unter einem bestimmten Verschlusszustand gefahren"24 werden und meistens auch gegen die Wirkung von atomaren, chemischen und biologischen Waffen abgeschottet werden sollen.

Beim Bau deutscher Kriegsschiffe besitzt Noske-Käser für bestimmte lüftungstechnische Anlagen praktisch ein Monopol. Die Bundesmarine hat für alle Neubauten den Einbau eines von Noske (und AEG) entwikelten, 1970 erstmals erprobten Systems zum Schutz vor ABC-Waffen festgeschrieben. Es handelt sich dabei um das sog. DSK-System (Dauer-Schutzluft-Klimasystem).25

Noske-Käser ist darüber hinaus in sehr erheblichem Umfang im Rüstungsexport aktiv. Die Firma stattet nicht nur diejenigen Kriegsschiffe, die bei der Muttergesellschaft Blohm + Voss für ausländische Streitkräfte gebaut bzw. entworfen werden, mit Klimaanlagen einschließlich ABC-Schutzfiltern aus, sondern beliefert auch zahlreiche andere deutsche26 und ausländische Kriegsschiffswerften. Es ist bekannt, daß Noske-Käser-Anlagen auf Kriegsschiffen u.a. der folgenden Länder installiert sind: Argentinien, Australien, Belgien, Dänemark, Indonesien, Malaysia, Marokko, Neuseeland, Niederlande, Nigeria, Norwegen, Portugal, Spanien, Südkorea, Türkei, USA, Venezuela27 Erwähnt sei an dieser Stelle auch (wenngleich dieser Geschäftskontakt vor dem Untersuchungszeitraum stattfand), daß der südafrikanische Militärattach, in Bonn, Brigadegeneral Dirk Hoffmann, zwischen 1970 und 1973 wiederholt die Firma Noske Nachfolger aufsuchte, um das ABC-Schutzsystem für ein südafrikanisches Kriegsschiffsvorhaben ("Projekt Taurus") zu besprechen.28

Welchen Umfang das Marinegeschäft in den 80er Jahren annahm, zeigt die Veränderung der Zahlenangaben in der Firmen- Selbstdarstellung: Von 1956 bis 1982 hatte Noske-Käser "weit über 600 Marinefahrzeuge in über 30 Ländern der Welt mit ihren Produkten und Anlagen ausgerüstet"29 . 1987 erklärte die Firma, sie habe inzwischen die Erfahrung aus der "Abwicklung von mehr als 1000 Marineschiffen für über 40 Länder".30

Noske-Käser beteiligt sich auch an der Weiterentwicklung der Seekriegstechnologie, etwa an den Bemühungen, Kampfboote für den Gegner "unsichtbar" zu machen. 1988 patentierte die Firma ein Verfahren, durch das ein Stealth-Schnellboot mittels eines Wassersprühschleiers vollständig unentdeckbar gemacht werden soll.31

Noske-Käser gehörte zu den Sponsoren der internationalen U-Boot-Konferenz "Subcon' 95", die die deutsche U-Boot-Industrie zu Zwecken der Werbung und zur Anbahnung neuer Exportgeschäfte 1995 in Kiel veranstaltete.32 Für U-Boote fertigt die Firma u.a. Schraubenkälteaggregate.

Aufgrund des "Erfahrungsschatzes" im Kriegsschiffbau konnte Noske-Käser das Militärgeschäft auch auf den Bau von Klima- und ABC-Anlagen für Panzer, andere militärische Fahrzeuge, Elektronik-Shelter sowie für "Landanlagen" ausdehnen.33

Abluftwaschanlage für irakisches C- und B-Waffen-Labor

Der "Stern" berichtete in seiner Ausgabe vom 7.2.1991 über das irakische Projekt "Diyala", das nach Erkenntnissen des CIA und des israelischen Geheimdienstes Mossad mit Hilfe deutscher Firmen zu einem Zentrum für die Entwicklung und Erprobung chemischer und bakteriologischer Kampfstoffe ausgebaut worden war. Es hiess dort u.a.:

"Die Düsseldorfer Firma Thyssen Rheinstahl Technik (TRT) schloss 1980/81 mit der `Republic of Iraq, State Constructional Contracting Company' Verträge über die Einrichtung eines `chemischen Labors Diyala' (Kosten: 11,9 Millionen Mark), eines `Gästehauses' (7,4 Millionen Mark) und eines `Theaters' (2,1 Millionen Mark). Für die Ausführung schaltete Thyssen Rheinstahl mindestens acht deutsche Firmen als Subunternehmer ein. ... Die Hamburger Firma Noske-Käser (eine Tochter der Blohm & Voss-Werft, die wiederum mehrheitlich Thyssen gehört) installierte -neben Klimaanlagen und Kühlräumen - eine aufwendige Abluftwaschanlage für die Labors, wie sie selbst ein Experte, der mit der Affäre um die libyische Giftgas-Fabrik in Rabita befasst war, `noch nicht gesehen hat'. Auch die Chemiker Dr. Braungart und Dr. Meissner halten die Abluftwaschanlage, im Verhältnis zu den zehn Einzellabors, für `weit überdimensioniert'. `Die Abluftanlage gab einem zu denken', so auch ein Thyssen-Mitarbeiter zum STERN, `weil die Iraker sonst mit Umweltschutz nichts am Hut haben.' Maschinenbau-Ingenieur Peter Heinrich, Projektleiter von Noske-Käser in `Diyala': `Ich wäre damals überhaupt nicht auf die Idee gekommen, dass da was Schlimmes eingebaut wurde. Auf Nachfrage wurde uns nur gesagt, die Anlage müsse gegen schwefelige Säure resistent sein. Wenn Sie da keinen Luftwäscher einbauen und draussen geht jemand vorbei, steht der im Freien.' Heinrich bekam erst jetzt einen Schreck, als er über CNN-TV eine Satellitenaufnahme sah von Salman Pak und hörte, dort würden vermutlich biologische Kampfstoffe hergestellt. ` Für mich war das damals ein Job wie jeder andere. Ich habe die Sache für sauber gehalten. Heute sehe ich das anders.'"

Also: Eine Firma, die auf Anlagen zum Schutz vor ABC-Waffen spezialisiert ist, beteiligt sich in einem Land, das sich gerade im Kriegszustand (mit dem Iran) befindet und wegen des Einsatzes von chemischen Waffen international angeprangert wird, auf einem militärisch hochgesicherten Areal am Aufbau von Chemielabors -und der Projektleiter dieser Firma will von einem militärischen Hintergrund des Ganzen nichts geahnt haben? Um diese Darstellung zu akzeptieren, muss man schon eine grosse Portion Gutgläubigkeit mitbringen.

In ihrer Grossen Anfrage zu Rüstungsproduktion und Waffenhandel in Hamburg wollte die GAL-Bürgerschaftsfraktion im Mai 1995 wissen, ob und wenn ja, mit welchem Ergebnis gegen Noske-Käser wegen des beschriebenen Irak-Geschäfts ermittelt worden sei. Die Antwort des Senats lautete: "Ein entsprechendes Verfahren konnte bei den Strafverfolgungsbehörden nicht ermittelt werden."34

Geschichte

Noske-Käser geht auf zwei verschiedene Firmen für Lüftungs- und Heizungsbau zurück: eine 1879 von Robert F. Noske in Altona gegründete Maschinenfabrik und auf den 1914 gegründeten, zunächst in Eimsbüttel ansässigen Betrieb von Anton Käser. Zur Geschichte beider Firmen gehört die Tradition im Rüstungsgeschäft: Die R. Noske Nachfolger lieferte bereits in der Kaiserzeit Heizungsanlagen für die Kriegsschiffe der deutschen Marine. Über Noske in der NS-Zeit ist in einer Firmenchronik zu lesen:35

"Während des 2. Weltkrieges stehen wieder Marineaufträge im Vordergrund, u.a. Lüftungs- und Heizungsanlagen für Grosskampfschiffe und U-Boote. Auch U-995, original wieder instandgesetzt und vor dem Ehrenmal Labö aufgestellt, ist mit Noske-Anlagen ausgerüstet. Aber auch der Gebäudebau, die technische Gebäudeausrüstung florierte. Ende der 30er Jahre projektierte und installierte das Unternehmen Zentralheizungsanlagen für Kasernen und Rohrleitungen für Hydrierwerke."

Die andere Vorgängerfirma, Käser, befasste sich im Zweiten Weltkrieg u.a. mit der Konstruktion und Montage von Klima- und Gasschutzanlagen für Luftschutzbunker.36

Im Jahr 1976 wurde zunächst die Firma R. Noske Nachfolger von der Blohm + Voss AG erworben. 1979 kaufte die Werft auch die Anton Käser GmbH & Co., worauf der Zusammenschluss beider Firmen zur Noske-Käser GmbH folgte.




Anmerkungen:

(23) Blohm + Voss: Geschäftsbericht '95, S. 21 u. 29.
(24) Noske-Käser: Grundsätze für moderne lüftungstechnische Anlagen an Bord von Marineschiffen (Prospekt von 1992), S. 7.
(25) Noske-Käser: ABC-Schutz im modernen Marineschiffbau (Prospekt von 1991), S. 6; vgl. H. Corleis: Klimatisierung und DSK-Systeme, in: Jahrbuch der Schiffbautechnischen Gesellschaft, 83. Bd. (1989), S. 302-307.
(26) Zur langjährigen Kooperation mit der Lürssen-Werft vgl. Naval Forces Nr. VI/1983 (Spec. Supplement Lürssen), S. 65.
(27) Vgl. Wehrtechnik Nr. 2/1983 S. 62, Nr. 5/1983 S. 116 u. Nr. 3/1996; Marine-Rundschau Nr. 7/1978 S. 464.
(28) 3. Welt Magazin Nr. 9/1977, eingeheftete Extra-Dokumentation S. XVI; vgl. informationsdienst südliches afrika Nr. 4/1977, S. 10f.; Stern Nr. 32/28.7.1977, S. 112ff.
(29) Wehrtechnik Nr. 2/1983, S. 62.
(30) Anzeige in Handbuch der Bundeswehr und der Verteidigungsindustrie 1987/88.
(31) Hans Krech: Projekt Stealth-Schnellboot "Schwarzer Panther", in: Schiff & Hafen Nr. 12/1995, S. 37f.
(32) Naval Forces, Special Issue Subcon' 95 (1995), S. 4 u. 43.
(33) Vgl. Wehrtechnik Nr. 2/1983, S. 62, u. Nr. 6/1986, S. 51f. .
(34) Bürgerschafts-Drucksache 15/3248, Frage 4.11
(35) Noske-Käser: Chronik eines Hamburger Traditionsunternehmens, o.O. (1990), S. 12.
(36) Ebd. S. 16.