Theodore W. Allen

Die Erfindung der weißen Rasse

Band 1
Rassistische Unterdrückung und soziale Kontrolle

Aus dem amerikanischen Englisch
von Jürgen Schneider und Dagmar Ganßloser
Mit einer Einleitung von Jost Müller
340 Seiten, 48,- DM, 46,- sFr, 350 öS, ISBN: 3-89408-078-7

»Theodore Allen schwingt den rhetorischen Hammer gegen all jene Historiker, die sich immer noch hinstellen und Rassismus als ein psycho-kulturelles Phänomen darstellen. Dagegen steht sein herausforderndes Diktum: ðIch bin kein Weißer!Đ Womit der Versuch angedeutet ist, Rassismus unabhängig von jedweder Hautfarbe zu begreifen und statt dessen als Instrument und Technik bürgerlicher Herrschaft und Repression zu enttarnen. Er bezeichnet sich selbst als einen ðproletarischen IntellektuellenĐ im Kampf gegen Rassismus.«
Times Literary Supplement

In Vorbereitung (Frühjahr 1999)
Band 2
Die Ursprünge rassistischer Unterdrückung in Anglo-Amerika
ca. 340 Seiten, 48,- DM, 46,- sFr, 350 öS, ISBN: 3-89408-079-5

Band 1 und 2 zusammen zur Subskription bis 1.September 1998
statt 96,- DM zum Preis von 79,80 DM, 74,80 sFr, 580 öS

ISBN: 3-89408-080-9

Auszug aus:
Die Erfindung der weißen Rasse
Band1, Kapitel 1: Die Anatomie rassistischer Unterdrückung:

So wie seit dem frühen 18.Jahrhundert der Ausdruck »negro« in Anglo-Amerika als Synonym für »Sklave« diente, außer wenn er ausdrücklich durch das Wörtchen »frei« modifiziert wurde, entsprach im englischen Recht der Ausdruck »hibernicus«, der lateinische Begriff für »ire«, dem juristischen Begriff für »unfrei«. So wie Afro-Amerikaner verpflichtet waren, jegliches Dokument, das ihr Freisein attestierte, gewissenhaft zu hüten, hegte und pflegte man in Irland zu Beginn des 14.Jahrhunderts Urkunden, die das Englischsein einer Person attestierten, auf die ansonsten der Verdacht fiel, vielleicht »falsche Engländer« zu sein. So wie zu Zeiten der angloamerikanischen Sklaverei »die Vergewaltigung einer Sklavin nicht als Verbrechen, sondern lediglich als unbefugter Zugriff auf das Eigentum des Sklavenhalters« galt (Phillips 1929, 162), wurden 1278 zwei Anglo-Normannen vor Gericht gestellt, denen man die Vergewaltigung von Margaret O'Rorke zur Last legte. Sie wurden schließlich freigesprochen, weil »besagte Margaret Irin ist« (Prendergast 1875,21). So wie ein 1723 in Virginia erlassenes Gesetz »die Tötung von Sklaven für nicht strafbar« erklärte (Hening 1723, 132f.), führte es unter anglo-normannischen Recht zum Freispruch, wenn man beweisen konnte, daß das Opfer einer Tötungshandlung irisch war. Anglo-normannische Geistliche erteilten mit der Begründung Absolution, daß es »nicht sündhafter sei, einen Iren zu töten, als einen Hund oder irgendein anderes Vieh« (Curtis 1943). So wie der Oberste Gerichtshof von Georgia 1851 entschied, daß die »Tötung eines Negers« kein Kapitalverbrechen sei, aber daran festhielt, daß dem Halter eines afroamerikanischen Leibeigenen, der von einem anderen »weißen« Mann getötet worden sei, Schadenersatz zustehe (Cobb 1851, 9), sprach ein englisches Gericht den Anglo-Normannen Robert Walsh frei, dem man die Tötung von John Mac Gilmore anlastete. Dies, weil das Opfer »lediglich ein Ire und nicht von freiem Blut« gewesen sei. Allerdings unter der Bedingung, daß »falls der Herr des besagten John Schadenersatz für die Tötung fordere, er (Walsh) dazu bereit sein müsse, diesen entsprechend der rechtlichen Vorgaben zu begleichen« (Prendergast 1875, 2). So wie 1884 der United States Supreme Court (Oberste Gerichtshof) unter Berufung auf Präzedenzfälle wie das Dred Scott-Urteil erklärte, daß Indianer rechtlich betrachtet Immigranten und insofern nur im Falle individueller Einbürgerung Staatsbürger seien, galten auch die Iren bis 1613, also über vier Jahrhunderte weg, nach englischem Recht als Fremde im eigenen Land. So wie selbst freie Afro-Amerikaner nicht als Zeugen zugelassen waren, wurde im anglo-normannischen Irland den autochthonen freien Iren das Recht aberkannt, gegen englischen Rechtsbruch gerichtlich vorzugehen, weil »das englische Recht für sie keine Gültigkeit besaß« und sie deshalb auch über keine Rechte verfügten, die für einen Engländer bindend gewesen wären...