Aktion gegen den Sozialdezernenten Delorme, Mainz (Juni 78)

Wer die Wohnungen anderer abreissen läßt oder ihnen das Leben darin unerträglich macht, darf sich nicht wundern, wenn sein eigenes Haus nicht davon verschont bleibt.
Heute Nacht haben nicht Abreißkolonnen des »Sozial«-Dezernenten, an die sich alle Mainzer gewöhnt haben, wieder einmal zugeschlagen, um ein paar Familien das Dach über dem Kopf wegzureißen, sondern wir haben eine eigene Kolonne aufgestellt, um dem für die rigorose Zerstörung der Altstadt und den Aufbau einer Geisterstadt verantwortlichen Delorme einen Denkzettel zu geben. Gleichzeitig geben wir ihm ein neues Arbeitsfeld zur völligen Entfaltung seiner zerstörerischen und planerischen Fähigkeiten: jetzt kann er anfangen, sein eigenes Grundstück zu sanieren. Vielleicht reißt er sein eigenes Haus ab und baut sich einen Bunker, in dem er sich sicher fühlen kann.
Die Machtarroganz, mit der dieser Bürgermeister seit Jahren sein Werk betreibt, und die demütigenden Erfahrungen, daß durch Eingaben und Diskussionen mit den Behörden nichts erreicht wird, zeigen, daß wir uns mit anderen Mitteln zur Wehr setzen müssen. Was diese Politik der Stadt Mainz für die Betroffenen bedeutet und mit welcher Unverschämtheit sie durchgesetzt wird, zeigen folgende Beispiele:
Als Aufsichtsratsvorsitzender der Wohnungsbaugesellschaft und Bürgermeister hat Delorme sein wahres Gesicht gezeigt: In einem Großprojekt läßt er die ganze Altstadt abreißen, um eine Schnellstraße, Park-, Büro- und Kaufhäuser, Eigentumswohnungen und Exklusivläden in »schönstem« Beton aufzubauen. Das bedeutet, daß Großfamilien und intakte Wohn- und Lebensstrukturen innerhalb der Altstadt zerstört wurden. Für viele heißt es - und besonders davon betroffen waren Rentner, Ausländer, kinderreiche Familien und Studenten - raus aus den billigen Wohnungen, die man sich leisten konnte, um dann entweder teure Neustadtwohnungen zu nehmen oder obdachlos zu werden. Der Wohnwert wird in den sanierten Gebieten gleich Null. Ständige Lärmbelästigungen, häufig frequentierte Straßenzüge durch Park- und Kaufhäuser machen das Leben dort unerträglich. Die Folgen davon sind: eine Stadtflucht, die die Städte immer mehr zu reinen Konsum- und Verwaltungszentren werden läßt, während das Leben in den riesigen Betonkäfigen zur Vereinsamung führt, die alle sozialen Kontakte unmöglich macht. Für diese menschenfeindliche Politik, die die Spekulanten und die Konsumindustrie den wirtschaftlichen Nutzen des Grund und Bodens voll ausnutzen läßt, ist Delorme in erster Linie verantwortlich.
Wohl nicht ein Zufall ist es, daß dieser Delorme auch noch für die Obdachlosensiedlung »Zwerchallee« und andere langsam in slumartige Zustände hineinwachsende Stadtteile zuständig ist. Die von ihm eingeleitete Verelendung vieler Familien wird als deren selbstverschuldete Situation hingestellt, aus der sich niemand bemühen würde, herauszukommen.
Gerade diese Folgerung zeigt die Arroganz auf, mit der er Politik macht: Obdachlos bedeutet nämlich, keine Arbeit zu bekommen, »kriminell« zu werden, um genügend zu essen zu haben und sich durchsetzen zu können. Es bedeutet, in einer Ghettosituation außerhalb der Stadt und der übrigen Stadtbewohner zu leben. Das heißt, sich ständig durch Bitten und Betteln aus dem Rathaus ein paar Pfennige zu holen. Es bedeutet, sich ständig in menschenunwürdigen Behausungen (z.B. müssen Familien mit 6 Kindern in 2 1/2 Zimmern leben) und unhygienischen Verhältnissen aufzuhalten, wodurch Krankheiten oft seuchenartige Ausmaße annehmen. Schließlich bedeutet es für die Kinder und Jugendlichen, in Sonderschulen ausgebildet zu werden, um sich danach, wenn man »Glück« hat, als Hilfs- oder Gelegenheitsarbeiter in den mörderischen Prozeß der Produktion eingliedern zu müssen.

Überdies wurde Jugendlichen von Delorme nach langem Kampf endlich ein Haus für ein Jugendzentrum in Selbstverwaltung versprochen, obwohl er wußte, daß das Haus abgerissen werden sollte. Trotz Erfahrungen mit seiner Hinhaltetaktik glaubten die Jugendlichen, endlich ihr Ziel erreicht zu haben. Der Zeitpunkt für die Übergabe des versprochenen Hauses war jedoch so gewählt, daß er in die Urlaubszeit fiel und viele Jugendliche nicht da waren, als Delorme heimlich verfügte, das versprochene Haus abzureißen. Der Platz war im Zuge der Stadtsanierung »notwendig« geworden. Durch den Zeitgewinn und durch die demoralisierende Wirkung dieses Vorgehens zerbrach die Bewegung in viele Teile, so daß sich Delorme auch noch als derjenige hinstellen konnte, der eigentlich richtig gehandelt hätte, da man ja jetzt sähe, wie unwichtig dieses Zentrum für die Jugendlichen eigentlich gewesen sei.

Wir haben versucht, dem Delorme für seine Machenschaften einen Denkzettel zu verpassen. Diese Herren sollen nicht glauben, daß sie ungeschoren davonkommen und daß wir uns ständig von ihnen bevormunden lassen. Es gibt viele einfache Mittel und Wege, sie zu bestrafen und anzugreifen.
Das Geschrei (nur durch ein Zufall ist keiner dabei umgekommen, was wäre geschehen, wenn ...), das schon bei ähnlichen Aktionen in der Presse anfing, läßt uns kalt. Wir haben nur so viel gemacht und werden immer nur so viel machen, daß wir ausschließen können, einen Unschuldigen zu treffen. Mehr haben wir dazu nicht zu sagen.
Friede den Hütten, Krieg den Palästen!





Anschlag auf die »Neue Heimat« in Berlin (März 82)

Seit Jahren suhlt sich im Schweinepfuhl der Wohnungsbaugesellschaften ein ganz besonderes fettes Schwein: die gemeingefährliche Neue Heimat. Gegen ihr Berliner Verwaltungsgebäude haben wir heute Nacht einen Anschlag verübt.
Es ist besonders widerlich, wenn ein gewerkschaftseigener Konzern seine Klienten dermaßen bescheißt, wie das die NH seit Jahren tut. Nicht nur die persönliche Bereicherung bis in die letzte Managementstufe, sondern auch das Verhalten als Wohnungseigentümer ist ekelerregend. Nach den Spiegel- Veröffentlichungen erübrigt sich dazu jedes weitere Wort.
Die NH hat frühzeitig angefangen, mit dem BKA zusammenzuarbeiten, um Kontrollmöglichkeiten über »abweichendes soziales Verhalten Randständiger« in Neubaugebieten zu untersuchen. 1979 nahm das Vorstandsmitglied Vormbrock an einem Seminar des BKA zum Thema »Städtebau und Kriminalität« teil. Beispielhaft war die NH- Siedlung Osterholz-Tenever. (Einzelheiten in: Autonomie Neue Folge Nr. 3 [58]). Die erstaunlich gute Zusammenarbeit mit den Bullen und dem Senat trug in Berlin dann auch besondere Früchte. Die Vorreiterrolle der NH bei den großangelegten Räumungen im Sept. 81 ist keineswegs vergessen. Und schon plant sie laut Zitty [59] zehn weitere Räumungen, offensichtlich will sie rechtzeitig bis zum Ablauf des Oster-Moratoriums wieder mit dabeisein.
Unter anderem diese ständigen Räumungsdrohungen und der Bullenterror zeigen Wirkung: Anders als 81 gibt es bei einigen Häusern eine Rette-sich-wer-kann-Stimmung - es soll verhandelt werden. Damit gehen viele Ziele baden, über die Gefangenen aus dem Häuserkampf reden nur noch wenige, der Autonomiegedanke wird ans Netzwerk [60] verkauft. Dem Senat ist es gelungen, die Bewegung einzugrenzen, es gibt keine gemeinsame Perspektive mehr, sondern nur noch persönliche Einzellösungen. Ein Vertrag ist keine Formsache, es werden Mietverhältnisse einkehren, es werden Verhandlungen über Modelle folgen, die Eigentumsfrage ist im Sinne der Eigentümer gelöst, man spricht ihre Sprache. Die Sanierungspolitik wird mitgemacht, der Sanierungsträger heißt nicht NH, Samog usw. sondern Netzbau GmbH und Co. KG, Solidarität heißt Selbsthilfe und kann abgerechnet werden.
'Wo es im Wohnungskampf schließlich eher um Sozialwohnungen für Sozialfälle ging und nicht mehr um ein Absolutes - daß Menschen sich auch militant nehmen, was sie brauchen, dabei auf Vorschriften, Behörden und Institutionen pfeifen und exemplarisch den Machtzusammenhang durchschlagen, damit ihn ein winziger Teil gerechter Strafe für seine Schandtaten in der dritten Welt ereilt - wo also das dem unmittelbaren materiellen Bedürfnis tranzendente politische Moment verloren hat, da war auch der Wohnungskampf unter die Kategorien von Kosten und Nutzen subsumiert. Damit aber war er verloren. Es ist Unfug, für eine Wohnung in einer militanten Konfrontation mit der Polizei Kopf und Kragen zu riskieren, die man individuell mit ein paar Überstunden finanzieren und durch Buckelei bei Behörden, Maklern und Vermietern auch bekommen kann und in der man dann auch nicht viel glücklicher ist.
Der Umstand, daß alle Leute gerne bessere und billigere Wohnungen hätten, gab den Hausbesetzern die trügerische Gewißheit, ein Masseninteresse zu vertreten. Also erwarteten sie die Solidarität der Massen im Kampf. Sie vergaßen dabei, daß dieses Interesse für sich genommen kein revolutionäres ist , daß aber die Massen nur als Revolutionäre wirklich kämpfen. Als Pressure-Group haben nur die schon Mächtigen Erfolg. Die Ohnmächtigen machen sich in dieser Form zum Gespött. Die Revolutionäre haben in den Metropolen keine andere Macht als die Erkenntnis, wie verkehrt die Gesellschaft ist, und ihre eigene Entschlossenheit, diese zu ändern. Alles andere ist unglaubwürdiges Anbiedern, leere Drohung, durchschaubares Erpressungsmanöver - Geschwätz. Die optimistische Machtprotzerei ist zutiefst resignativ.' (Wolfgang Pohrt, Ausverkauft)
Schafft viele Revolutionäre Zellen





Anschlag auf die Wohnungsbaukreditanstalt, Berlin (April 83)

Seit Monaten stehen die Aktivisten im Berliner Häuserkampf mit den Rücken zur Wand. Haus um Haus wird geräumt, aus »baupolizeilichen Gründen« gesperrt oder durchsucht. [...]
Häuserkampf und Widerstand 83? Unsere anfänglichen Vorstellungen, in diesem Bereich gesellschaftlicher Ausbeutung und Demütigung könne sich über die ersten Ansätze hinaus eine starke sozialrevolutionäre Bewegung entwickeln, haben sich als weit aufgeschoben erwiesen. In dem Maße, wie die einst phantasievolle massenhafte Bewegung auf die in den besetzten Häusern Lebenden zusammengeschrumpft ist, hat sich die Frage »wie geht es weiter im Häuserkampf?« auf das Überleben in den besetzten Häusern reduziert, ob mit oder ohne Vertrag. [...]
Dieser Prozeß zunehmender Desorientierung wurde sich durch verstärkte Kriminalisierung und Bullenterror forciert, aber damit allein den Zustand der Bewegung zu erklären, ist nur die halbe Wahrheit. Der andere Teil ist die Entwicklung einer Bewegung, die es anfangs verstand, die wohnungspolitische Betroffenheit breiter Bevölkerungskreise miteinzubeziehen, sich aber dann auf eine militante, nur die Hausbesetzer umfassende Interessensvertretung reduzierte.
Um an die Hintergründe und Hintermänner der Stadtzerstörung zu erinnern, haben wir heute Nacht in der Vorstandsetage der Wohnungsbaukreditanstalt eine Bombe zum Platzen gebracht. [...]





Aktion gegen den Leiter des Liegenschaftsamtes, Frankfurt (Mai 82)

Müller-Helms, Chef des Frrankfurter Liegenschaftsamtes, ist das typische Karriereschwein, das sich auf den Elend und dem Rücken der einfachen Leute in Wallmanns [61] Männerchor Sprosse um Sprosse hochhangelt.
Bereits als Assessor in den Dienst der Stadt, meint dieser junge Mann, durch Gewaltakte und Erpressung gegen die Bewohner verschiedener Frankfurter Stadtteile seinen Weg nach oben beschleunigen zu müssen.
Schlagzeilen machte er kürzlich, als am 5.4.82 nach seiner Anweisung und unter seiner Regie Wohnungen im Westend, Niederau 57, kurz und klein und unbewohnbar geschlagen wurden. Ganz im Sinne der Besitzerin, der Deutschen Bank, die, ihre Profite im Auge, offensichtlich nicht gewillt war, den gerichtlich angeordneten Räumungstermin - 30.4. - abzuwarten. Die Deutsche Bank wird's ihm danken und neben einem bescheidenen Taschengeld auch etwaige Geldstrafen (sofern es diese überhaupt geben sollte) übernehmen.
Weniger Schlagzeilen machen bis jetzt die unter seiner Leitung laufenden Versuche, auch den alten Ortskern von Bornheim und das Nordend kaputtzusanieren. Dort werden die Alteingesessenen von Kaufangeboten bedrängt, die die Bahn freimachen sollen für die Gewinne des lohnende Objekte planenden Spekulantengesindels. Die Menschen, die dort teilweise ihr Leben lang wohnen und weiterwohnen wollen, sollen vertrieben werden, um Platz zu machen für gutverdienende und gutbezahlende Mittelklässler.
Daß derlei Handeln für die Verantwortlichen nicht ohne Folgen bleibt, kann sich Müller-Helms - und nicht nur der - nun überlegen.
Heute hat in F.-Harheim nur sein Mercedes gebrannt.





Anschlag gegen die Firma Texas Instruments, Nürnberg (Februar 83)

Aus Solidarität mit allen NATO-Kriegsgefangenen, so Christian Klar, Adelheid Schulz und Brigitte Mohnhaupt [62], so Helga Roos [63] oder auch die Besetzer des Kölner Türkei-Konsulats [64] von Dev Sol, was als Grund für das Verbot der »Revolutionären Linken« herhalten mußte, sowie aus Solidarität mit dem Befreiungskampf der Völker im Nahen Osten und in Mittelamerika, erklären wir uns verantwortlich für den Brandanschlag in der Nacht zum 13.2.83 auf den multinationalen US-Konzern »Texas Instruments«.
Warum wir uns gerade dieses Objekt ausgesucht haben, brauchen wir sicher nicht zu erklären, da »Texas Instruments« natürlich einen Ausdruck des US-Imperialismus darstellt. [...]
Zur Aktion selbst noch ein paar Worte: wir haben in dem Bewußsein gehandelt, daß alle revolutionären Kriegsgefangenen, also die kämpfenden Menschen, die der Apparat irgendwann mal gecasht hat, schärfsten Bedingungen ausgesetzt sind.
Konkret heißt das: Isolationsfolter, Psychiatrisierung, »Selbst«-Gemordete etc. - immer mit dem einzigen Ziel, die Identität zu zerstören und seinen Widerstand zu brechen. [...]





Anschlag gegen das Justizvollzugsamt Hamm (November 83)

Das Justizvollzugsamt Hamm verwaltet die Knäste in Westfalen, die Zuchthäuser Werl, Bochum, Hamm, Bielefeld u.a.m. Zwischen dem Justizministerium und den einzelnen Knästen bestimmt es den Alltag im Knast, der dann zusätzlich von der Willkür und Bösartigkeit oder aber der Rücksichtnahme der einzelnen Wärter, Knastärze und Knastkommandanten ausgefüllt werden kann. [...]
Das Justizvollzugsamt ist eine Institution, in der sich die Eichmann-Mentalität [65] hartnäckig behaupten kann. Jene Haltung, doch nur »seine Pflicht« zu tun, »nur« Gesetze und Verordnungen zu vollstrecken, damit aber - »nach Aktenlage« über das Leben Tausender von Gefangenen zu entscheiden, nichts anderes zu sein als: Schreibtischtäter!
Sie bauen darauf, daß ihre Handlungen im Dickicht des bürokratischen Gestrüpps anonym bleiben, daß die Gefangenen isoliert und vereinzelt - ihren Schikanen relativ wehrlos ausgesetzt sind.
Unser Anschlag auf das Gebäude des Justizvollzugsamtes sollte nicht so mißverstanden werden, daß nicht auch die Verantwortlichen für die kleinen und großen Schikanen bekannt wären.
Dies gilt in besonderem Maße für unseren Genossen Klaus Viehmann [66], der wegen der Enteignung von 6 Millionen von einer österreichischen Kapitalistenfamilie und der Befreiung politischer Gefangener verurteilt wurde.[...]





Aktion gegen Firma Kreuzer, Bonn und Firma Koch, Gütersloh (August 84)

Knastkampf - drinnen und draussen!
Der Knastkampf in Bielefeld und Preungesheim hat uns erneut klargemacht, wie wichtig der Kampf gegen die zerstörerischen Haftbedingungen ist, für die Gefangenen, aber auch für uns hier draußen. Und das nicht nur, weil viele zunehmend vom Knast bedroht sind, sondern weil Knast und »freie« Gesellschaft immer mehr zu einem einheitlichen Geflecht von Zwang, Auspressung und Zerstörung verknüpft werden:
In den Knast kommt, wer die Normen verletzt, besonders die, die das kapitalistische Eigentum nicht respektieren und über Verweigerung und Aneignung ihr Leben reproduzieren. Ca. 60.000 Menschen hat dieser Staat zur Zeit eingeknastet und es werden immer mehr, denn in Krisenzeiten ist selbst der angepriesene Weg zur freiwilligen Ausbeutung für viele versperrt. Zudem haben Werte wie Beruf, Ausbildung, Arbeit an Bedeutung und damit an Integrationskraft verloren.
Auf diese neue gesellschaftliche Situation stellt sich auch das Knastsystem ein, der Staat baut um:
Mit Mitteln des Zwangs, mit einem abgestuften System von Belohnung und Bestrafung und nach einem genauen, nach technischen Abläufen geplanten Alltag soll die Identität der Gefangenen gebrochen werden, damit sie funktionsfähig für dieses System sind oder zumindest kontrollierbar.
Mit modernsten technischen Mitteln von Isolation, Kontrolle und Überwachung wird jede Lebensäußerung festgehalten, um sie den breit angelegten Erziehungsprogrammen zu unterwerfen.
Knast ist also nicht das Ende der Repressionskette, sondern integrierter Bestandteil kapitalistischer/imperialistischer Systeme. Der Kampf dagegen ist eine Sache von drinnen und draußen.
Auch wenn die Mauern hoch sind, Knast ist kein abgeschlossenes Gebilde, außerhalb der eigentlichen Gesellschaft, sondern kann nur funktionieren, indem gesellschaftliche Institutionen, Firmen, Personen Knast von außen aufrecht erhalten: von Ärzten, Psychologen, Bullen, Schließern, die sich nach ihrem Tagwerk in »nette« Nachbarn verwandeln und so tun, als wär nichts gewesen. Oder Architekten und Bauunternehmer, die - immer sachlich - an Verbesserungen der Einmauerung arbeiten oder modernste Kanzeln mit Schießscharten für noch bessere Kontrolle und Mord in die Mauerecken setzen. Auch die Lebensmittelhändler, die mit ihrem vergammelten Gemüse, das sie draußen nicht mehr loswerden, sich drinnen dumm und dämlich verdienen. Vor allem aber honorige Firmen, die mit unsichtbaren Abteilungen in fast alle Knäste der BRD investiert haben und sich an der Knastarbeit bereichern.
Wir haben zwei dieser Firmen angegriffen: am 5.8.84 haben wir bei Firma Kreuzer einen LKW in Brand gesteckt und am 11.8.84 haben wir bei Firma Koch einen Sprengsatz gezündet.
Firma Koch in Gütersloh läßt als Subunternehmer den größten Teil der Produktion in Knästen - besonders in Hochsicherheitstrakten - herstellen. Heimarbeit und Knastarbeit sind die Produktionsformen, aus denen die Firma Koch ihre Profite zieht.
Firma Kreuzer läßt seit Jahrzehnten in den Knästen und der Psychiatrie produzieren - Kugelschreiber zsuammensetzen ist typische Knastarbeit. Anfang des Jahres wurde Kreuzer von der Firma Toteck aus Düren übernommen. Mit der Drohung eines Konkurses konnte die Hälfte der Belegschaft draußen entlassen und die Löhne der übrigen gekürzt werden. Dadurch ist es für die jetzige Besitzerin möglich, durch die weitere Verlagerung der Produktion in Psychiatrie und Knast die Mehrwertauspressung sprungartig zu steigern!
Unter härtesten Bedingungen werden die Gefangenen zu Arbeiten gezwungen, die draußen zu teuer, zu gefährlich, zu dreckig sind. Arbeiten, die nur Menschen in äußersten abhängigen Situationen aufgezwungen werden können: Frauen, die durch Heimarbeit ihre Existenz sichern müssen. Arbeiten, wie sie die Frauen in den Weltmarktfabriken Südostasiens machen müssen. Zu diesen Arbeiten der privaten Wirtschaft werden 56 % der Gefangenen gezwungen, davon 60 % innerhalb und 40 % außerhalb der Knäste. Durch die Beschneidung der sozialen Lebensäußerungen und der Kontakte erscheint die Arbeit oft als einzige Möglichkeit der Betätigung. Zudem ist die Zwangsarbeit im Knast für viele die einzige Möglichkeit, um überhaupt an etwas Kohle ranzukommen, für den Einkauf.
Die wenigsten Arbeiten gehören zu den begehrteren, zu denen man oder frau nur bei Wohlverhalten eingeteilt wird. In Wäschereien, Schlossereien, Büchereien und Küche gibt es die Möglichkeit, mal mit anderen zu reden und nicht nur immer allein auf der Zelle die stumpfsinnigsten Arbeiten im Akkord zu verrichten. 3.000 Stecker - oder ab in die Zelle ohne Fenster, ohne Licht, ohne Laut und Luft! Das soll dann die allerletzte Perspektive für die Überausbeutung im Knast sein. Die Firmen nützen das aus und machen sich zum Komplizen des Knastes. Nur bei Erreichung des Pensums kriegen die Knackis 5. DM bis 7, DM pro Tag, den Rest streicht die Knastverwaltung ein.
Das Arbeitszwangsystem im Knast ist der deutlichste Ausdruck, was das Kapital mit seiner »Wende » eigentlich anstrebt, es schaltet von den subtilen Zwängen des »Sozialstaates« auf ein System abgestufter Gewalt bis hin zu den Formen völliger Kontrolle und Zerstörung. Verelendung oder Zwangsarbeit auf Friedhöfen, das ist die neue Alternative für den Sozialhilfeempfänger. Überausbeutung und Deportation, das ist die Alternative für Heer illegalisierter Immigranten. Hungerlohn oder Tod im türkischen Knast, das ist die Alternative für die illegalisierten abgelehnten Asylanten.
Zwangsarbeit drinnen und draußen, Zerschlagen von kollektiven Kommunikations- und Handlungsstrukturen, Isolation und Vereinzelung im Alltag, in der Arbeit: Zellenarbeit - Heimarbeit, so daß die Menschen ihre Unterdrückung und Ausbeutung immer weniger gemeinsam erfahren, vereinzelt und gegeneinander ausgespielt werden, während die Überwachung und Kontrolle über Datensammeln und Zentralisierung immer mehr zu einem Erfassungssystem ausgebaut werden.
Der Kampf der Bielefelder Traktgefangenen hat zwei wichtige Dinge aufgedeckt. Trotz des hartnäckigen Widerstandes in verschiedenen Knästen gegen Arbeit und Überwachung, arbeitet das Knastsystem fieberhaft daran, die Techniken der Überwachung und Isolation im Hochsicherheitstrakt voranzutreiben. Dieser wird aber nicht nur gegen die »politischen« Gefangenen, sondern auch gegen die »sozialen« Gefangenen eingesetzt - als politischer Angriff gegen alle, die sich gegen die Strategien des Arbeitszwangs und der Zerstörung zur Wehr setzen.
Es geht darum, diese angefangene Richtung des Knastkampfes weiterzuentwickeln - gemeinsam - drinnen und draußen!
Revolutionäre Zellen und Rote Zora





Aktion gegen das Fraunhofer-Institut, Duisburg (Mai 84)

Mit dem Vorsatz »Sprengen wir dieses Programm« im Kopf und einem Sprengsatz unterm Arm haben wir der zukünftigen Filiale der Fraunhofer-Gesellschaft in Duisburg einen nächtlichen Besuch abgestattet.[...] Es wird manchem unverständlich sein, was wir gegen die Fraunhofer-Gesellschaft haben, wo sich doch die Politiker der Landesregierung und des Ruhrgebiets in ihrer Freude über diese gelungene Ansiedlung geradezu überschlagen und dem Ruhrgebiet dank der »Zukunftstechnologien« eine glänzende Zukunft versprechen.
Das Duisburger Institut soll mit ca. 100-120 Forschern auf dem Gebiet der Mikroelektronik arbeiten, d.h. sich mit dem Entwurf mikroelektronischer Schaltungen, der Systementwicklung und Systemapplikation beschäftigen.
Die Landesregierung erhofft sich langfristig in der Nachfolge des Instituts die Ansiedlung entsprechender Produktionsbetriebe, kurzfristig aber die Anwendung der Forschungsergebnisse vor allem zu Rationalisierungszwecken. Grundlagenforschung im Bereich der Mikroeletronik ist bekanntlich Voraussetzung für Industrieroboter wie auch Steueranlagen, Textverarbeitungssysteme und Heimcomputer. Von entscheidender Bedeutung ist solche Forschung für die Verfeinerung von Kriegswaffen und Kriegsgeräten: die Leistungsfähigkeit der Bordcomputer von Flugzeugen, Panzern, Schiffen und Raketen entscheiden heute über den Ausgang von Kriegen.
Das Duisburger Institut soll sich darüberhinaus durch eine Verknüpfung von privater Forschung und der Duisburger Gesamthochschule auszeichnen. Nicht nur wird der vom Siemens-Konzern sozialisierte Leiter des Instituts einen Lehrstuhl an der Gesamthochschule erhalten, es sind weitere, von der Industrie finanziert, den Fraunhofer Forschungen zugeordnete »Lehrstühle » im Gespräch. Neu ist dabei nicht die Verwertung von Wissenschaft fürs Kapital, sondern der unmittelbare Zugriff auf Forschungsschwerpunkte, Lehrinhalte, auf die Auswahl von Dozenten und Studenten durch die Konzerne selbst.
Die Ansiedlung des Fraunhofer Instituts mit einem Kostenaufwand von zunächst 476 Millionen DM stellt das erste sichtbare Ergebnis der von der NRW-Landesregierung für 1984 angekündigten »Initiative Zukunftstechnologie« dar. Neben der Ansiedlung bzw. dem Ausbau weiterer Forschungsinstitute gehören dazu ebenfalls die in mehreren Städten des Ruhrgebiets projektierten »Technologieparks« und die Einrichtung staatlich finanzierter Technologietransferstellen - samt und sonders mit dem Schwergewicht auf Mikroelektronik, Bio- und Gentechnologie, Kommunikationstechnologie und Energietechnik (Atom, Kohleumwandlung etc.) [...]

Die Fraunhofer-Gesellschaft ist eine der größten und wichtigsten Denkfabriken der BRD, aufgegliedert in 30 Einzelinstitute, seit den 50er Jahren in vorderster Front in der Kriegsforschung engagiert. Sechs dieser Institute werden unmittelbar vom Verteidungsministerium finanziert und sind ausschließlich in der Kriegsforschung tätig, andere Institute übernehmen von Fall zu Fall Aufträge des Kriegsministeriums, wie sie im übrigen auch fürs BKA und Innenministerium arbeiten. Über die 50er Jahre stellen die Propagandisten der Fraunhofer-Gesellschaft heute noch bedauernd fest: »Da die politische und gesellschaftliche Einstellung teilweise noch gegen Verteidigung und Verteidigungsforschung gerichtet war, sah sich die Fraunhofer Gesellschaft damals harten Angriffen und Kritiken ausgesetzt«. Heute scheint das ganz anders zu sein, die »zivile« Forschungstätigkeit, auch Auftragsforschung wurde enorm ausgedehnt und die Verklammerung von »ziviler« und militärischer Forschung bleibt erklärtes Ziel der Fraunhofer Gesellschaft, weil sich »beide Forschungssysteme unbestreitbar gegenseitig befruchten.«
Jenseits aller Forschungsmythen entpuppt sich die »Initiative Zukunftstechnologie« als rabiates Programm der Rationalisierung, der Intensivierung militärischer Forschung, der wachsenden sozialen Krise als Klassenkampf von oben. Und sie hoffen, daß diese Politik ohne Widerstand durchgesetzt werden kann, denn der »soziale Friede im Ruhrgebiet könnte zu einer geheimen Grundlage künftigen wirtschaftlichen und sozialen Erfolgs werden«.
Durch diese Rechnung wird ihnen ein Strich gemacht werden - mit SABOTAGE im Betrieb, in Streik- und Besetzungsaktionen, mit Anschlägen wie dem heutigen.





Anschlag auf das Konsulat von El Salvador, Köln (Januar 82)

»Kann einem relativ schwachen Land in der Einflußspäre einer Großmacht seine eigene soziale Revolution erlaubt werden? Antwort der USA: Polen ja - El Salvador nein.«
Dieser Ansicht huldigen nicht nur die berüchtigen USA, sondern der gesamte kapitalistische Westen. Allein in Mittelamerika sind dafür im vergangenen Jahr 30.000 Menschen auf unvorstellbar grausame Weise um ihr Leben gebracht worden. Es ist ekelhaft, mitzuerleben, wie sich die Reihen der Macht & Medien wieder schließen, um mit ihrem falschen Geheul über das von ihren Machtkomplicen im Osten vergewaltigte Polen, die Sicht zu verstellen auf die ungleich grausameren Tatsachen, wie nämlich soziale Revolutionen im Herrschaftsbereich des Westens im Blut ganzer Völker erstickt werden sollen.
Die Revolutionären Zellen haben einen Anschlag auf das Konsulat von El Salvador in Köln gemacht: um aufzuschreien gegen das Massaker von Morazan [67], wo vor einem Monat von der salvadorianischen Militärjunta tausend Kinder, Frauen, Arbeiter und Bauern bestialisch vergewaltigt, erschossen, zerstückelt und verbrannt worden sind. Das war nicht nur das Werk einer viehischen Soldateska, sondern ebenso eiskaltes Kalkül der dort tätigen US-Berater, die durch Massenmord an der Landbevölkerung die Grenzgebiete zu Guatemala und Honduras entvölkern wollen. Der US-Botschafter Deane R. Hinten hat nach eigenen Angaben die »Operationen« in Morazan vom Hubschrauber aus beobachtet.
Und auch der berüchtigte Dr. Roy Prostermann hat bei diesem »Landreformprogramm« seine Finger wieder im Spiel. »In Vietnam hatte er mit dem späteren CIA-Direktor Colby das Projekt Phönix verwirklicht, durch das die Landbevölkerung von Vietcong-Elementen gesäubert wurde. Phönix-Bilanz: 45.000 Tote.« (Stern)
Mit Massakern wie in Morazan sollen an den Grenzen El Salvadors menschenleere Aufmarschgebiete für die Armeen der Militärdiktaturen Guatemala und Honduras geschaffen werden, die die Nationale Befreiungsfront Farabundo Marti in die Zange nehmen und vernichten wollen, um damit einer Revolutionierung ganz Mittelamerikas zuvorzukommen. Auch der Zeitpunkt für diese »kleine Interventionslösung« (Pentagon-Jargon) steht bereits fest: vor Ende März, noch vor den »Wahlen« soll die gesamte bewaffnete und politische Opposition in El Salvador zerschlagen und vernichtet werden. Der US-Botschafter: »Es wird vor den Wahlen noch ein Blutbad gegen - wenn es überhaupt zu Wahlen kommt.«
Geht dagegen jetzt auf die Straße! Tut, was in euren Kräften steht! Die soziale Revolution in El Salvador darf nicht wie in Uruguay, Chile und Argentinien zerschlagen werden! Die Nationale Befreiungsfront Farabundo Marti muß siegen!


Bekanntmachung
Hiermit möchten wir allen unseren Freunden und den Freunden des salvadorianischen Volkes bekanntgeben, daß das Konsulat und die Handelsmission von El Salvador in Köln Anfang dieses Jahres ihr schändliches Treiben eingestellt und ihre Pforten geschlossen haben.
Diesem löblichen Beschluß mußten wir allerdings massiv auf die Beine verhelfen: mit einem Bombenanschlag im Januar und einem persönlich gehaltenen Schreiben an den Herrn Konsul, das ihm die Konsequenzen seines verbrecherischen Geschäfts plastisch vor Augen führte und siehe da: Konsul Bauwens erwies sich als vernünftiger Mann.
Wer sagt da noch, bewaffneter Kampf führe zu nichts?





Anschlag auf das türkische Generalkonsulat, Köln (Februar 84)

In der Nacht zum 8.2. erfreute sich das türkische Generalkonsulat eines frischen Luftstoßes. Er fegte durch die Außenmauer und Büroräume einen stattlichen Tresor von den Beinen. In Begeisterung ob der geilen Brise bedauert es das Gebäude, weiterhin stehen zu müssen. Schon vor dem Sprengstoffanschlag hatte es der Generalkonsul vorgezogen, seine Residenz in einen Kölner Vorwort zu verlagern.
Im November 82 hatten 10 türkische Asylanten das Konsulat besetzt und 60 Beschäftige als Geiseln genommen. Grund: der politische Faschismus und die nach wie vor schweinischen Verhältnise in den türkischen Knästen und Internierungslagern.
Nach 15 Stunden wurde die Aktion abgebrochen, den Leuten wird zur Zeit in Köln gerichtlich der Strick gedreht. Allein schon aufgrund der bei diesem Prozeß abgegebenen politischen Erklärungen droht ihnen bei Verurteilung und Abschiebung in die Türkei der sichere Tod.
In diesem Zusammenhang die folgende Erklärung:
Die politisch Verfolgten und Flüchtlinge erfahren in dieser Krise wieder: sie sind noch lange nicht gerettet, wenn sie den Staatsjägern, Folterern und Henkern ihrer Länder entkommen sind. Solange hier ein Mensch ohne die »richtigen Papiere« Freiwild ist, solange immer gemeiner ausgeheckte Auflagen und unerfüllbare Vorschriften jegliches Existenzrecht außer Kraft setzen, so lange ist ein Flüchtling nirgendwo und niemals in Sicherheit.
Die BRD betreibt dieses Geschäft heute am grausamsten und gründlichsten. »Der Papierkrieg ist für Ausländer und Exilsuchende vor unserer aller Augen zu einem Krieg auf Leben und Tod eskaliert worden. Bürokratisch-dunkel, schleichend und heimlich, aber genauso kaltblütig und brutal wie jeder andere Krieg auch.« (Stephan Seidel in der Taz 3.2.84) Und nur die allerwenigsten Opfer dieses schmutzigen Kriegs werden bekannt. Dafür kennt jederman und jedefrau die Menschenjäger: Parteien und Ministerien verstopfen mit immer neuen gesetzlichen Fallstricken jedes Schlupfloch und Fremdenpolizei, Ausländerbehörde und Gericht, Zirndorf [68] und die Geheimdienste gehen zusammen mit den Botschaften und Konsulaten der Verfolgerländer auf Treibjagd.
»Die BRD ist seit dem Putsch in der Türkei aufgrund der vielfältigen Beziehungen zu den türkischen Arbeitsemigranten hier das bevorzugte Fluchtland für türkische Oppositionelle. Spätestens seit dem Putsch wurden der türkischen Botschaft in Bonn und allen Konsulaten Vertreter des türkischen Geheimdienstes MIT angegliedert, deren Aufgabe in der Auffindung und Beobachtung geflohender politischer Gegner besteht. Dazu bedienen sie sich eines ganzen Heeres freiwilliger oder erpreßter Spitzel. Der Verweis Zimmermanns [69] auf die gute polizeiliche Zusammenarbeit mit der Türkei ist wahrlich keine Übertreibung, eher im Gegenteil.« (aus: Ausgeliefert, Cemal Altun [70] und andere)
Der Bombenanschlag auf das türkische Konsulat in Köln und speziell auf sein Archiv ein Jahr nach dem Verbot von Devrimci Sol und Halk Der [71] ist sichtbarer und hörbarer Ausdruck unserer Solidarität mit den türkischen und kurdischen Konsulatsbesetzern und gleichzeitig eine Warnung an das Gericht, das sich anmaßt, über die Legitimität revolutionären Widerstandes gegen die faschistischen Verhältnisse in der Türkei ein Urteil zu fällen.
Und noch etwas: Es ist höchste Zeit, Fluchthilfe [72] zu organisieren, wie es die »autonomen Grenzgänger« in Berlin tun, die einreisende Ausländer vor Verhaftungen schützen. Wie es in den USA geschieht, wo für salvadorianische Flüchtlinge Kirchen und Gewerkschaftshäuser geräumt werden und sie unter dem Schutz dieser Organisationen stehen. [...] Wir haben während des Vietnamkrieges Fluchthilfe für GIs organisiert. Knüpfen wir wieder an diesen Internationalismus an, solange wir den Kampf gegen Abschiebehaft und Ausweisung nicht gewonnen haben.





Aktion gegen die Konrad-Adenauer-Stiftung, Bonn (Juni 83)

Die Konrad-Adenerauer-Stiftung ist weniger bekannt, als sie es verdient. Wir wollten sie mit diesem Bombenanschlag direkt schädigen und zu ihrer politischen Enttarnung beitragen, denn sie spielt als Stiftung der herrschenden Rechtskoalition eine Schlüsselrolle bei der global-strategischen Einkreisung der unterentwickelt gehaltenen Länder, insbesondere in Lateinamerika.
In ihrer - nach US-Vorbild - organisierten Denkfabrik, dem »Institut für internationale Solidarität« werden die Konzeptionen für eine »neue deutsche Außenpolitik in Afrika, Asien/Pazifik und Lateinamerika« ausgearbeitet.
Entwicklungspolitik, die auch unter den Sozialdemokraten letztlich nie etwas anderes war als Ausbeutung der 3. Welt mit anderen Mitteln (denn für jede investierte Mark flossen 1,30 Mark in die Metropolen zurück) wird zu einem knallharten imperialistischen Machtinstrument, mit dem Befreiungskämpfe wie in Salvador oder gemachte Revolutionen wie in Nicaragua, Mosambik, Angola und Zimbabwe destabilisiert, untergraben und zerschlagen werden sollen. Die Strategien der Adenauer- Stiftung fügen sich dabei nicht nur bruchlos in das US- imperialistische Gesamtkonzept einer »Neuordnung der Welt« ein, sondern machen es sozusagen erst rund, nach dem Muster: getrennt operieren - vereint schlagen.
Am Beispiel Nicaragua führt das US-BRD-Junktim [73] im Rahmen seiner »Caribean-Basin-Initiative« vor, wie es in Zukunft weltweit zu agieren gedenkt: die USA rollen von außen auf, die BRD von innen. Die USA organisieren, finanzieren und trainieren anti-sandinistische Kampfverbände, würgen den Aufbau des Landes ab, sperren Kredite; die BRD finanziert und unterstützt über ihr »Entwicklungskonzept der gezielten Mittelvergabe« die innere Front: Kapitalistenverbände, rechte Amtskirche und Contra-Presse.
Neben Honduras wird das weniger anrüchige, aber bankrotte Costa Rica durch ökonomische Pressionen gezwungen, sich als ideologische und operative Basis gegen Nicaragua zur Verfügung zu stellen. In Costa Rica hat denn auch die Adenauer-Stiftung ihr Hauptquartier für ihre Interventionen im mittelamerikanischen Raum aufgeschlagen, das »Instituto Centralamericano de Estudios Sociales« (ICAES) und bereits in allen Ländern dieser Region Schwesterparteien gegründet - Kunstprodukte ohne soziale Basis, die den status quo zementieren sollen.
So nimmt es nicht wunder, daß bereits im März 1979 (also noch zu kläglichen Oppositionszeiten) die CIA an der Adenauer- Stiftung und ihrem bayrischen Ableger, der Hanns-Seidel- Stiftung, »operatives Interesse« bekundet. In einer Studie stellt der Geheimdienst fest, daß die Stiftungs-Repräsentanten im Ausland parteieigene »Informationsgeber« seien, die sich von »BND-Residenten lediglich durch einen geringeren Grad typisch nachrichtendienstlicher Ausbildung unterscheiden«. Diese »para-ND-mäßige« und »covert action« Tätigkeit (politische und finanzielle Einflußnahme, »parteinützliche Geschäftsvermittlungen bis hin zum Waffenhandel«) registriert CIA in ganz Lateinamerika, Namibia, Zaire, Nigeria, Marokko, Togo, Portugal, Türkei, Jordanien und Saudi-Arabien. Aufgrund dieser Erkenntnisse werden der Informationsaustausch und die Zusammenarbeit im Bereich weltweiter Counter-Insurgency intensiviert.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Finanzierung der politischen Stiftungen. Der Jurist Karl-Heinz Seiffert nennt sie schlicht »grundgesetzwidrig«. Nach Henning von Vieregge [74] liegt »die Bedeutung der Stiftungen für die Parteien darin, daß sie staatliche Gelder erhalten, die den Parteien aus rechtlichen Gründen nicht mehr zufließen können«.
Darüberhinaus sind die Stiftungsgelder praktisch jeder öffentlichen Kontrolle entzogen. »Über ihre Stiftungen geben Parteien so bereitwillig Auskunft wie Großverdiener über ihre schweizer Nummernkonten« (Spiegel). Mit anderen Worten: die hunderte Millionen von Steuergeldern, die auf die Konten der politischen Stiftungen verschoben werden, sind nichts anderes, als ein riesiger »Fonds für verdeckte Operationen«.
Es überrascht wahrscheinlich niemand mehr, daß natürlich auch das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) fest in Stiftungshand ist, obwohl es sich immer so fein distanziert. »Dies ist Sache der Stiftungen, Aktivitäten der politischen Stiftungen werden nicht bewertet«, erklärt Siegfried Lengl, ehemaliger Chef der Seidel-Stiftung, der als Staatssekretär heute im BMZ die Politik bestimmt. Und selbstverständlich distanziert sich auch die »honorige« Adenauer-Stiftung von der »skandalösen« Seidel-Stiftung, die es z.B. in Portugal mit Kaulza de Arriaga, dem Schlächter von Mosambik treibt, in Spanien mit den Faschisten Fraga und Muñoz, in der Türkei mit Türkes, dem Chef der »Grauen Wölfe«. In Wahrheit hat sich seit 1977 der Fond der Seidel-Stiftung versiebenfacht und diese Gelder kommen von den Konten der Adenauer-Stiftung, die sie aus ihrem größeren Anteil an Steuergeldern den Seidlern zuschanzt.
Wie gesagt: getrennt operieren - vereint schlagen.
Dieses wohlabgestimmte Zusammenspiel wird durch eine weitere Schlüsselfigur belegt: Edmund Moser, langjähriger Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Lateinamerika (Sitz Caracas). Gleichzeitig treibt er über die Seidel-Stiftung Spendengelder von Siemens, KWU, AEG, Bosch usw. ein, um u.a. die rechtsextreme COPEI-Partei in Venezuela zu finanzieren.
Die Gelder werden illegal über die Konten seines Bruders Gerold Moser und der berüchtigten »Bayrischen Staatsbürgerlichen Vereinigung e.V.« nach Mittelamerika zum Kampf gegen die »Subversion« verschoben.
Im Juli 1980 kommen auf Einladung der Adenauer-Stiftung Mitglieder der salvadorianischen Junta nach West-Berlin, um sich auf den neuesten Stand effektiver »Terrorismus«-Bekämpfung zu bringen. Dies führt zu öffentlichen Protesten und bei den Adenauer-Leuten zu dem Entschluß, über ihren Repräsentanten Moser eine Organisation zu gründen, die solche »heiklen Operationen« unternehmen kann, ohne daß die Adenauer- Stiftung dadurch in die Schlagzeilen kommt. Die »Internationale Arbeitsgemeinschaft Freiheit und Demokratie« wird geschaffen. Sie arrangiert im April 83 eine Pressekonferenz für die Contras der FDN [75], auf der diese zum gewaltsamen Sturz der Regierung in Managua aufrufen können. Im Mai 83 wird nach 5-monatiger Gehirnwäsche der ehemalige salvadorische Commandant Alejandro Montenegro als Dissident der bundesdeutschen Öffentlichkeit vorgeführt und auf Europatournee geschickt.
Im »Handbuch der deutschen Außenpolitik« [76] heißt es dazu feinsinnig: »Eine beträchtliche, in ihren Verzweigungen schwer zu überblickende Tätigkeit im Bereich der Entwicklungshilfe üben die Stiftungen der politischen Parteien aus. Die Auslandsaktivitäten dieser Einrichtungen gehen weit über den Bereich der Entwicklungshilfe hinaus. Es gibt nur wenige Instrumente deutscher Außenpolitik, die auf die Meinungsbildung der politischen Führungskräfte zahlreicher Entwicklungsländer so intensiv einwirken ...«





Anschlag gegen MAN, Ginsheim-Gustavsburg (September 83)

MAN baut die 465 Transportfahrzeuge für die Pershing 2-Raketen. Die Produktion der Transporter ist auf verschiedene Werke in der BRD verteilt. In Gustavsburg wurde der Rahmen [...] konstruiert und produziert. Im Computerzentrum des Werks Gustavsburg haben wir in der Nacht zum 14.09.1983 eine 10-kg-Bombe gezündet.
MAN ist der siebtgrößte Rüstungskonzern in der BRD. Der Umsatz im Rüstungssektor beträgt ca. 600 Millionen DM. Dazu ist MAN mit 50 % an der MTU (Motoren und Turbinen Union) beteiligt, die Panzer- und Schiffsmotoren herstellt: Rüstungsjahresumsatz 1,8 Milliarden DM. MAN mischt auch über die Gesellschaft für nukleare Verfahrenstechnik und MAN-Uranit Gronau GmbH - je 50 % Beteiligung - im AKW-Geschäft mit.
MAN verdient nicht nur an der Rüstung und ihrem Export in Länder wie Chile und Südafrika, sondern auch an der direkten Ausbeutung billiger Arbeitskraft in der 3. Welt. So gibt es z.B. in Südafrika, Türkei, Argentinien, Brasilien, Indien, Singapur und Hongkong Niederlassungen und Tochtergesellschaften. [...]





Anschlag gegen die Deutsche Gesellschaft für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Köln (März 84)

»Was für die internationalen Banken der IWF, ist fürs westdeutsche Kapital die DEG - die Deutsche Gesellschaft für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Entwicklungsgesellschaft mbH) - Finanzierungsinstitut des Bundes zur Förderung deutscher Privatinvestitionen in Entwicklungsländern.«
Von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, arbeitet seit 1962 die DEG in Köln als »Promoter der neuen internationalen Arbeitsteilung« - eine zu 100 % im Bundesbesitz befindliche Finanzierungsgesellschaft, die jedoch keine »Stelle der öffentlichen Hand« ist und damit rechenschaftspflichtig wäre, sondern bewußt als GmbH aufgebaut wurde, um »frei von Einengungen nach planwirtschaftlichen Grundsätzen arbeiten zu können«. Diese unternehmerische Freiheit ist selbstverständliche Voraussetzung, wenn es wie bei der DEG darum geht, auf die Entwicklungsländer einzuwirken, »dem internationalen Kapitalstrom jede nur mögliche Freiheit zu gewähren«. Welch wichtige Bedeutung dieser Gesellschaft in Krisen des deutschen Kapitals und der Wirtschafts- und Außenpolitik zukommt, spiegelt sich allein schon in der Besetzung des Aufsichtsratsvorsitzenden mit Franz H. Ullrich, dem Vorstandssprecher der Deutschen Bank und dem ehemaligen Außenminister und Bundespräsidenten a.D. Walter Scheel wider.
Diese Zentrale des westdeutschen Wirtschaftsimperialismus haben wir heute durch einen Bombenanschlag aus ihrer sorgsam gehüteten Anonymität gerissen, die reibungslose Abwicklung der Geschäfte gestört und alles in allem einen möglichst großen Schaden angerichtet.
DEG-Experten aller Disziplinen checken seit 2 Jahrzehnten die Länder der 3. Welt systematisch auf niedrigste Löhne, längste Arbeitszeiten, freieste Produktionszonen undd politische Stabilität durch. Und die Subjekte dieser Sondierungen sehen sich gezwungen - angesichts ihrer Ruinierung durch die herrschende Weltwirtschaftsordnung - sich gegenseitig zu unterbieten und zu mörderischen Konditionen Land und Menschen anzudienen. Erhält ein Land den Stempel »investitionswürdig«, dann bietet das die Garantie, daß die DEG dort für die spezifische Struktur des westdeutschen Privatkapitals die maximalsten Profitquoten herausgeschunden hat. In den »Investions-Merkblättern« werden regelmäßig für potentielle Investoren die einzelnen Länder prostituiert und in den sogenannten »Unternehmer-Reisen« des DEG kann das Objekt der Begierde bezüglich seiner bedingungslosen Ausbeutbarkeit in Augenschein genommen werden. Selbst Kapitalschwäche der Interessenten ist kein Hinderungsgrund. Im Bedarfsfall übernimmt die DEG Kapitalanteile an westdeutschen Niederlassungen im Ausland. Allein im Jahr 1981 waren dafür 834 Millionen Steuergelder projektiert, die ausdrücklich nur dann von den Privatinvestoren übernommen werden müssen, wenn ihre Geschäfte »zum Erfolg geführt haben, das heißt das Partnerschaftsunternehmen rentabel arbeitet.«
Im Verlauf ihrer Aktivitäten hat die DEG auf diese Weise an die 300 Firmengründungen und -erweiterungen in 70 Ländern der 3. Welt gesponsert. Es sind dies Firmen, die in ihrer Gesamtheit die berühmte »wirtschaftliche Potenz« der BRD ausmachen: meist spezialisierte Mittelbetriebe der Metall-, Textil- und Elektrobranche, denen noch kein übler Ruf als Blutsauger in den unterentwickelt gehaltenen Ländern vorauseilt.
Es kann jedoch nicht nur an diesem schwer durchschaubaren Firmengeflecht liegen, daß hierzulande der deutsche Wirtschaftsimperialismus theoretisch und praktisch kaum kritisiert wird, genießen doch selbst mörderische Ausbeutungsgiganten wie Siemens und VW ein biederes und rechtschaffenes Ansehen. Ganz im Gegensatz zu entsprechenden US-Multis, deren Geschäfte mühelos mit Ausbeutung, Hunger, Elend, Folter und Mord in Verbindung gebracht werden. Es scheint, als habe sich in der BRD bis heute die Unterscheidung der faschistischen »Deutschen Arbeitsfront« [77] zwischen »raffendem und schaffendem Kapital« erschreckend ungebrochen halten können: das »raffende Kapital«, das sind die - meist US-amerikanischen - Multis, die bekanntlich über Leichen gehen. Das »schaffende Kapital« dagegen repräsentiert sich in der sozialpartnerschaftlichen Version vom deutschen Unternehmertum, das die Aufgabe hat, »Arbeitsplätze zu schaffen und zu sichern, unsere Wirtschaft auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig zu erhalten und damit den allgemeinen Wohlstand zu sichern. Selbstverständlich werden dabei auch Gewinne gemacht. Aber eben keine ungebührlichen.«
Auf diesem Hintergrund wird der spezifisch deutsche Wirtschaft-Nationalismus erst verständlich. Es wird verständlich,
* warum die heftigen Fabrikkämpfe von 1968-74 als wilde Streiks auch gegen die Gewerkschaften geführt werden mußten;
* warum z.B. der Bankrott Brasiliens beklagt werden kann, ohne daß so entscheidende Namen wie VW und Siemens fallen;
* und warum eine imperialistische Institutution wie die DEG völlig aus dem öffentlichen Bewußtsein ausgeblendet ist.
Schon Ho und Che haben uns klargemacht, daß der beste Beitrag zur internationalen Solidarität der Klassenkampf im eigenen Land ist. In diesem Sinne.





Angriff gegen Scientic Control Systems (SCS), Hamburg und den Mathematischen Programmier- und Beratungsdienst (MPB), Dortmund (September 85)

Wie der Herr, so das Gescherr - die Logik der Computer ist die Logik des Kapitals: er dient der Ausbeutung und Unterwerfung, der Zersplitterung und Selektion, der Erfassung und Repression. Die sinnlosen Debatten über die alternative Nutzbarmachung von Computern dokumentiert nicht Phantasie, sondern vielmehr Ohnmacht angesichts des monströsen Ausmaßes technologischer Gewalt.
Im Schatten von IBM und Siemens, als Bindeglied zwischen den Giganten der Computerbranche und den Anwendern sind im vergangenen Jahrzehnt Firmen groß geworden, die Kapital und Staat das Rüstzeug liefern, mit dem der Datenangriff auf Fabrik und Gesellschaft gefahren wird.
Scientic Control Systems (SCS) in Hamburg und der Mathematische Programmier- und Beratungsdienst (MPB) in Dortmund, der eine im Besitz von BP, die andere Sektion des Hoesch-Konzerns, konkurrieren um die Spitzenpositionen auf diesem Markt. Geführt von einem Management aus Kapitalisten, Militärs und Informatikern, dieser modernen Dreifaltigkeit technologischer Gewalt, haben sie sich in kurzer Zeit zu den heimlichen Know-How-Zentren von Kapital und Herrschaft aufgeschwungen. Ihre Auftraggeber kommen aus Wolfsburg und Wiesbaden, ebenso wie aus Südafrika und Saudi-Arabien; sie sitzen in den Befehlszentralen des Industrie-, Handels- und Finanzkapitals ebenso wie in den Planungsstäben des Innen- und Kriegsministeriums.
Die Produktpalette dieser Systemhäuser umfaßt alles, was sich der formalen Struktur computergesteuerter Prozesse unterwerfen läßt - und das ist in den Augen der Informatiker schier grenzenlos. Aus ihren Rechenzentren stammen die Entwürfe für das Regiment von Chips und Komplexautomation in den Produktionsstätten der Automobilindustrie. Im Maschinendialog ausgeheckte Pläne für die EDV-gestützte Umstrukturierung der Kaufhaus-Konzerne treten sie deren Belegschaften, vor allem Frauen, in Form ungarantierter Arbeitsverhältnisse, perfektionierter Kontrolleinrichtungen und intensivierter Ausbeutung der Arbeitskraft gegenüber. Sie liefern Programme zur Steuerung und Überwachung der Abläufe in den Meilern der Atomindustrie und bieten Konzepte zur Informatisierung der Büroarbeit oder der Verwaltungen an. Automatisierte Einsatzleitzentralen der Polizei werden ebenso verkauft wie Programme zur Rasterfahndung oder zum elektronischen Abgleich von Fingerabdrücken beim BKA. Ein florierender Zweig ist das Geschäft mit den Militärs: mit elektronischen Navigationssystemen und anderen Projekten der Luft- und Raumfahrt tragen sie ihren Teil dazu bei, den Massenmord effizienter zu machen.
Die Machtfülle, die sich in diesen Systemhäusern zusammenballt, wirkt im Verborgenen. Dennoch: die Denkmodelle einer Handvoll Informatiker durchdringen sämtliche gesellschaftlichen Poren, die technischen Erfordernisse der elektronischen Datenverarbeitung werden zum Gestaltungsprinzip sozialer Realität.
»Je totaler die gesellschaftliche, ökonomische und wissenschaftliche Apparatur, auf deren Bedingung das Produktionssystem den Leib längst abgestimmt hat, umso verarmter die Erlebnisse, deren er fähig ist. Die Eliminierung der Qualitäten, ihre Umrechnung in Funktionen überträgt sich von der Wissenschaft vermöge der rationalisierten Arbeitsweise auf die Erfahrungswelt der Völker und ähnelt sie tendenziell wieder der der Lurche an. Durch die Vermittlung der totalen, alle Beziehungen und Regungen erfassenden Gesellschaft hindurch werden die Menschen zu eben dem wieder gemacht, wogegen sich das Entwicklungsgesetz der Gesellschaft, das Prinzip des Selbst, gekehrt hatte: zu bloßen Gattungswesen, einander gleich durch Isolierung in der zwanghaft gelenkten Kollektivität. Ihr Weg war der von Gehorsam und Arbeit, über dem Erfüllung immerwährend bloß als Schein, als entmachtete Schönheit leuchtet.« (Adorno [78]).
Der Feuerschein, der vergangene Nacht die entmachtete Schönheit hat leuchten lassen und die verdinglichte Computer-Welt bei SCS und MPB zu Asche zerfallen machte, entspringt unserer radikalen, praktischen Kritik der totalen Organisation der Gesellschaft durch big business und seine allgegenwärtige Technik, die die Welt und Vorstellung so lückenlos besetzt haben, daß der Gedanke, es könne anders sein, zur fast hoffnungslosen Anstrengung zu werden droht.





Anschlag gegen das Institut für Genetik, Köln (Oktober 85)

»Strategische Sektoren«
Das Bundesinnenministerium für Forschung und Technologie betrachtet die Gentechnologie als eine zukunfts- und wachstumsorientierte Wissenschaft von strategischer Bedeutung für die Entwicklung der westdeutschen/westeuropäischen Wirtschaft, um die - die gegenwärtige kapitalistische Krise charakterisierende - Ungleichheit zwischen Gebrauchs- und Tauschwert zu bereinigen, soll durch den Einsatz neuer Techniken der relative Mehrwert erhöht und Extraprofite erzielt werden. Das heißt, die strategischen Sektoren - neben der Gentechnologie Mikroelektronik, Telekommunikation, Neue Werkstoffe, Luft- und Raumfahrt, Kernenergie - sind strategisch als Mittel der Profitmaximierung und ebenso strategisch im antiimperalistischen Kampf, da auf ihnen die Neustrukturierung des Weltwirtschaftssystems entschieden wird. Sie führen daneben auch zur gesellschaftlichen Umgestaltung in den Metropolen, ohne daß bisher eine Gleichzeitigkeit der Klassenkämpfe entstand.
Für den Marktwert der Gentechnologie wird bis zum Jahr 2000 eine Steigerung auf ca. 145 Milliarden US-Dollar geschätzt, wovon 3/4 auf den Energie- und Pharmasektor entfallen werden. Ausdruck der gesteigerten Bedeutung dieses strategischen Sektors sind die beiden in diesem Monat stattfindenden Messen (8.-10. Biotechnica, Hannover; 15.,-17. Biotec, Düsseldorf).

Nahrungswaffe und Bevölkerungspolitik
Die »grüne Revolution« der 60er Jahre führte zur Unterordnung der Landwirtschaft an der Peripherie unter die kapitalistische Produktionsweise. »Landflucht« und billiges Nahrungsmittelangebot waren die Voraussetzung für eine Niedriglohnpolitik gegenüber dem entstehenden städtischen Proletariat. Die heutige zweite Phase der »grünen Revolution« soll durch die Kontrolle über das Saatgut die absolute Kontrolle über die Nahrungskette durch die Imperialisten ermöglichen. Patente, die den multinationalen Konzernen Monopole über bestimmte Pflanzensorten geben, unterliegen als »Sortenschutz« den gesetzlichen Bestimmungen der imperialistischen Staaten. Ca. 80 % der geltenden Weltpatente liegen in die Händen der Metropolen, wobei Europa beim »Sortenschutz« einen etwa 10jährigen Vorsprung hat und damit den Weltsaatgutmarkt dominiert. Der Bayer-Konzern liegt mit ca. 30.000 gültigen Patenten mit an der Weltspitze, 1984 betrug der Gewinn aus seinen Lizenzen 190 Millionen DM.
In der Rassenideologie und der Eugenik [79] entstand eine naturwissenschaftlich verkleidete Begründung des Machtanspruchs des Imperialismus, der neben dem gezielten Einsatz von Nahrungsmittelknappheit gegen die abhängigen Länder zunehmend durch bevölkerungspolitische Maßnahmen wie z.B. massenhafte Zwangssterilisation durchgesetzt werden soll. Ähnliche Ansätze verfolgen in der BRD »Pro Familia« und die »humangenetischen Beratungsstellen« gegen Behinderte, Psychiatrisierte, Ausländer und soziale Randgruppen. Die Gentechnologie liefert mit der Genomanalyse die Möglichkeit, in Verbindung mit anderen Programmen - z.B. Personalinformationssystemen -, jeden einzelnen in seiner Krankheitsanfälligkeit und Leistungsfähigkeit rasterartig zu erfassen. Dow Chemical und BASF etwa wählen anhand von Genomanalysen Arbeiter für gesundheitsgefährdende Arbeiten aus.
Die Transformation der »Bürgerlichen Demokratie« in den technokratischen Überwachungsstaat ist zwangsläufig.

Imperialismus und Widersprüche
In einem Bericht an den französischen Staatspräsidenten heißt es: »Der weltweite Kampf um die Anwendung der Gentechnolgien ist von strategischer Bedeutung, denn nur wenige Nationen werden in der Lage sein, die genetischen Resourcen zu kontrollieren.« Da die nationalen Märkte zu klein sind, um für die neuen Technologien profitabel zu sein, und die Kosten für fixes Kapital nur auf dem Weltmarkt zu realisieren sind, steht die Weltwirtschaft in einer sich dauernd verschärfenden Konkurrenz, die zu wachsender Konzentration führt. Die größeren US-Konzerne können sich ein höheres Risikokapital in der Grundlagenforschung leisten, erwirtschaften so aus ihren technologischen Monopolen Extraprofite, wodurch sie eine höhere organische Zusammensetzung des Kapitals erreichen. Um in der Weltmarktkonkurrenz bestehen zu können, mußte die europäische Industrie eine internationale Kapitalkonzentration und -verflechtung eingehen, hat aber wegen des Technologietransfers auch ein Interesse an US-amerikanischen Investitionen (z.B. durch Teilnahme am SDI-Programm [80]). Eine einseitige technologische Abhängigkeit soll durch Eureka, das Programm einer europäischen Technologiegemeinschaft, das die verschiedenen bestehenden Verbundprojekte koordinieren und auf die Nicht-EG-Mitglieder Schweden, Norwegen, Österreich und Schweiz erweitert werden soll, verhindert werden. Teil von Eureka ist das »Europäische Laboratorium für Molekularbiologie« (EMBL), das von den EG-Staaten und Israel betrieben wird. Der Intensivierung dieser Art imperialistisch-zionistischer Zusammenarbeit dient das im Dezember in Köln stattfindende Treffen zwischen Forschungsminister Riesenhuber und Wirtschaftsminister Patt.
Das Gesetz der ungleichmäßigen Entwicklung, das den USA zur Welthegemonie verhalf, untergräbt jetzt die Stellung des US-Imperialismus, die sich jedoch durch seine weltpolitische Rolle im NATO-Bündnis noch aufrechterhält.

Transnationale Konzerne
Transnationale Konzerne entstehen durch den Aufbau von Produktionsstätten in den jeweiligen Absatzgebieten, deren Technik vereinheitlicht ist durch ein Verbundsystem zwischen den einzelnen Werken, während das Management immer in der Hand des Mutterkonzerns zentralisiert ist. Die Dezentralisation der Produktion bei gleichzeitiger Zentralisation der Kontrolle - und zwar sowohl national wie international - setzt die Standarisierung der Produkte nach dem Baukastensystem voraus, wobei im Verbundsystem immer nur Teilschritte des gesamten Produktionsverfahrens verbunden werden. Die standardisierten Produkte werden als aufeinander abgestimmte »Pakete« verkauft (Saatgut, Dünger, Pestizide). Diese Pakete müssen immer wieder von den Konzernen bezogen werden, weil die gentechnisch hergestellen Hybrid-Pflanzen ohne Pestizide kaum lebensfähig sind und weil sie nicht keimen.
Der Bayer-Konzern ist der größte Pestizidhersteller der Welt und größter Exporteur der BRD. Dieser siebtgrößte BRD-Konzern erwirtschaftet 79 % seines Umsatzes mit dem Export, 25 % seiner Produktion befindet sich dezentralisiert im Ausland. Durch einen Sitz im Aufsichtsrat und die Kontrolle des Aktienkapitals über das Depotstimmrecht wird die Bayer AG durch die größte Bank der BRD, die »Deutsche Bank« beherrscht.
Sowohl der US- als auch der BRD-Imperialismus stützen sich ökonomisch hauptsächlich auf die transnationalen Konzerne. Hieraus ergibt sich die objektive Wichtigkeit und Verantwortung des Metropolenproletariats in den Kernfabriken für den gesamten revolutionären Prozeß, da jeder nationale Klassenkampf sich nur noch im internationalen Zusammenhang begreifen kann, d.h. die Klassenkämpfe müssen sich zum Klassenkrieg vereinheitlichen.

Die verstreute Fabrik
»Verstreute Fabrik« bedeutet die Umwandlung mittlerer und kleiner Fabriken, Zulieferer und des Heimarbeitssektors in Funktionen der transnationalen Konzerne, ebenso wie die Auslagerung tertiärer Bereiche.
Seit 1978 existiert ein Boom gentechnologischer Privatfirmen, die ihre Verfahrenstechniken und Patente an die Industriekonzerne verkaufen, die das notwendige Kapital für Produktion und Vermarktung, die ganz in ihren Händen liegt, aufbringen können. Andererseits versuchen die Konzerne Firmen und Forschungseinrichtungen an sich zu binden. 1975 eröffnete die VW-Stiftung durch die Finanzierung der »Gesellschaft für molekularbiologische Forschung« die BRD-Genforschung. Für die Bayer AG ist nach Aussage ihres Aufsichtsratsvorsitzenden Strenger »die schnelle Umsetzung von neuen Forschungsergebnissen in erfolgreiche Produkte ein wichtiger Faktor, um frühzeitig neue Trends ausbeuten zu können.« Neben der Kooperation mit Genentech und Schering-Plough auf dem Pharmasektor konzentriert Bayer seine dezentralisierten Forschungsaktivitäten hauptsächlich auf den Modellversuch eines Zentrums für Gentechnologie in Köln. Ähnliche Zentren befinden sich, teilweise in etwas abgewandelter Konzeption, in München, Berlin und Heidelberg im Aufbau, der Modellversuch kann ausgeweitet werden. Das Kölner Zentrum besteht aus einer Kooperation mit dem »Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung« in Köln-Vogelsang, das seit 1982 von Bayer mit 3 Mio. DM finanziert wird, der Kernforschungsanstalt Jülich/Abteilung für Biotechnologie und dem »Institut für Genetik« der Universität Köln. Konzipiert ist ein »Institut für angewandte Biotechnologie«, das Forschungsaufträge für die Industrie ausführen soll. Träger dieses Konzepts ist die Kölner Technologierunde, in der Stadtrat, Stadtverwaltung und Forschungseinrichtungen vertreten sind. Forschungsschwerpunkt des Kölner Zentrums für Gentechnologie ist die genetische Produktion neuer Hybridpflanzen, während die Pharma-Forschung hauptsächlich im Bayer-eigenen Forschungszentrum Wuppertal-Elberfeld durchgeführt wird.

Technokratie und Neustrukturierung des Kapitalismus
Im Zentrum der Neustrukturierung stehen zwei Figuren: Wissenschaftler entwerfen theoretische Systeme, wobei ihnen weitgehende Entscheidungsfreiheit zugestanden wird (»Freiheit der Forschung«), Manager setzen diese Systeme für die Unternehmen um. Zwischen Forschern und Industriekonstrukteuren gibt es dabei keine klare Trennung, auch der Personalaustausch zwischen staatlicher Forschung und Industrie ist fließend. Die »kapitalistische Anwendung der Maschinerie« fängt daher nicht erst bei ihrem Einsatz in den Fabriken an, sondern bestimmt schon ihre Konstruktion.
Techniker sind ein Produkt des Monopolkapitalismus und treten erst im Imperialismus auf, »ihre Existenz ist nicht unmittelbar durch die gesellschaftlichen Bedürfnisse der Produktion gerechtfertigt, wohl aber durch die politischen Bedürfnisse der herrschenden Gruppe« (Gramsci). Die »Freiheit der Wissenschaft« wird diktiert durch wirtschaftliche und militärische Interessen und die Vergabe der staatlichen Forschungsmittel.

»Dem Volke dienen«
Die Genoss/inn/en der »Brigate Rosse« haben erklärt: »Der Angriff muß eine politische Linie haben und zugleich die neue Form zerstören, die der imperialistische Staat anzunehmen im Begriff ist«
Unsere Aktion gegen das »Institut für Genetik« richtete sich gegen einen zentralen Punkt der kapitalistischen Neustrukturierung und damit gegen das gesamte Programm. Ihr Ziel war: »Einen bestrafen, hunderte erziehen!«(Mao).
Sozialrevolutionärer Widerstand gegen die imperialistische Neustrukturierung ist im Augenblick nicht auf offener Massenbasis möglich. Aufgabe der bewaffneten Gruppen muß es daher sein, mit ihren Aktionen den revolutionären Prozeß voranzutreiben und aus der gegenwärtigen Defensive heraus das Terrain neu zu bestimmen, aus dem sich das Metropolenproletariat durch seine sozialen Kämpfe als historische Kraft im weltweiten antiimperialistischen Befreiungskampf konstituieren kann.





Erklärung zu den Bombenanschlägen in

Düsseldorf: Die Deutsche Bank
Köln: Gesamtverband der Metallindustrie
Köln: Hoechst (April 85)
Es ist nicht ohne Ironie, aber sehr bezeichnend: Am 1. Mai trommeln die Gewerkschaften ihre verunsicherte Klientel zusammen, um den Tag der Arbeit feierlich und selbstverständlich kämpferisch zu begehen, während am Tage danach, kaum daß die Fensterreden verklungen sind, das vereinigte Weltkapital auf seinem Wirtschaftsgipfel [81] in Siegerlaune sich selbst zelebriert.
@Erklärung:Voll Genugtuung kann sich die dort geballte imperialistische Macht bescheinigen, gerade in jüngster Zeit an verschiedenen Klassenfronten sehr erfolgreich gewesen zu sein. Was ein hundertjähriger proletarischer Klassenkampf hartnäckig und zäh an Resultaten erzwungen hat, wird mit unglaublicher Rasanz und Dreistigkeit ausgehöhlt, seiner Substanz beraubt und eingestampft.
Das Kapital in der Offensive und das in aller Schärfe!
Und unten? Ratlosigkeit und Verwirrung, die schon bei den Begriffen anfängt. So steht hinter dem »wachsenden Heer der sozial Schwachen, der neuen Armen« niemand anderer als die klassischen Figuren der Proletin und des Proleten, denen nur flüchtig ein neudeutsches Sprachmäntelchen umgehängt wurde. Denn bekanntlich haben diese auch heute nichts anderes zu verkaufen als ihre Arbeitskraft.
Abschied vom Proletariat? Daß wir nicht lachen! Trotz vieler neuer Namen hat sich nichts geändert. Wir stecken immer noch in der gleichen unerledigten Klassenauseinandersetzung.
Allererste Protagonisten in diesem Antagonismus sind die Banken,
* insbesondere die Deutsche Bank, die in Vorständen und Aufsichtsräten, über Beteiligungen und Kreditvergaben die Neustruktierungen der Produktionsverhältnisse steuert und die 3. Welt mit der Schuldendienst-Waffe ökonomisch ausblutet und politisch vergewaltigt,
* der Gesamtverband der Metallindustrie als potenteste Kapitalfraktion, die im Rahmen der Tarifpolitik die Weichen stellt für den Wechsel in eine qualitativ neue und extrem verschärfte Ausbeutungsära. Nachdem die flexiblere und effektivere Vernutzung von Arbeitskraft durchgesetzt ist, soll als nächste Etappe der arbeitsfreie Samstag fallen,
* die chemische Industrie (Hoechst), die durch ihre vollständige Kontrolle des weltweiten Ernährungsmarktes nicht nur darüber entscheidet, wie und was produziert wird, sondern auch wer und damit ganz direkt Herrschaftsverhältnisse strukturiert. Wobei sie wie kein anderer Industriezweig in die Lebensbedingungen der Menschen auf der ganzen Welt eingreift, ihre Körper besetzt, krankmacht, tötet. Diesem Moloch hat alle Kritik bisher nichts anhaben können. Seine Gewinne explodieren weiterhin wie seine Gastanks.





Anschlag gegen Siemens, Isernhagen - zum Weltwirtschaftssgipfel (April 85)

Die Herren der sieben führenden imperialistischen Länder als Vollstrecker der Interessen von Multis und Großbanken treffen sich in der BRD zum Weltwirtschaftsgipfel, um die übrige Welt unter sich aufzuteilen.
Was für eine Anmaßung!
Dieses inszenierte Spektakel im Rampenlicht der Weltpresse soll uns die Ungeheuerlichkeiten ihrer Politik vergessen lassen: Völkermord, Kriege, Hunger, verschärfte Ausbeutung und Unterdrückung in den Ländern der sog. 3. Welt.
Gleichzeitig sind sie dabei, grundlegende Veränderungen der Gesellschaftsstrukturen zu schaffen, um ihre Krise zu bewältigen. Eine Erhöhung der Profite soll erreicht werden durch
- neue strategische Sektoren der Produktion, wie Mikroelektronik und Biotechnologie
- eine neue Zusammensetzung der ArbeiterInnenklasse.
Eine Voraussetzung dafür ist die Abschaffung der tariflichen Lohnregelung und die Durchsetzung der Flexibilisierung der Arbeitszeit und der ungeschützten Arbeitsverhältnisse. Das bedeutet, die Arbeitsformen, denen Frauen weltweit und auch Männer in der sog. 3. Welt schon seit langem unterworfen sind, auch auf den weißen Lohnarbeiter anzuwenden.
Dieses wird im Moment massiv betrieben durch Vorschläge der Parteien, Wirtschaftswissenschaftler und Multis. Gedacht wird an: Samstag als Arbeitstag, Einstellung von Arbeitslosen unter Tarif, Reduzierung des Urlaubs, Arbeitslosengeld auf Darlehn, bei Krankeit 20 % weniger Lohn. Siemens ist für uns stellvertretend für eine offensive Durchsetzung dieser Politik: In Norddeutschland ist er der erste Betrieb, in dem die Flexibilisierung der Arbeitszeit gegen starken Widerspruch der Belegschaft durchgesetzt wurde. [...]
Außerdem forciert der Multi maßgeblich die Wegrationalisierung von Arbeitsplätzen, besonders die der Frauen. In dem Modellversuch »Büro 2000« testete das Unternehmen die Vorteile von Frauenarbeit am Heimcomputer. Frauen müssen den ganzen Tag verfügbar sein - für wenig Geld, ohne rechtliche und soziale Absicherung. Hervorgehoben wird, daß Kosten für Einrichtung und Betrieb des Arbeitsplatzes wegfallen und eine maximale Auslastung der Kapazitäten unter Ausnutzung der Zeitverschiebung in anderen Ländern gewährleistet ist.
Siemens steht in der Tradition von Kriegstreiberei und Faschismus! Nicht nur, daß Waffen und Rüstungsgüter für die Kriege geliefert wurden und werden, höchstmögliche Ausbeutung von Arbeitskraft war die logische Folge des Profitstrebens: 4.500 Frauen mußten im KZ Ravensbrück in firmeneigenen Lagern arbeiten, in Auschwitz mußten 2.000 KZ-Häftlinge unter Siemens-Leitung ihre eigenen Gaskammern bauen.
Auch heute ist Siemens im militärischen Bereich wieder gut im Geschäft: kein Panzer ohne die elektronischen Innereien von Siemens, Freund-Feind-Erkennungssystem, NATO-Glasfaserkabelstrecke durch die BRD, Handelsbeziehungen und Lieferungen von Rüstungsgütern und Kommunikationssystemen in faschistische Diktaturen und Militärregierungen. [...]
Für uns gilt immer noch, daß wir dieser Welt nur in dem Maße angehören, wie wir uns gegen sie auflehnen.
Unsere praktische Solidarität gilt den Unterdrückten und Befreiungsbewegungen der 3. Welt und allen Menschen, die hier gegen das herrschende System kämpfen.
In diesem Sinne haben wir am 30.4.85 Siemens in Isernhagen mit einem Sprengsatz angegriffen.
Rote Zora




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