Affäre Gollwitz/ Stolpe


Die SPD hat nichts in der Sozialistischen Internationale zu suchen.


Zur sofortigen Freigabe
Dienstag, 28. Oktober 1997
To.: [The Socialst International] [Maritime House, Old Town] [Clapham, London S.W4.OJW United Kingdom]

Bonn:   Im Brandenburgischen Ort Gollwitz sollten 60 jüdische MigrantInnen untergebracht werden. Nach heftigen, antisemitisch motivierten Protesten der ortsansässigen Bevölkerung und einem einstimmigen Ratsbeschluß, der die Ansiedlung von JüdInnen in Gollwitz grundsätzlich ablehnte, stimmte ihr Landesvater Manfred Stolpe (SPD) dem Antisemitismus zu und beschloß über die kommunale Selbstverwaltung hinweg, daß die MigrantInnen gar nicht erst aufgenommen werden. Offensichtlich kommt die SPD ihrem Ziel, die CDU in der Gunst der Deutschen zu überholen, nur noch näher, indem sie versucht, sie in rechtem Populismus zu überbieten. Daher finden wir, daß es nun an der Zeit ist, die Mitgliedschaft der SPD in der Sozialistischen Internationale in Frage zu stellen. Seit 2000 Jahre leben Juden und Jüdinnen in Mittel-Europa . In Deutschland über 1000 Jahre! Nach den vielen Pogromen, die es gegen Juden gegeben hatte, war das von den Deutschen im Jahre 1933 eingeleitete das, welches die endgültige Vertreibung und die Vernichtung von jüdischen Menschen und des jüdischen Teil der europäischen Kultur zum Ziel hatte. Auch in der Zeit nach der Befreiung vom Hitler-Faschismus bis heute ,1997, kam es weder zu einer Renaissance der jüdischen Kultur noch des jüdischen Lebens in Deutschland. Die SPD hatte dem nationalistischen Backlash der letzten Jahre nichts entgegenzuhalten, Statt dessen machte sie bei allen wichtigen Entscheidungen gemeinsame Sache mit der Koalitionsregierung. Sie stimmte 1993 ebenso der Abschaffung des Asylrechts zu, wie 1997 der Kürzung der Sozialleistungen für MigrantInnen um real über 30%. Selbst nach inzwischen mindestens 78 Morden und unzähligen Übergriffen, die seit der Wiedervereinigung Deutschlands geschehen sind, sieht die SPD keinen Grund, sich von Nationalismus und Rassismus zu distanzieren, geschweige denn Widerstand zu leisten. Das einzige worüber sich die SPD wirklich Sorgen macht, ist der Schein nach Außen. So zuletzt im Bericht des SWF(ARD) vom 06.10.97 Zitat Manfred Stolpe (SPD-Ministerpräsident): "Sie müssen sich um den Antisemtismus in Gollwitz glaube ich, keine großen Sorgen machen. Das ist ein Problem, das wir bewältigen, und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mithelfen würden, das wir nach außen die Sache nicht schlimmer machen, als sie wirklich ist." Stolpe nimmt die Bevölkerung von Gollwitz gegen jede Kritik in Schutz, so wie es AntisemitInnen von ihrem "Landesvater" erwarten. Der Fall Gollwitz ist somit ein neuer trauriger Höhepunkt der nationalistischen Politik der SPD. Erst vor wenigen Wochen hatte Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) in selten gehörter Offenheit, die Abschiebung aller "kriminellen Ausländer" gefordert. Um international nicht im Lichte dieser und ähnlicher Ereignisse gesehen zu werden, beruft sich die SPD gerne auf ihre angebliche linke Geschichte und auf den Umstand, daß sie noch immer Mitglied in der Sozialistischen Internationale ist. Wir fordern daher Sie und alle anderen Parteien und Organisationen in der Sozialistischen Internationale auf, der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands keinen Glauben zu schenken und sich statt dessen selbst ein Bild von der Lage in Deutschland zu machen. Sollte es von der SPD kein bedingungsloses Eintreten für die jüdischen MigrantInnen, in Gollwitz und anderswo geben, fordern wir Sie auf, die Konsequenz zu ziehen und die SPD aus der Sozialistischen Internationale auszuschließen.

Grenzfall, Dienstag 28. Oktober 1997


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