Nebenwirkungen
Deutsche Provinzalltag

Am 30. Juni 1997 zogen die 1800 französischen Soldaten aus Stetten am Kalten Markt (so heißt tatsächlich das Kaff, d. Redaktion) geschlossen ab. Für den Bürgermeister Hipp und seine Gemeinde eine Katastrophe: Sie verließen 250 Wohnungen, ein ganzes Viertel ohne Mieter. Die Gemeinde bekam Angst. Denn sie sind mit Eigentumswohnungen gut versorgt. "Sie können sich ausrechnen, welche Mieter Sie dort bekommen - Asylanten, Aussiedler, Sozialhilfeempfänger!" sagt der Bürgermeister, wobei weder Bund noch Land in Stetten ein Flüchtlingslager aufzumachen erwägt. Der Bürgermeister will aber vorbeugen: "Der Wohnraum muß vernichtet werden - so hart es klingt".

Denn die Gemeinde soll attraktiv bleiben: "Bei uns gibt es keine Türken, keine Griechen. In unseren Schulen gibt's fast paradiesische Zustände! Da gebe es kein Sprachenwirrwarr wie in anderen Städten, hier werde noch Deutsch gesprochen".

Wenn die Flüchtlinge gegenüber Quartier bezögen, entwerte dies die Immobilien auf der Stettener Seite: "das werden wir mit allen Mitteln zu verhindern suchen, notfalls werden wir gemeinsam mit der Bürgerschaft mobil machen."

"Wenn der Bürgermeister zu eine Demonstration gegen das Flüchtlingsheim aufruft, ziehen die Stettener mit" sagt die Besitzerin eines Schuhgeschäftes.

"In den Nachbarorten ist das anders. Da denkt man vor lauter Ausländer, man ist in der Türkei." Deshalb möchte auch sie die Häuser fallen sehen.

(aus der BADISCHE ZEITUNG, 16.12.97)


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