/
www.infoladen-daneben.de  //start/archiv/patriachat/vergewaltigung/aab/64
letzter Text  nächster Text
 
 

Stellungnahme zu den Ereignissen während des letzten
Bundesweiten Antifatreffens am 27.10.2000 in Dresden und einige generelle Anmerkungen zu den Verfahrensweisen des BAT

                Teil 1 - Zu den Ereignissen während des BAT am 27.10.00 in Dresden

Beim vorletzten BAT in Bremen gab es eine Diskussion über den Umgang mit dem Definitionsrecht der Frau im Falle einer Vergewaltigung. In deren Verlauf traten verschiedene Positionen zutage. Ein Teil der Gruppen trat für die unumschränkte Zuerkennung des Definitionsrechtes für die Frau ein, scheinbar nur 2 Gruppen, Rote Antifaschistische Aktion Leipzig (RAAL) und das Bündnis gegen Rechts Leipzig         (BgR) lehnten eine einfache Anerkennung des Definitionsrechtes ab. Beim BgR geschah dies mit der  Begründung, daß bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Gruppenposition erarbeitet wurde. Die RAAL wurde daraufhin vom BAT ausgeschlossen, das BgR, unter der Maßgabe sich bis zum nächsten BAT zu positionieren, bis dahin weiterhin "geduldet". Von BAT-Seite wurde diese           Verfahrensweise mit dem kleinsten gemeinsamen Nenner des BAT begründet, welcher die  Anerkennung des Definitionsrechtes der Frau bei einer Vergewaltigung darstelle.

Wir, das Bündnis gegen Rechts, erarbeiteten uns in den folgenden Monaten eine Position zum Umgang mit öffentlich gemachten Vergewaltigungen und veröffentlichten daraufhin ein Positionspapier. Dieses wurde u.a. mit dem Einladungsschreiben zum BAT verschickt, so das wir zum Zeitpunkt des BAT in Dresden davon ausgingen, das der Inhalt bei den BAT-Gruppen bekannt ist.  Beim BAT stand das Thema "Sexismus" zwar auf der Tagesordnung, leider war das zugesagte Referat  für die Diskussion nicht verfügbar. Als Ziel der Diskussion wurde - auf unsere Nachfrage - der Austausch von Positionen über das Definitionsrecht benannt. Diese Positionierungen fielen sehr        vielfältig aus, angefangen bei der Zuerkennung des Definitionsrechtes, über den Gebrauch des Definitionsrechtes als Arbeitsthese bis zu den nicht wenigen Gruppen und Einzelpersonen, die die Problematik noch nicht diskutiert hatten. Einige Gruppen äußerten sich - aus welchen Gründen auch immer - gar nicht, was ihnen wohlwollend wohl als das klassische, zustimmende Schweigen zugestanden wurde.

Die Position des BgR ist im o.g. Papier nachzulesen. Wir stellen nicht zur Disposition, daß, wenn eine Frau sagt, sie ist vergewaltigt wurden, es eine Vergewaltigung war. Ebenso gibt es eine klare Aussage unsererseits zum Umgang mit dem Täter und mit Gruppen, wenn eines ihrer Mitglieder einen Vergewaltigungsvorwurf hat.    Der Dissens, der augenscheinlich war, bestand darin, daß das BgR eine Diskussion, die für alle nachvollziehbar macht, was eine Vergewaltigung sein kann für notwendig erachtet, damit letztenendes  alle annähernd das selbe meinen, wenn sie denken, vom selben zu reden. Dafür wurde von uns die Begrifflichkeit des "Rahmen" verwendet, was uns als Nichtanerkennung des Definitionsrechtes ausgelegt wird. Nicht sehr förderlich erwies sich für die Diskussion, daß ein Teil der Anwesenden unser Papier noch nicht gelesen hatte, was sich in z.T. haltlosen Vorwürfen zu Dingen, die wir weder gesagt noch geschrieben hatten, niederschlug.  Nachdem nochmals unwidersprochen betont wurde, das der Minimalkonsens des BAT die Anerkennung des Definitionsrechtes der Frau bei einer Vergewaltigung ist, jedoch noch zu klären sei, was unter Definitionsrecht genau zu verstehen ist, sprachen sich einige Gruppen dafür aus, daß dasgR mit der jetzigen Position diesen Minimalkonsens unterlaufe und demzufolge auszuschließen sei. So, wie bis zu diesen Zeitpunkt mit Positionen umgegangen wurde und Meinungen gewichtet wurden, war für uns keine Diskussion mehr möglich. Das veranlaßte uns, die Konsequenzen aus dieser Situation zu ziehen und das Treffen zu verlassen.

                Teil 2 - einige generelle Anmerkungen

Ungeachtet dessen, müssen wir diese Verfahrensweise zur Kenntnis nehmen, wollen aber gleichzeitig - nicht nur daran - einige generelle Kritikpunkte anbringen:  Wir sind seit April 1997 beim BAT vertreten und uns sind bis heute jedwede Zugangskriterien ebenso verborgen geblieben, wie Ausschlußkriterien. Das die Anerkennung des Definitionsrechtes der BAT-Minimalkonsens sei, ist weder aus einen Beschluß noch aus einem Papier, was vor dem BAT in Bremen existiert hätte, nachvollziehbar.
 Wir halten die Ausschlußpraxis, wie sie im Falle des BgR und auch der RAAL angewandt wurde für gelinde gesagt untauglich. Eine nicht zu unterschätzende Gefahr besteht darin, daß zukünftig Gruppen in Anbetracht eines nicht kalkulierbaren Ausschlußrisikos, nicht mehr gegensätzliche Meinungen äußern werden. Außerdem gerät eine Ausschlußpraxis spätestens dann in Schieflage, wenn die        angewandten Kriterien nicht im selben Verhältnis stehen. Es kann nicht sein, das eine Gruppe dafür "bestraft" wird, daß sie sich eine "falsche" Meinung gebildet hat, andere Gruppen diese Klippe umschiffen, indem sie gar keinen Standpunkt haben, den sie inhaltlich begründen können und pauschal irgendwas mittragen, von dessen Tragweite sie gar nicht überzeugt sein können.  Wir waren mit der Hoffnung zum BAT gefahren, eine Initiative vorzustellen, die wir nach wie vor als notwendig für die radikale Linke und die Antifa halten - nämlich dem Antifakongress 2001 und den damit einhergehenden Überlegungen einer Re-Organisierung der linken Gruppenlandschaft. Im Verlauf           der Vorstellung der Konzeptideen wären selbstverständlich auch Kritiken an der Struktur und Arbeitsweise des BAT durch uns benannt wurden. Diese wurden unglücklicherweise situationsbedingt in einem Atemzug mit unseren abschließenden Äußerungen zu eingangs geschilderten Dissens vorgebracht. Dadurch könnte relativ leicht der Eindruck entstanden sein, wir würden aufgrund fehlender Argumente eine Generalkritik am BAT vorschieben.  Um nicht in Details zu verfallen, sei an dieser Stelle nur ein Beispiel genannt. Wir halten Verbindlichkeit in der Form für unabdingbar, daß solche Selbstverständlichkeiten wie AG-Protokolle und AG-und Plnumsvorbereitungen, einfach vorausgesetzt werden müssen, um solchen Treffen       überhaupt erstmal einen Sinn zu geben. Dazu gehören unserer Meinung nach sowohl das vorherige Verschicken von Diskussionspapieren, wie auch deren inhaltliche Diskussion in den Gruppen, damit beim Treffen Gruppenmeinungen diskutiert werden können.  Maßgeblich läßt sich diese Kritik am Beispiel der Rostock-AG festmachen. Diese wurde 1998 nach dem Desaster beim Naziaufmarsch in Rostock initiiert und hatte sich zum Ziel gesetzt, den Umgang mit Naziaufmärschen zu diskutieren und geeignete Konzepte dagegen zu entwickeln. Die bloße Kopie des am 1.Mai in Leipzig erfolgreichen dezentralen Konzeptes und dessen Scheitern unter z.T. völlig         anderen Voraussetzungen, hatten die Antifa damals vor eine ernsthafte Herausforderung gestellt. Dieses Problem wurde im wahrsten Sinne des Wortes beim BAT ausgesessen, da sich mittlerweile Naziaufmärsche in der Größenordnung erledigt zu haben scheinen, es aber bis heute kein greifbares Ergebnis der 1998 begonnenen Diskussion gibt. Generell fehlt uns seit Jahren eine Plattform, die Nach- und Vorbereitungen von Aktionen und daraus folgende dringend notwendige Strategiediskussionen ermöglicht. Wir sind seit 3 Jahren bei AA/BO und  BAT anwesend und müssen leider beiden bescheinigen, daß diese nicht den Anforderungen genügen, die eine radikale Linke benötigt, um in absehbarer Zeit gesellschaftliche Relevanz zu erlangen. Die in den letzten Jahren praktizierte Politik, die sich in weiten Teilen kaum unterscheidet, legitimiert in keinster Weise die bestehende zerspaltene Gruppenlandschaft.  Überlegenswerte Kriterien wurden von uns im bundesweit verschickten Positionspapier zum Antifakongress benannt. Wir werden mit aller Vehemenz versuchen, diesen Ansatz in der nächsten   Zeit zu diskutieren und daraus eine Praxis zu entwickeln und in werden in geeigneter Form, in Kürze, auf alle Gruppen zukommen.

                                                                Bündnis gegen Rechts Leipzig
                                                                          November 2000