Schleswig-Holstein: 600 Skinheads feierten in Klein Gladebruecke
In der Nacht von Sonnabend auf den Sonntag, den 27. 02. 2000,
war das Dorf Klein Gladebrügge bei Bad Segeberg mit Sicherheit
der bestbewachte Ort in Schleswig-Holstein. Die Polizeiinspektion
Bad Segeberg hatte aufgrund einer Skinheadfeier im Dorfkrug Zum
Trichter ca. 200 Beamte der Schutz- und Kriminalpolizei aus Eutin,
Plön, Lübeck, Neumünster, Kiel und dem Kreis Segeberg
eingesetzt. Rund 600 Skins waren aus dem ganzen Bundesgebiet
mit ihren Pkw·s nach Klein Gladebrügge angereist, um dort
der
Einladung eines Gesinnungsgenossen zur Geburtsfeier zu folgen.
Bei Verkehrskontrollen während der Anreise der Skins wurde eine
Übungshandgranate der Bundeswehr sowie eine Gürtelschnalle
mit
einem Hakenkreuzsymbol beschlagnahmt. Strafanzeigen wegen
Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz sowie wegen das
Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen
wurden gefertigt.
Aus gefahrenabwehrenden Gründen musste die Polizei mehrere
Schlagstöcker und einen Baseballschläger sicherstellen. Weiterhin
behielt die Polizei mehrere CD·s ein. Es besteht hier der Verdacht,
dass mit den CD·s Lieder mit volksverhetzenden Texten
verbreitet werden sollten. Die Ermittlungen dauern noch an.
Bei einem der Festteilnehmer wurde die Entnahme einer Blutprobe
angeordnet. Er steht im Verdacht, unter Alkoholeinfluss seinen Pkw
gefahren zu haben. Auch der Führerschein ist nun im Besitz der
Polizei. Ergänzt wird der Maßnahmenkatalog der Polizei durch
eine Anzeige wegen Körperverletzung, einer
Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen Verstoß gegen das
Gaststättengesetz, einer vorläufigen Festnahme und der Verfügung
eines Platzverweises. Der festgenommene Skinhead musste
nach der Identitätsfeststellung wieder auf freien Fuß gesetzt
werden.
Um 03.00 Uhr war der Spuk in Klein Gladebrügge zu Ende. Bei der
Abreise wurden die Skinheads erneut komplett von der Polizei
kontrolliert.
Quelle: Polizei Schleswig-Holstein Mitte Pressestelle PI Bad
Segeberg Vorgangsnr. POL-SH-MI v 27.2.2000
Das schreibt die FR v. 28.2.2000 dazu:
Polizei lässt Ultrarechte gewähren
Nach Verbot in Niedersachsen leiten Neonazis ihre Anhänger um
spe/pid KLEIN GLADEBRÜGGE, 27. Februar. Mehr als 700 rechte
Skinheads haben sich am Samstag im schleswig-holsteinischen Klein
Gladebrügge anlässlich des 70. Todestags von Horst Wessel
versammelt.
Zuvor war im niedersächsischen Wesel ein vom selben Veranstalter
organisiertes Neonazi-Konzert verboten worden.
Sascha Bothe, Leiter der "Blood & Honor (Blut und Ehre) Sektion
Nordmark", hatte Räume in einem Gasthaus in dem Dorf bei Bad
Segeberg für eine "private Geburtstagsfeier" gebucht. Mit gleicher
Tarnung mietete der Skinheadführer die "Heidehalle"
in Wesel im
Landkreis Harburg an, um ein Konzert mit den Neonazi-Bands
"Stahlgewitter" und "Landser" zu Ehren des "nationalsozialistischen
Helden" zu veranstalten.
Nachdem die Polizei die Vermieterin der Veranstaltung dort aufklärte,
löste sie den Mietvertrag auf, so Polizeisprecher Jürgen
Hacker. Das
Konzert und alle Ersatzveranstaltungen im Landkreis wurden daraufhin
verboten.
Doch per Handy und Internet leiteten die Veranstalter die Skinheads
und Hooligans nach Klein Gladebrügge um. In einem Internet-Chatroom
"CD18" erhielten die Rechten neue Instruktionen. Der Code "CD 18"
steht für die englische Neonazigruppe Combat 18, die zum
internationalen "Blood & Honour" (B & H)-Netzwerk gehört.
Sicherheitsbehörden in Frankreich und Italien bewerten
das Netzwerk, über das Neonazi-CDs vertrieben und Konzerte veranstaltet
werden, als "terroristisch". In England und Schweden werden "B &
H"-Kader für Bombenanschläge verantwortlich gemacht.
Während im niedersächsischen Landkreis mehr als 200 Polizeibeamte
das Verbot durchsetzten, nahm die Polizei bei Neonazis am Dorfrand von
Klein Gladebrügge lediglich Fahrzeugkontrollen vor. "Haben Sie Waffen
dabei oder verbotene CDs?", fragten die Beamten und leuchteten mit Taschenlampen
in die Fahrzeuge. Neben einer Bundeswehrübungsgranatestellte die Polizei
Schlagstöcke und Neonazi-Devotionalien sicher. Die meisten Teilnehmer
durften passieren. Nach eigenen Angaben war die Polizei in
Niedersachsen davon ausgegangen, dass die Veranstaltung in Klein
Gladebrügge ebenso wie in Wesel verboten wurde. Wie es zu dem
Abstimmungsproblem kam, konnte der
Polizeisprecher nicht erklären.
Bei einer Durchsuchung stellte die Polizei in der Nacht zum Sonntag
im Haus des Neonazi-Führers Thorsten Heise in Northeim über 1500
CDs mit rechtsextremistischen Inhalten sicher
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