Aktionsbericht

zur Vorgarten-Perfomance der RaumschreiterInnen

Am Donnerstag sind ungefähr 40 Leute vom antirassistischen Grenzcamp nach Eichgraben gefahren, ein nicht gerade verarmtes Kaff nördlich von Zittau. Es wurde eine eher surrealistische Aktion. Der Donnerstag sollte Tag des Wohlstands sein, die Grenze als Wohlstandsgrenze gekennzeichnet werden. Natürlich ist Rassismus mehr als nationaler Sozialneid, aber unbestreitbar ist die Sorge um den eigenen Wohlstand/Reichtum/Besitz auch ein wesentlicher Bestandteil von rassistischem Denken und ein wichtiges Entschuldigungsmoment für RassistInnen. Grenzziehungen als Einzirkelung des Eigentums. Bei der Aktion ging es darum, den BürgerInnen dabei möglichst nah auf die Pelle zu rücken, und ihre eigenen Wohlstands- und Eigentumsinteressen zu thematisieren. Die Camp-TeilnehmerInnen besuchten die EichgrabenerInnen also in ihrer Privatsphäre, im Vorgarten ihres Eigenheims - geradezu ein Symbol deutschen Wohlstands.

Das Spektakel dauerte nur gut zehn Minuten, aber das genügte, um die BewohnerInnen einer ansonsten verschlafenen Strasse völlig zu verwirren. Aus heiterem Himmel tauchten plötzlich Fremde auf und begannen, in den (nicht umzäunten) Vorgärten der Menschen zu Picknicken. Rund um die Eigenheime der EichgrabenerInnen spielten junge Leute Federball, Frisbee und Fussball, auf dem Rasen sassen Leute und hörten Musik aus dem mitgebrachten Kasi oder assen auf ausgebreiteten Decken Obst. Die EigentümerInnen reagierten grösstenteils sehr verständnislos - will heissen: sie kapierten absolut nicht, was da gerade abging. Ob das Flugblatt, das es dazu gab, Licht ihr Dunkel gebracht hat, darf man bezweifeln. Da war - ziemlich abgedreht - von "virtuellen RaumschreiterInnen" die Rede, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Räume zu durchschreiten. Manche Anwohner behaupteten einfach, das Grundstück sei ihr "Eigentum" und sie hätten es selbst gekauft. Die PicknickerInnen sollten doch bitte schön arbeiten gehen. Absurd!

Als nach zehn oder 15 Minuten die Bullen kamen, beendeten die AktivistInnen das Happening und düsten davon. Dass das Ganze irgendjemanden überzeugt hat, kann ich mir zwar nicht vorstellen, aber auf jeden Fall hat diese auch für die TeilnehmerInnen unbekannte Aktionsform die BewohnerInnen der Eigenheime in ihrem beschaulichen Alltag gestört, sie verwirrt und mit hundertprozentiger Sicherheit zu zahlreichen Gesprächen in der Nachbarschaft geführt. Die BürgerInnen wurden als TäterInnen des Grenzregimes und des Kapitalismus wahrgenommen, nicht als Opfer, mit dem "wir" uns selbstverständlich zu verbünden hätten. Aus meiner Sicht, war die Aktion deshalb ein Erfolg. Schade nur, dass kein Raum war, darüber zusammen zu diskutieren.

einer, der dabei war

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