Linke Hegemonie in Zittau erfolgreich durchgesetzt

Bunter Montag

Nach dem Frühstück ging es heute endlich mal nicht um irgendwelche Camp-Technix, Umzüge oder Orga-Kram, sondern es stand die Besetzung der Zittauer Innenstadt mit unseren politischen Inhalten auf dem Programm. Nachdem kurz die Vorbereitung der Kundgebung für den Marktplatz vorgestellt wurde, machten wir uns - mit deutlich mehr Leuten als am Samstag - ein zweites Mal auf, die Normalität im beschaulichen Dreiländereck zu durchbrechen. Es ist uns gelungen, für diesen Tag eine deutliche linke Hegemonie in Zittau herzustellen. Das begann mit dem Einzug in die Stadt: Der Weg zum Marktplatz wurde schnell zur Demo, wenn auch auf dem Bürgersteig, begleitet vom Rhythmus afrikanischer Trommelmusik. Wer am Rand der Kundgebung sich unter die Passanten mischte oder mal in den Seitenstrassen einkaufen ging, konnte feststellen, dass der Zittauer Lieblingsthema immer noch das Camp ist. Schaulustige rechte Jugendliche trauten sich selbst in kleinen Grüppchen kaum aus dem Schutz von Toreinfahrten und kleinen Nebengässchen heraus.

Die Redebeiträge der Kundgebung, arrangiert mit lauter Musik, kreisten um Erfahrungen mit dem europäischen und vor allem deutschen Grenzregime. Beiträge zu den Morden von Grenzschutzbeamten und Faschisten an Flüchtlingen u.a. in Freiberg, Frankfurt, Guben und Wien, standen neben persönlichen Erfahrungen eines rumänischen Freundes, Hinweisen zum Taxifahren in Sachsen von den Taxistas (mit anschliessender Denkmalsenthüllung des heimlichen Fluchthelfers) und Berichten über die Situation der Flüchtlinge in Zittau von "The Voice of Africa". Ein mit grossem Applaus quittiertes Bonbon war das Aufhängen eines grossen Transparents mit dem "kein mensch ist illegal"-Logo von der Nicolai-Kirche in unmittelbarer Nähe der Veranstaltung.

Die Kundgebung war praktisch schon zu Ende, als die Polizei vier Campteilnehmer in einer Nebenstrasse festnahm. Um die der gemeinschaftlichen Körperverletzung beschuldigten Antifas unverzüglich wieder frei zu bekommen, machte sich eine grosse gemeinsame Spontandemo zum nahegelegenen Polizeirevier auf. Dieses liegt direkt am starkbefahrenen Autoring in der Zittauer Innenstadt, und die Zittauer sind ungeduldige Autofahrer mit geringer Demotoleranz. Ein Verkehrschaos befürchtend versuchten sogleich etwa 30 behelmte PolizistInnen die Menschenmenge an der Besetzung der Kreuzung zu behindern. Aufgrund der zu diesem Zeitpunkt noch klaren Kräfteverhältnisse war dieser Versuch zum Scheitern verurteilt. Menschen erklommen den mitten auf der Kreuzung zum Stehen gekommenen leeren Bagger - der Anhänger eines LKWs - und funktionierten ihn kurzerhand zur Tanzfläche um. Lautstarke Sprechchöre und der Lautsprecherwagen verliehen der Forderung nach sofortiger Freilassung Nachdruck. Absolut überflüssig war die Eskalation und Provokation der massiv anrückenden Zittauer Polizei und des BGS. Aber unser Argument, dass sie sich jede Menge Stress sparen könnten, wenn sie die Antifas raus liessen, wollten sie nicht verstehen. Mit Knüppeln und Tonfa-Schlägen schafften sie es schliesslich, die Demo zu trennen, einen Teil in Richtung Marktplatz zurück zu drängen und den anderen vor dem Polizeirevier quasi einzukesseln.
Schliesslich durfte die gesamte Demo über den Marktplatz wieder zum Camp. Die Antifas wurden zwei Stunden später frei gelassen.

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