Deutschland halt's Maul!

Seit Mittwoch, dem 23. März 1999, bombardieren Natoflugzeuge ununterbrochen Ziele in Serbien, Montenegro und im Kosovo. Allgemein bekannte Kriegsfolgen treten ein. Dem vorausgegangen sind die erfolglosen "Friedensverhandlungen" von Rambouillet. Deren Ergebnis hätten beide Seiten prinzipiell zugestimmt, auch mit einem Autonomiestatus für den Kosovo. Der Stationierung von "Friedenstruppen" (30.000 NATO-Soldaten) die den Status einer Besatzungsarmee erhalten sollten, konnte die jugoslawische Seite allerdings nicht zustimmen. Derartig knebelnde Bestimmungen waren im "militärischen Annex" zum Rambouillet-Abkommen enthalten. Dessen Unterzeichnung wäre einer Kapitulation eines souveränen Staates vor der NATO-Militärmacht gleichgekommen, ohne daß ein Schuß gefallen wäre. Auf Grund der Tatsache, daß die NATO ihre Truppen den VertreterInnen der jugoslawischen Seite bei den Rambouillet-Verhandlungen nicht aufzwingen konnte, gab sie den Angriffsbefehl.

Erstmals seit 1945 befinden sich auch deutsche Soldaten wieder im Kriegseinsatz. Bundeswehrtornados fliegen Angriffe auf ein Land, dessen PartisanInnenarmee einst Hitlers Soldateska, die in Serbien die Vernichtungsstrategie für ihren späteren Angriff auf die Sowjetunion probte, militärisch besiegte. Unmittelbares militärisches Engagement Deutschlands ist als Absicht bereits seit 1992 erkennbar, als die neuen verteidigungspolitischen Richtlinien der Bundeswehr von deren damaligen Generalinspekteur und heutigem Vorsitzendem des NATO-Militärausschusses Klaus Naumann, vorgelegt wurden. In ihnen wird der Einsatz deutschen Militärs außerhalb des NATO-Gebietes zur Durchsetzung politischer, ökonomischer und militärischer Interessen bereits optional fixiert. Daß die NATO anläßlich ihres 50. Gründungsjubileums ähnliche Strategien politisch festgelegt hat könnte auch auf den deutschen Einfluß im Bündnis zurückzuführen sein.

Eine seit Jahren andauernde mediale Kampagne, die Dekonstruktion des Staates Jugoslawien teilweise vorbestimmend, hat schon zu einer freiwilligen Selbstzensur in der Berichterstattung vorallem deutscher Medien geführt. Dabei wird sich mittlerweile nicht mehr nur darauf beschränkt, selbst tendenziell zu berichten, sondern sogar Szenarien zu erfinden wie riesige Flüchtlingsströme im Kosovo oder "KZ" in Serbien, die dann wiederum als politische Legitimation neuer Bombardements (Scharping) herhalten müssen. Wenn durch PolitikerInnen und die Medien als deren Sprachrohr immer wieder mit Analogien oder Hinweisen auf die Verbrechen der Nazis und insbesondere auf Auschwitz als rechtfertigende Argumente für das eigene militärische Engagement in Jugoslawien hingewiesen wird stellt dies einen weiteren Versuch der Relativierung des Holocaust dar und fügt sich nahtlos in den seit Mitte der 80er andauernden Prozeß der Revision von deutscher Geschichtsschreibung ein. Deutsche PolitikerInnen heutzutage berufen sich auf eine angebliche "moralische Verpflichtung" Deutschlands, Menschenrechte zu verteidigen. Das "bedeutet, daß ein Angriffskrieg geführt und Jugoslawien auf Steinzeitniveau gebombt wird, auch weil der deutsche Außenminister zu blöde und geschichtslos-unfähig ist, seinen Kindern den Unterschied zwischen Milosevic und Hitler zu erklären?" (Jutta Ditfurth am 16. April 1999) Nach solchen Maßstäben könnten in etwa 40-50 Regionen der Welt NATO-Angriffe erfolgen. Menschen in Israel haben bereits "das unheimliche Gefühl, (sie) selbst könnten demnächst Schauplatz eines NATO-Einsatzes werden. Der italienische Botschafter stellte (dem israelischen) Außenminister bereits die 'hypothetische' Frage wie Israel auf eine NATO-Intervention zugunsten der Palästinenser reagieren würde." (Allgemeine Jüdische Wochenzeitung vom 29. April 1999) Dabei konturiert sich zugleich eine neue Politik- und Miltärmoral, den Krieg nicht länger als letztes Mittel der Politik auf dem Weg zum ewigen Frieden zu ächten, sondern als Voraussetzung humaner Verhältnisse zu neuer Würde und internationalem Ansehen zu bringen. Deutschland dabei immer vornean.

Wir sagen: Deutschland halt's Maul!


Bündnis gegen Rechts Leipzig

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