AZADI  RECHTSHILFEVEREIN 
               für Kurdinnen und Kurden in Deutschland

  
PRESSEMITTEILUNG
 
 
 
 Köln, den 24.02.1999 
  

100 kurdische und türkische Gefangene in Deutschland im Hungerstreik 

Aus Protest gegen die Verschleppung des Vorsitzenden der PKK, Abdullah Öcalan durch einen internationalen Komplott in die Türkei, befinden sich über 
100 kurdische und türkische Gefangene im Hungerstreik 

In der JVA Stammheim haben 14 kurdische Gefangene in einer gemeinsamen Presseerklärung ihren am 16.2.99 begonnenen unbefristeten Hungerstreik bekanntgegeben. Sie verurteilen darin die Ignoranz Europas bezüglich des internationalen Komplotts, welcher von der USA, Israel und Griechenland gemeinsam durchgeführt wurde. Sie fordern alle fortschrittlichen Kräfte auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. 

In der JVA Mannheim befinden sich nach Informationen der Özgür Politika vom 24.2.1999 weiterhin sechs Gefangene im unbefristeten Hungerstreik und weitere sechs Gefangene in einem fünftägigen Hungerstreik. Ihre Forderungen sind: 
1. Eine internationale Garantie für die Sicherung des Lebens und der Gesundheit des Vorsitzenden der PKK, Abdullah Öcalan. 
2. Wenn es einen Prozeß gegen den Vorsitzenden geben soll, so kann dieser nur vor einem internationalen Gericht stattfinden, bei dem auch die Türkei angeklagt werden muß. 
Die Gefangenen betonten, daß sie immer an der Seite von Abdullah Öcalan und des kurdischen Volkes sein werden, und daß sie abhängig von den Entwicklungen ihre Protestaktionen ausweiten und Todesfasten beginnen würden. 

In der JVA Landsberg sind nach Informationen der Özgür Politika vom 24.02.1999 mehrere kurdische Gefangene in einen vorerst befristeten achttägigen Hungerstreik getreten. 

In der JVA Ulm befindet sich ein kurdischer Gefangener im Hungerstreik 

In der JVA Bochum sind mehrere kurdische Gefangene seit dem 17.02.1999 im Hungerstreik. Hasan Hayri Güler teilte im Namen der Hungerstreikenden mit, das der Hungertreik weitergeführt wird. 

In der JVA Dortmund befinden sich seit dem 16.02.1999 die Gefangenen Hasan A., Semsettin K., und Abdulhalim Y. im Hungertreik, um gegen das gegen Abdullah Öcalan gerichtete Komplott zu protestieren. Desweiteren soll das Leben und die Sicherheit Öcalans gewährleistet werden. Sie ließen wissen, daß sie so lange den Hungerstreik weiterführen, bis die genannten Forderungen durch internationale Institutionen garantiert werden würden. 
 

In der JVA Aachen haben am 22 Februar 25 kurdische und türkische politische Gefangene mit einem unbefristeten Hungerstreik begonnen. Im Namen der Inhaftierten haben Halil Erdogan und Özgür Kaden erklärt, daß sie gegen das gegen den Vorsitzenden der PKK gerichtete Komplott protestieren, die daran beteiligten Staaten verurteilen und den Beginn Ihres Hungerstreik bekanntgegeben. Des weiteren haben die Häftlinge zur Aufmerksamkeit gegenüber den psychologischen Angriffen der türkischen Medien aufgerufen. Die Aachener Hungerstreikenden fordern alle auf, daß Mögliche zu tun, um die türkischen Zeitungen bloßzustellen und fordern dazu auf, diese nicht mehr zu kaufen. 

In der JVA Geldern sind 15 kurdische Gefangene seit dem 17. Februar 1999 in einem 10 tägigen Hungerstreik. 

In der JVA Salinenmoor in Celle befinden sich seit dem 22.02.1999 acht Kurden in einem dreitägigen Hungerstreik. 

In der JVA Zweibrücken sind 4 kurdische Gefangene, die in Abschiebehaft sind am Montag den 15.2.99 erst in einen 2 tägigen Hungerstreik getreten; als bekannt wurde daß der Vorsitzende der PKK in die Türkei entführt wurde sind sie in den unbefristeten Hungerstreik getreten. 

In der JVA Moers haben 3 kurdische Gefangene am 17.02.99 einen Hungerstreik begonnen. Am 22.2.99 hat Mehmet Aslan den Hungerstreik in Todesfasten umgewandelt. 

In der JVA Kassel sind 4 kurdische Gefangenen seit dem 16 2.99 im unbefristeten Hungerstreik. 
Die Hungerstreikenden Yusuf Dagli, Fevzi Yüksel, Eral Toyam und Fat gaben in Ihrer Erklärung bekannt, daß sie sich im Hungerstreik befinden, um gegen das internationale Komplott gegen Abdullah Öcalan zu protestieren. Die Inhaftierten äußerten, daß sie sich solange im Hungerstreik befinden werden, bis die Sicherung des Lebens von Herrn Öcalan gewährleistet würde. 

In der JVA Weiterstatt sind 2 politische und 14 soziale kurdische Gefangene seit dem 17 Februar im Hungerstreik . 

 
 
Die aktuellen Worte des SPD-Kanzlers Schröder sind die gleichen wie die seines CDU-Vorgängers: Es könne nicht zugelassen werden, daß KurdInnen auf deutschem Boden Konflikte austragen, mit denen man nichts zu tun habe. Eskortiert wird er von Innenminister Schily, dessen Äußerungen denen seines Amtsvorgängers Kanther in nichts nachstehen. Auch Außenminister Fischer hat bis heute keine politischen Vorschläge zur Lösung des Kurdistan-Konflikts vorgelegt. Die dramatischen Folgen dieser jahrelangen ignoranten Kurdistan-Politik zeigen sich nun: 
Tote, Schwerverletzte, Schnellverfahren, Präventivhaft und Hunderte festgenommener Kurdinnen und Kurden. Die jetzige Situation gleicht der von 1993. Massaker an der Bevölkerung in den kurdischen Städten Lice und Sirnak, bei denen auch deutsche Panzer und Waffen eingesetzt waren, führten in der Bundesrepublik zu Gewaltreaktionen. Diese Angriffe waren seinerzeit die Antwort des türkischen Staates auf die Waffenstillstandserklärung durch die PKK. Die deutsche Regierung unterstützte das Vorgehen der Türkei durch ein Verbot der PKK. 
Es ist deprimierend, daß seither von keiner Seite konsequente Initiativen in Richtung einer friedlichen Lösung des Kurdistan-Konflikts ergriffen wurden. Waffenstillstände und Verhandlungsangebote von kurdischer Seite sind stets ignoriert worden. 

Um eine wirkliche Deeskalation in der Bundesrepublik zu erreichen, fordern wir die Bundesregierung auf, konkrete Schritte in Richtung einer Internationalen Kurdistan-Konferenz zu unternehmen, jegliche Waffenlieferungen sofort einzustellen und die Türkei aufzufordern, den schmutzigen Krieg in Kurdistan zu beenden. 
Statt den Kurdinnen und Kurden mit Abschiebungen in das Folterland Türkei zu drohen, fordern wir die Bundesregierung auf, einen sofortigen generellen Abschiebestopp zu erlassen. 
Statt erneute Forderungen nach Gesetzesverschärfungen zu erheben, fordern wir von der Bundesregierung die Aufhebung des PKK-Verbots, die ein Beitrag zur Deeskalation der Lage sein könnte. Weiter müssen die derzeit an den KurdInnen praktizierten juristischen Schnellverfahren beendet werden. 
Wir fordern außerdem die Freilassung aller kurdischen politischen Gefangenen aus deutschen Gefängnissen. 
Die Medien sind aufgefordert, auf Sensationsjournalismus, reißerische Schlagzeilen und auf eine die Bevölkerung aufhetzende Berichterstattung zu verzichten. Bild-Zeitung und der Kölner Express bieten wieder einmal erschreckende Beispiele dieser Art von Journalismus. 

Bundeskanzler Schröder und seine Ministerriege dürfen sich nicht weiterhin vor ihrer Verantwortung für die aktuelle Situation drücken und sich hinter den Aktionen der KurdInnen verstecken. Die Vogel-Strauß-Haltung der deutschen Politik hat schon zuviel Schaden angerichtet. 

 
  
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