AZADI  RECHTSHILFEFONDS
für Kurdinnen und Kurden in Deutschland e.V.

Pressemitteilung

 

 

21. Mai 2011

 

21. Mai: Gedenkdemo der Tamilen zum Jahrestag des Massakers am tamilischen Volk in Sri Lanka / Freiheit fÜr vier angeklagte Aktivisten!

Mehrere tausend Menschen nahmen am 21. Mai in Düsseldorf an einer Gedenkdemonstration zum Jahrestag des Massakers am tamilischen Volk teil. Gleichzeitig gefordert wurde auch Freiheit für vier vor dem OLG Düsseldorf angeklagte tamilische Aktivisten, deren Prozess am 22. März dieses Jahres eröffnet worden ist.
Aus dem Aufruf: „Vor zwei Jahren ist die srilankische Armee in die tamilischen Gebiete im Nordosten der Insel einmarschiert und richtete ein furchtbares Massaker an. Zehntausende Tamilen wurden vertrieben, getötet oder in Internierungslagern eingepfercht. Bis heute gelten 140 000 Menschen als vermisst.
Ziel der Militäroperation war die Zerschlagung der linken Befreiungsbewegung LTTE (Liberation Tigers of Tamil Eelam), um die Unabhängigkeitsbestrebungen des tamilischen Volkes ein weiteres Mal zu unterdrücken. Nachdem die von tamilischer Seite angestoßenen und von den westlichen Staaten vorgeblich unterstützten Friedensgespräche durch die starre Haltung der srilankischen Regierung und die Listung der LTTE auf den Terrorlisten der EU und den USA aus wirtschaftlichen und insbesondere geostrategischen Erwägungen zum Scheitern gebracht wurden, fühlte sich das Regime in Colombo zu diesem Massaker ermutigt.“ Konsequenzen hatte das für die Verantwortlichen bis heute nicht.
Während nun vier Tamilen wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer „ausländischen terroristischen Vereinigung“ (§ 129b StGB) vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf angeklagt sind, wurde im September 2009 Generalmajor Jagath Dias als Stellvertreter des Botschafters von Sri Lanka nach Berlin entsandt. Dieser war befehlshabender Kommandeur und gilt als einer der Hauptbeschuldigten für die Kriegsverbrechen an der tamilischen Bevölkerung. In einer Schrift des Internationalen Menschenrechtsvereins Bremen e.V. heißt es u. a.: „Seine Aufgabe hier ist es, Aktivisten der tamilischen Exilgemeinde zu identifizieren und gegen sie vorzugehen. […] Die deutsche Regierung hat einen Mann ins Land gelassen, der unter der hier lebenden tamilischen Exilgemeinde Angst und Schrecken ausgelöst hat.„ Dass diese Ängste nicht unbegründet sind, zeigt die Anklage gegen Koneswaran T., Vijikanendra V.S., Sasitharan M. und Agilan W., deren „sofortige Freilassung“ gefordert wird.
(Volksrat der Eelam Tamilen-Deutschland/Internat.MRV Bremen/Azadî, Mai 2011)

Auf der Kundgebung hat u. a. Rechtsanwalt Tim Engels als Vertreter von AZADÎ zu den DemoteilnehmerInnen gesprochen:

Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Freundinnen und Freunde,

Ich darf Euch ganz herzliche und solidarische Grüße übermitteln vom Rechtshilfefonds - AZADÎ – für die in Deutschland politisch verfolgten Kurdinnen und Kurden. Azadî ist Kurdisch und heißt Freiheit!

Wir begehen heute den zweiten Jahrestag des Massakers am tamilischen Volk in Tamil Eelam / Sri Lanka, das unvorstellbare Grausamkeiten zu erleiden hatte.
Vor genau fünf Jahren wurde die politische Organisation der „Befreiungstiger von Tamil Eelam“, der LTTE, durch den Ministerrat der Europäischen Union auf die so genannte „EU-Terrorliste“ gesetzt. Und dies, obwohl die LTTE bereits 2002 in einen umfassenden Friedensprozess eingetreten war und direkte Verhandlungen unter norwegischer Vermittlung mit der Regierung von Sri Lanka führte.
Vorausgegangen war die Einstufung der LTTE als so genannte „terroristische Organisation“ durch das US-Außenministerium in den Jahren 1997 und 2001.
Seit dem 22. März 2011 stehen vier tamilische Exilanten vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht. Ihnen wird vorgeworfen, Funktionäre der LTTE gewesen zu sein und Geld für die Organisation gesammelt zu haben. Sie müssen mit mehrjährigen Haftstrafen rechnen.
Seit der Gründung unseres Rechtshilfefonds im Jahre 1996 sind wir mit Hunderten Gerichtsverfahren gegen kurdische Politikerinnen und Politiker konfrontiert, denen ebenfalls „Mitgliedschaft“ oder „Rädelsführerschaft“ in einer so genannten „terroristischen“ oder „kriminellen Vereinigung“ vorgeworfen wird.
Viele von ihnen waren bereits jahrelang in türkischen Knästen eingesperrt und wurden dort grausam gefoltert. Die meisten von ihnen wurden verurteilt, obwohl ihnen keine Einzeltat nachgewiesen werden konnte.
Vielen wurde ihr Asylstatus aberkannt, anderen die deutsche Staatsbürgerschaft.
Auch die Arbeiterpartei Kurdistans - PKK, und andere kurdische Organisationen sind auf die so genannte „Terrorliste“ des US-Außenministeriums und der Europäischen Union gesetzt worden. Und dies, obwohl sie einen Demokratie- und Friedensprozess eingeleitet und deren Volksverteidigungskräfte (HPG) mehrmals einseitige Waffenstillstände erklärt hatten.
Von politischer Verfolgung in Deutschland betroffen sind derzeit verstärkt auch vermeintliche Aktivistinnen und Mitglieder der linken türkischen Revolutionären Volksbefreiungspartei/-front – DHKP-C. Parallel wird gegen sie hier in Düsseldorf seitens der Bundesanwaltschaft die Anklage geführt. Zum Teil befinden sich die Verfahren nun in der Revision beim Bundesgerichtshof.
Deutsche Rüstungsexporte in die Türkei oder an das Regime von Sri Lanka hingegen stehen auf keiner Liste staatlichen Terrorismus' –, wo sie allerdings hingehörten.
Die Paragraphen 129 fortfolgende des deutschen Strafgesetzbuches wurden - wie auch die verschiedenen Terrorlisten – geschaffen, um in- und ausländische Befreiungsbewegungen kriminalisieren und diffamieren zu können. Ihre Anhänger und Mitstreiterinnen, Freundinnen und Freunde sowie deren Familienangehörigen sollen eingeschüchtert und von politischer Betätigung abgehalten werden. Das Streben nach Befreiung, Demokratie und Durchsetzung der Menschenrechte soll zum Verbrechen erhoben werden.
Zu dessen Bekämpfung ist es dem Staat erlaubt, Telefone abzuhören, E-Mails abzufangen, Vereinsräume mit Razzien zu überziehen, Demonstrantinnen und Demonstranten zu fotografieren, festzunehmen, erkennungsdienstlich zu behandeln und gegen sie zu ermitteln.
Diese Unterdrückungs-Instrumentarien wurden insbesondere seit dem 11. September 2001 – im Zuge der psychologischen Kriegsführung – gegen den vermeintlichen Terror kontinuierlich verschärft und verfeinert.
Parlamentarische Proteste der Opposition dagegen gehen entweder ganz unter oder werden immer seltener und vorsichtiger vorgebracht. Immerhin unterstützt die Landtagsfraktion der Partei DIE LINKE in Nordrhein-Westfalen erklärtermaßen das Anliegen unserer heutigen Demonstration. Ali Atalan hat eben zu Euch gesprochen.
Und obwohl Indien an der militärischen Zerschlagung der tamilischen Befreiungsbewegung beteiligt war, mahnte dessen Außenminister am Anfang dieser Woche Aussöhnung und Rückkehr der Inlands-Vertriebenen an. Soweit ist man in Deutschland noch nicht: Hier zieht man es vor, mit singhalesischen Militärs diplomatische Kontakte zu unterhalten und die tamilische Exilbevölkerung zu kriminalisieren. Das muss ein Ende haben.
Eine breite Aufklärung vor allem der deutschen Bevölkerung über die Notwendigkeit und Unvermeidlichkeit von Befreiungsbewegungen, über ihren Nutzen für unseren eigenen Kampf für sozialen Fortschritt tut dringend not. Der einstige Internationalismus ist zu einem nostalgischen, von vielen belächelten Gefühl geworden. Dagegen wollen wir uns organisieren. Deshalb brauchen wir einen neuen Anlauf zum Internationalismus; wir brauchen eine Globalisierung der Solidarität.
Freiheit für das Volk von Tamil Eelam! Freiheit für Kurdistan!

Freiheit für die vier Angeklagten in Düsseldorf!

Freiheit für alle politischen Gefangenen! Hoch die internationale Solidarität

 

 


 
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